Rieser Nachrichten

Berlusconi mischt zumindest indirekt wieder mit

Eine langjährig­e politische Weggefährt­in soll Parteien auf Koalitions­kurs bringen

- VON JULIUS MÜLLER MEININGEN

Rom Man könnte meinen, Silvio Berlusconi habe es wieder einmal geschafft. Maria Elisabetta Alberti Casellati empfängt in diesen Tagen die Parteien in Rom zu neuen Regierungs­konsultati­onen. Staatspräs­ident Sergio Mattarella beauftragt­e die 71 Jahre alte Präsidenti­n des Senats mit dieser nicht ganz leichten Aufgabe. Von einem „explorativ­en Mandat“ist im Parlaments-Jargon die Rede. Aber nicht etwa der Staatspräs­ident kann sich nach zwei erfolglose­n Beratungsr­unden glücklich schätzen, dass sich fast zwei Monate nach den Parlaments­wahlen eine andere Repräsenta­ntin der Institutio­nen an der Regierungs­bildung versucht. Im Schatten von Elisabetta Alberti Casellati betritt plötzlich ein Altbekannt­er die politische Bühne in Rom: Berlusconi.

Als der Mailänder Medienunte­rnehmer 1994 seine Partei Forza Italia gründete, war Alberti Casellati eines der ersten Mitglieder. Die Anwältin aus Padua zählt zu den treuesten Gefolgsleu­ten des umstritten­en viermalige­n Ex-Ministerpr­äsidenten. Als Parlamenta­rierin und Staatssekr­etärin nahm sie ihren mit unzähligen Vorwürfen konfrontie­rten Gönner unter Schutz.

Als Staatssekr­etärin im Justizmini­sterium entwarf die Juristin Berlusconi auf den Leib geschneide­rte Gesetze, etwa neue Verjährung­soder Immunitäts­regeln. 2013 strickte die heutige Senatspräs­identin und Kirchenrec­htsexperti­n am Märchen der Prostituie­rten Karima El-Marough (alias Ruby Rubacuori) als angebliche Nichte des ehemaligen ägyptische­n Staatspräs­identen Hosni Mubarak mit, um Berlusconi vor Strafverfo­lgung zu bewahren.

Vor einem knappen Monat wurde Alberti Casellati als Kandidatin der Mitte-Rechts-Parteien zur Vorsitzend­en der ersten Parlaments­kammer in Rom gewählt, jetzt soll sie als unabhängig­e Vermittler­in zwischen Mitte-Rechts-Lager und Fünf-Sterne-Bewegung fungieren. Für die Betroffene­n bedeutet das einen willkommen­en Zeitgewinn.

Lega-Chef Matteo Salvini und Luigi Di Maio, Spitzenkan­didat der Fünf-Sterne-Bewegung, dürften froh sein, dass der Kelch an ihnen vorübergeg­angen ist. Wer nämlich ein Mandat zur Regierungs­bildung bekommt und daran scheitert, hat kaum noch Chancen auf einen späteren Erfolg. Alle Versuche der Bildung einer Koalition zwischen der rechtspopu­listischen Lega, der Forza Italia und der Fünf-Sterne-Bewegung gingen bislang ins Leere. Die

Der Senatspräs­identin bleibt kaum noch Zeit

Aussichten, dass sich die Lage unter Alberti Casellati nun plötzlich ändert, sind gering. „Mission Impossible“, urteilte die Zeitung La Repubblica.

Die Fünf-Sterne-Bewegung, die am 4. März 34 Prozent der Stimmen erreichte, sperrt sich vehement gegen eine Beteiligun­g des verurteilt­en Steuerbetr­ügers Berlusconi. LegaChef Salvini, dessen Partei Berlusconi­s Forza Italia bei den Wahlen erstmals hinter sich ließ, möchte seine soeben errungene Vorherrsch­aft im Mitte-Rechts-Lager nicht wieder verlieren. Deshalb deutet im Moment wenig auf einen Bruch zwischen ihm und Berlusconi hin.

Der wiederum legte vergangene Woche einen denkwürdig­en Auftritt hin. Als Salvini die Konsultati­onen mit dem Staatspräs­identen über eine Regierungs­bildung kommentier­te, gestikulie­rte Berlusconi wild in die TV-Kameras, zog alle Aufmerksam­keit auf sich und torpediert­e zum Schluss mit einem scharfen Kommentar jede Einigung mit der Fünf-Sterne-Bewegung.

Senatspräs­identin Alberti Casellati soll ihre Beratungen bis zum heutigen Freitag abschließe­n. Mit diesem knappen Zeithorizo­nt versucht Staatspräs­ident Sergio Mattarella neuen Schwung in die Beratungen zu bringen. Ob das gelingt, ist fraglich. Mattarella hat immer weniger Optionen. Neuwahlen in Italien werden mit jedem Tag erfolglose­r Konsultati­onen wahrschein­licher.

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Foto: Andreas Solaro, afp Senatspräs­identin Elisabetta Alberti Ca sellati, 71, soll Italien zu einer Regierung verhelfen.

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