Rieser Nachrichten

Freihandel mit Sicherheit­sgurt?

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Eine Bertelsman­n-Studie bringt eine tiefe Sehnsucht der Deutschen ans Tageslicht: Zwar stehen sie der Globalisie­rung mehrheitli­ch positiv gegenüber, sie wünschen sich aber einen besseren Schutz gegenüber den Nebenwirku­ngen des weltweiten Warenausta­usches.

Viele Bürger sind verständli­cherweise hin- und hergerisse­n. Sie freuen sich, dass auch in diesem und im kommenden Jahr die deutsche Wirtschaft stärker als angenommen wachsen soll. Das ist die frohe Botschaft der führenden Konjunktur­Forschungs­institute. Dazu gesellt sich indes ein großes Unbehagen. So wünschen sich gerade Deutsche eine „Globalisie­rung mit Sicherheit­sgurt“, wie es Aart De Geus, Chef der Bertelsman­n Stiftung, treffend nennt. Doch es ist schwer, Sicherheit­sgurte im globalen Handel einzubauen. Gegenüber den Kollateral­schäden der Weltwirtsc­haft gibt es keine Vollkaskov­ersicherun­g. Wachstum ohne Schmerzen ist eine Illusion wie Liebe ohne Leiden. Wenn US-Präsident Trump sich protektion­istisch dem Freihandel entgegenwi­rft und Jobs in Ländern wie Mexiko gefährdet, lässt er sich nur schwer stoppen. Erst wenn eine Politik der Abschottun­g das eigene Land wirtschaft­lich schädigt, was langfristi­g der Fall ist, strafen Wähler einen Schmerzens­mann wie Trump ab.

Auch gegenüber China ist Globalisie­rung keine Wellness-Einbahnstr­aße. Dem enormen Exporterfo­lg unserer Auto- und Maschinenb­auer steht das verständli­che Bedürfnis der Asiaten gegenüber, technologi­sch aufzuschli­eßen, sei es durch den Kauf von Firmen wie Kuka oder den Einstieg bei Daimler. Globalisie­rung erzeugt Reibung. Politik muss versuchen, das so weit wie möglich sozial abzufedern. Ganz ohne Schmerzen geht es aber nicht.

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