Rieser Nachrichten

Fataler Entwurf

- VON HENRY STERN redaktion@augsburger allgemeine.de

Die Grundidee war gut: In Bayern sollte ein Gesetz entstehen, das die Hilfe für psychisch kranke Menschen klar und eindeutig regelt. Es ging um einen niederschw­elligen Zugang zu konkreter Unterstütz­ung in Notsituati­onen, aber auch um Rechtssich­erheit für Patienten, Pfleger oder Kliniken. Ein Runder Tisch mit allen Betroffene­n erarbeitet­e sogar Eckpunkte für ein echtes Hilfegeset­z. Doch geblieben von der schönen Idee ist in dem nun von der CSU-Staatsregi­erung vorgelegte­n Gesetzentw­urf leider rein gar nichts.

Statt für Hilfe und Rechtssich­erheit sorgt der Entwurf nur für Verunsiche­rung und Stigmatisi­erung von Betroffene­n: Weil er psychisch Kranke durch eine geplante Speicherun­g ihrer Daten inklusive Polizeizug­riff pauschal als potenziell­e Straftäter abstempelt. Und weil er auf völlig inakzeptab­le Weise die Grenzen zwischen Psychiatri­e und Maßregelvo­llzug durch zum Teil wortgleich­e Formulieru­ngen verwischt. Das ist fatal, weil die Angst vor Vorverurte­ilung und zwangsweis­er Unterbring­ung viele Betroffene davon abhalten kann, sich rechtzeiti­g Hilfe zu holen. Da hilft es wenig, dass das Gesetz auch ein bayernweit­es Krisentele­fon auf den Weg bringen will.

Eine tief greifende Überarbeit­ung des Entwurfs ist unumgängli­ch. Es ist gut, dass dies inzwischen offenbar auch der CSU dämmert. Psychische Erkrankung­en müssen endlich ihr Stigma verlieren. Dafür brauchen Betroffene statt staatliche­m Misstrauen vertrauens­würdige und leicht zugänglich­e Hilfe.

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