Rieser Nachrichten

Wenn Kinder Eltern enttäusche­n

- VON JOHANNES GRAF joga@augsburger allgemeine.de

Eltern lernen früh mit Misserfolg umzugehen. Nicht mit dem eigenen, sondern, aus ihrer Sicht viel schlimmer, mit dem der Sprössling­e. Das hat mit Vergleiche­n zu tun. Damit, dass Jakob mehr kann als Julian. Eltern würden es nie zugeben, aber sie und ihre Kinder stehen im ständigen Wettstreit. Niederlage­n, die ihre Nachkommen einstecken, sind Niederlage­n, die sie selbst hinnehmen müssen. Mamas und Papas fassen es als persönlich­e Beleidigun­g auf, wenn die Einjährige aus der Nachbarsch­aft einen 100-Meter-Sprint hinlegt, während das 14 Monate alte Töchterche­n sich nicht daran stört, auf allen Vieren zu krabbeln.

Im Verlauf des Erwachsenw­erdens treten elterliche Enttäuschu­ngen in abgeändert­er Form auf. Manchmal begründen sie sich allein in unterschie­dlichen Zukunftsvo­rstellunge­n. Etwa wenn der Vater für seinen Sohn eine Karriere als Astrophysi­ker im Sinn hat, dieser aber lieber eine Sportgasts­tätte in den Stauden führt.

Mit der Berufswahl seines Nachwuchse­s dürfte Jos Verstappen hingegen einverstan­den sein. Womöglich erfüllt sie ihn gar mit väterliche­m Stolz. Schließlic­h hat Sohn Max bereits als 18-Jähriger einen Job gefunden, der ihn finanziell von seinen Eltern unabhängig macht. Noch dazu einen, dem Papa Verstappen einst selbst mit Eifer und Freude nachging. Wie Jos dreht ebenso Max Verstappen, inzwischen ist er 20 Jahre alt, Runden in einem Formel1-Auto. Für Max beinhaltet dies nicht nur Vorteile, schließlic­h kennt sich Papa im Motorsport­metier aus. Weiß vieles. Mitunter glaubt er auch, es besser zu wissen.

Seit Max am Wochenende eine Überhol-Attacke gegen FerrariPil­ot Sebastian Vettel missglückt­e, hängt der Haussegen in der Familie Verstappen schief. Gegenüber dem niederländ­ischen Fernsehen äußerte sich ein deprimiert­er Jos Verstappen. „Ich bin enttäuscht“, gestand der 46-Jährige. Max müsse einfach mehr nachdenken. Ein Vater-Sohn-Gespräch wollte er deshalb führen.

Womöglich wird Max reagieren wie eine Dreijährig­e, die versehentl­ich ein Trinkglas zerdeppert hat. Wird sich entschuldi­gen. Wird erzählen, dass es ihm leidtue. Und dass er es nicht mit Absicht getan habe. Vielleicht wird Max aber auch ganz anders reagieren und vergleiche­n: seine WM-Bilanz mit der des Vaters. Max startete 63 Mal und hat drei Rennen gewonnen; Jos startete 107 Mal und blieb stets sieglos.

Manchmal enttäusche­n Eltern auch ihre Kinder.

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Foto: Peter Schatz Der Moment, in dem der Pokaltraum der Schalker platzte. Schiedsric­hter Robert Hartmann hatte ein Handspiel Francesco Di Santos gesehen, unmittelba­r bevor dieser den Ball ins Tor schoss. Eine Fehlentsch­eidung, die den Angreifer zumindest erstaunte.
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Jos Verstappen
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