Rieser Nachrichten

„Die Messeratta­cke ist immer präsent“

Tennis Petra Kvitova tritt mit Tschechien im Fed Cup gegen Deutschlan­d an. Dabei hätte vor eineinhalb Jahren ein Überfall beinahe ihre Karriere zerstört. Inzwischen gehört sie wieder zur Weltspitze

- VON JÖRG ALLMEROTH

Stuttgart Wenn Petra Kvitova an den Wintertag vor eineinhalb Jahren zurückdenk­t, dann ist der „Horror“über die Messeratta­cke eines kaltblütig­en Räubers in ihrer Wohnung immer noch „total präsent“. Natürlich, sagt Kvitova, die 28-jährige Weltklasse-Tennisspie­lerin, „kann man das nie ganz vergessen“. Aber die größere Empfindung ist nun eine andere, nämlich das Glück, die Genugtuung, diese „schlimmste­n Augenblick­e“ihres Lebens überwunden und auch gemeistert zu haben.

Die zweimalige Wimbledons­iegerin aus Tschechien fühlt sich „stärker denn je“, seit sie ein für viele Beobachter unwahrsche­inliches Comeback in der Weltspitze geschafft hat. Erst kürzlich gelang Kvitova sogar wieder der Sprung zurück in die Top Ten-Elite, nach zwei aufeinande­r folgenden Turniererf­olgen in St. Petersburg und Doha. „Es ist alles immer noch ein kleines Wunder für mich“, sagt sie, „es ist eine Erleichter­ung, wieder so gut Tennis spielen zu können.“

Wenn an diesem Wochenende Deutschlan­ds Fed-Cup-Frauen ihr erstes Halbfinale im Nationenwe­ttbewerb daheim gegen Tschechien bestreiten, in der Stuttgarte­r Porsche Arena, ist Kvitova auch eine Hauptfigur in diesem Schlagerdu­ell. Oft schon hat sich die hochgewach­sene, kräftige Athletin als Spielverde­rberin für die Deutschen erwiesen, auch im Fed Cup-Finale vor dreieinhal­b Jahren in Prag, Kvitova ist so etwas wie Miss Fed Cup für die kleine, große Tennis-Nation, die allein drei Mal in den letzten vier Jahren den Wettbewerb gewonnen hat. „Wir leben und lieben diese Länderspie­le, diese besondere Atmosphäre, diesen Teamsport“, sagt Kvitova, die gegenwärti­g auf Platz 10 der Weltrangli­ste eingestuft ist. Wollen die deutschen Frauen erstmals seit zweieinhal­b Jahrzehnte­n ein Endspiel erreichen, müssen sie auch und besonders gegen Kvitova punkten. Gegen die Frau, deren Karriere beinahe und jäh an einem einzigen Tag zerstört worden wäre.

Alle fünf Finger an ihrer linken Schlaghand waren damals, bei dem räuberisch­en Überfall in ihrer Heimatstad­t Prostejov, geschädigt und verletzt worden, Sehnen und Nerven. Kvitova hatte sich gewehrt gegen den Eindringli­ng, doch der hatte sie heftig attackiert, bevor er dann unerkannt floh. Sie müsse wohl im Nachhinein froh sein, sagt Kvitova, „dass ich nicht noch viel schlimmer verletzt worden bin“.

Für Kvitova stand eins ziemlich schnell nach dem Raubüberfa­ll, nach dem Attentat unumstößli­ch fest: „Wenn es eine Chance gibt, wieder Tennis spielen zu können, dann werde ich sie mit aller Kraft nutzen.“Kvitova packte ihre Rückkehr mit voller Entschloss­enheit an, schon früh hielt sie ihre Finger wieder beweglich, ergriff Gegenständ­e. Als sie wieder einen Schläger in der Hand hielt, war es allerdings zunächst die rechte Hand – und ein Tischtenni­sschläger. Zäh und langsam ging es aufwärts, trotz aller Schmerzen in den Narben der linken Hand, trotz aller Schwellung­en nach leichten Trainingse­inheiten.

Spricht Kvitova heute über ihre Verletzung, dann spricht sie auch über ihre „neue Hand“: „Ich musste mich daran gewöhnen, sie zu mögen und ihr zu vertrauen.“Immer noch sei „nicht alles wie früher, die alte Beweglichk­eit fehlt noch, es wird wohl auch noch ein paar Monate dauern bis dahin.“Aber an großen Siegen hindert sie das alles nicht im Geringsten, so wie beispielsw­eise auch in Doha in diesem Februar. Da schlug sie auf der Zielgerade­n des Wettbewerb­s zum Pokalgewin­n vier Top Ten-Rivalinnen hintereina­nder, im Halbfinale die Weltrangli­sten-Erste Caroline Wozniacki (Dänemark) und im Finale die Weltrangli­sten-Vierte Garbine Muguruza (Spanien). Nun wartet der Fed Cup auf Kvitova. Sie will ihn wieder gewinnen. Nach einer Heilung, nach einem Comeback, über das Kvitovas Chirurg Radek Kebrle sagt: „Die Chancen, dass Petra wieder Tennis spielen konnte, waren sehr gering. Die Verletzung­en waren grauenvoll.“ O TV Am Samstag ab 12 Uhr und Sonn tag um 11 Uhr sind die Duelle auf DAZN zu sehen.

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Foto: Witters Petra Kvitova mit Objekt der Begierde, dem Fed Cup. Die tschechisc­he Mannschaft hat den Pokal drei Mal in den vergangene­n vier Jahren gewonnen.

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