Die Damen vom Grill
Christine Neubauer ist in der neuen Bogner-Serie Küchenchefin eines Lokals am Viktualienmarkt. Was die Schauspielerin mit ihrem Geburtsort München heute noch verbindet. Und wie sie mit der Erkrankung Morbus Bechterew lebt
Frau Neubauer, Sie gehören zum Team des „München Grill“, der neuen TV-Serie des bayerischen Kultregisseurs Franz Xaver Bogner. Worum geht es da?
Christine Neubauer: „München Grill“ist die Geschichte eines Frauenhaushalts mit Kindern. Es gibt nur einen Mann – und das ist auch kein richtiger. Es ist eine bayerische Serie, in der in jeder Folge auch prominente Gäste dabei sind, die sich selbst spielen, zum Beispiel Uschi Glas oder Marianne Sägebrecht. Die Familie hat einen Gastbetrieb. Es ist ein Lokal am Viktualienmarkt, in das eben auch regelmäßig Promis kommen. Aus dieser Konstellation speisen sich die Geschichten.
Und Ihre Figur, die Toni Schweiger, soll aus dem Geschäft gedrängt werden. Neubauer: Jein. Die Toni durfte die Küche behalten, Pächterin war ihre Schwester. Die ist aber abgehauen. Mir wird eine neue Pächterin vor die Nase gesetzt, die zudem auch noch mehr zu sagen hat als ich.
Wie bereiten Sie sich auf so eine Rolle vor? Waren Sie schon mal kellnern? Neubauer: Nein, zum Glück konnte ich immer von meinem Beruf leben. Ich habe mir während der Schulzeit in jungen Jahren als Briefträgerin und Postvorsortiererin etwas dazuverdient. Auch als Sekretärin im Empfangsbereich habe ich mal gearbeitet. Aber gekellnert habe ich nie. Diese Erfahrung fehlt mir. Ich war drei Abende bei Alfons Schuhbeck in den „Südtiroler Stuben“.
Und?
Neubauer: Ich war während des Restaurantbetriebs abends in der Küche, um mir dort die wichtigen Handgriffe abzuschauen. Wie halten Köche die Pfanne, den Topf, die Messer? Wie ist der Ton in der Küche? Wie muss ich mich bewegen, damit das alles echt ausschaut?
Wie ist der Ton bei Schuhbeck? Neubauer: Beim Alfons geht es für eine Großküche eher ruhig und konzentriert zu. Vielleicht war es aber auch nur so, weil ich da war. Denn ich weiß schon, dass der Ton in den Küchen normalerweise immer knapp, nicht zimperlich und mit Ansage ist. Schauspielerisch ist die Rolle für mich, auf gut Neubairisch, eine Art „back to the roots“, ein Zurückkommen in meine Heimat. Ich spreche da einen Dialekt, mit dem ich aufgewachsen bin und der ungefiltert aus mir herausströmt. Sie leben jetzt in Berlin. Fehlt Ihnen die bairische Sprache im Alltag? Neubauer: Ach nein. Ich bin ein sprachliches Chamäleon. Ich kann mich sprachlich sehr gut anpassen. So, wie es in den Wald hineinschallt, kommt es aus mir wieder heraus. Wenn ich mit meiner Familie in München telefoniere, wird das immer im Münchner Dialekt sein. Meine Alltagssprache ist aufgrund meines Lebenspartners Spanisch. Und wenn ich in Berlin bin, stelle ich mich auf diesen Dialekt ein. Wenn ich allerdings fluche, dann geschieht das in aller Welt auf bairisch.
Sie kommen gerade aus Mallorca. Haben Sie da gedreht?
Neubauer: Nein, ich lebe neben Berlin auch auf Mallorca. Ab und zu bin ich in Chile und in München.
Und wo sind Sie daheim?
Neubauer: Heimisch fühle ich mich an vielen Orten in der Welt. Aber meine Wurzeln sind natürlich in Bayern. Ich habe ja München verlassen, werde aber als bayerische Obdachlose immer wieder von meiner Familie aufgenommen. Und ich merke: Je weiter ich mich von Bayern entferne, umso liebevoller ist der Blick darauf. Darum würde ich mich auch freuen, wenn es mit „München Grill“weitergehen würde. Dann wäre ich wieder öfter daheim.
Sind Sie aus Ihrem Geburtsort München weg, weil es Ihnen in dem „Millionendorf“zu provinziell wurde? Neubauer: Der Umzug nach Berlin war für mich auch die endgültige Loslösung von München. Ich habe dort sehr viel gedreht und fühle mich nach wie vor wohl. Das war der Aufbruch in was Neues. Und das warme Mallorca ist ein alter Traum von mir, sozusagen ein Wunsch der deutschen Südländerin. Ich fühle mich in der Sonne erheblich wohler als in der Kälte, bei Eis und Schnee. Wie ist Ihr Spanisch?
Neubauer: Ich bin sehr stolz darauf, dass ich kürzlich in einem chilenischen Film mitgespielt habe. Da hatte ich Megaschiss in der Vorbereitung, doch dann ist es sehr gut gelaufen. Das war zum ersten Mal in meinem Leben ein Dreh in Spanisch. Dabei handelt es sich sozusagen um den Teaser zu einem geplanten chilenischen Kinofilm. Mit den Bildern versucht der Regisseur nun, Investoren zu finden. Und ich klopfe auf Holz, dass es klappt.
Sie spielen auch in Bogners Serie „München 7“, sind fast so etwas wie eine Stammschauspielerin bei ihm. Warum passt das bei Ihnen so gut? Neubauer: Der Franz liebt die Frauen, in dem Sinne, dass er ihnen fantastische Rollen schreibt. Er hat auch den Blick eines Mannes, der in einem Frauenhaushalt groß geworden ist. Das ist einerseits der Respekt vor den Frauen. Man spürt aber auch, dass er von denen ganz schön seziert worden ist.
Hat die neue Bogner-Serie „München Grill“denn Kult-Potenzial – so wie zuletzt „München 7“?
Neubauer: Da sagen Sie was. Leider ist es mit „München 7“nicht weitergegangen. Die Serie fand ich tatsächlich total kultig. Ich hoffe, dass „München Grill“auch so gut wird.
Man redet ja nicht gerne über Krankheiten. Wollen wir es trotzdem versuchen? Sie leiden an Morbus Bechterew, einer unheilbaren Verknöcherung der Wirbelsäule. Wie geht es Ihnen damit? Neubauer: Im Moment geht es mir sehr gut, sogar besser als früher. Ich habe ja immer schon sehr viel Sport getrieben. Auch durch die RTLTanzshow „Dance Dance Dance“, bei der das Ganze herauskam im letzten Jahr. Ich bin jetzt mit der Krankheit fitter, als ich es zuvor war. Es gibt ja kein Medikament. Es hilft nur Bewegung. Wenn ich still stehe, bekomme ich Schmerzen. Wenn ich mich bewege, nicht. Ich spiele ja den ganzen Sommer über bei den KarlMay-Spielen in Bad Segeberg. Das wird körperlich herausfordernd, weil ich da jeden Tag auf einem Pferd sitzen werde ...
Wen spielen Sie in Bad Segeberg? Neubauer: Die Böse!
Da schau her!
Neubauer: Ich spiele da zum ersten Mal in meinem Leben die böse Gangsterlady. Das wird bestimmt spannend, eine echte Herausforderung. Ich darf so richtig böse sein.
Klingt interessant.
Neubauer: Na klar. Die Bösen sind immer die besseren Rollen. Schon als Kind habe ich Verfilmungen mit Pierre Brice gesehen und war in ihn verliebt. Damals war ich auf der Seite von Winnetou. Jetzt muss ich den Indianern in den Rücken schießen. Das fällt mir als sanfte Christine Neubauer schon schwer.
Interview: Josef Karg
● Christine Neubauer, 55, ist eine der erfolgreichsten Schauspielerin nen des Landes. Auch als Autorin der „Vollweib“Bücher wurde sie be kannt. Mit dem Journalisten Lambert Dinzinger, von dem sie sich 2011 trennte, hat Neubauer einen Sohn. ● Die erste Folge der sechsteiligen Serie „München Grill“läuft heute um 20.15 Uhr im BR Fernsehen.