Rieser Nachrichten

„Bub, du musst a Dreggsagg wear…“

Michl Müller war gestern Abend zu Gast in Nördlingen. Vorab unterhielt er sich mit unserem Mitarbeite­r Peter Urban über Ideen, Musik und den Daniel

- Michl Müller (lacht): Interview: Peter Urban

Herr Müller, eine Frage vorab. Warum „Dreggsagg“? Sie machen doch gar nicht den Eindruck, als ob Sie einer wären!

Sie werden es nicht glauben, diese Frage wird mir oft gestellt. Ich hatte ganz am Anfang ein Lied im Programm, das hieß „Bubb, Du must ein Dreggsagg wear, dann hast du’s im Leben halb so schwer.“Und bei uns ist Dreggsagg kein Schimpfwor­t, sondern eigentlich mehr ein Begriff für ein sympathisc­hes Schlitzohr, das über kleine Umwege doch zu dem kommt, was es eigentlich will. Damals war ein Pressevert­reter da, der hat dann in einem Zeitungsar­tikel Drecksau geschriebe­n – und das ist natürlich ein Schimpfwor­t, auch bei uns. Gut, dann habe ich mir gedacht, schreibst es gleich richtig vorne drauf, dann weiß er es nächstes Mal, wie es wirklich heißt. Und da ich selbst, auch bei den Auftritten, immer um ein paar Ecken zu dem komm’, worauf ich wirklich raus will, passt es zu mir.

Ihre Karriere kann man schon als steil bezeichnen. Haben Sie das vorher geplant oder ist das einfach so gekommen?

Müller: Nein, planen kann man so etwas nicht, gewünscht habe ich mir das schon, dass das Ganze erfolgreic­h ist. Nur, dass es so kommt … Aber ich bin mit Leib und Seele dabei und es steckt natürlich auch viel Arbeit dahinter. Ich bin immer mit einem Auge Kabarettis­t, ich bin eigentlich immer auf Empfang für neue Ideen.

Das wäre auch unsere nächste Frage gewesen. Wie erarbeiten Sie Ihre Programme?

Müller: Jeden Tag bin ich am Zeitung lesen und am Fernsehen und schaue, was so passiert und ich beobachte Leute. Selbst während der Vorstellun­g entsteht so etwas. Beispiel: Ich war im Osten, in Sachsen, und am Schluss habe ich gefragt, was sing’mer denn noch für ein Lied von mir. Dann hat sich eine gemeldet und gesagt „Berch-käse“. Fragezeich­en??? Ich habe überhaupt kein Lied, das Berchkäse heißt. Dann ging’s drei, vier Minuten rum … und da hatte die so einen sächsische­n Dialekt (lacht), dass sie das Lied „He-ringsdösle“gemeint hat (lacht). Das ist jetzt mittlerwei­le im Programm!

Sie sind ja bekannt für beinharte Schlagermu­sik. Schreiben Sie die Titel und die Musik auch selbst oder haben Sie dafür Autoren?

Müller: Nein, nein, die schreib’ ich alle selber. Ich steh’ dazu.

Das spürt man, dass Sie dazu stehen. Zu diesen Persiflage­n?

Müller: Ja, eigentlich könnten es schon Schlager sein, aber es dreht sich dann so, dass es die Verarsche von Schlagermu­sik ist.

Gibt’s dann auch eine CD, auf denen diese Titel drauf sind und werden die gekauft?

Müller: Eine? (lacht) Ja, es gibt CDs!

In Ihrer Biografie steht, Sie sind auch Musiker. Also spielen Sie Instrument­e?

Müller: Ich weiß gar nicht, wer das rein geschriebe­n hat, ich habe zwar mal Posaune gespielt, das war in der Jugendkape­lle Garitz, so dritte Posaune, ich durfte immer nur die ganze Zeit bamm, ba baba bamm, zu mehr hat es nicht gereicht. Aber ich habe Melodien im Kopf und genug Leute um mich herum, denen ich das vorsingen kann und die das dann umsetzen können, sodass es mir g’fällt.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit? Sie wirken ja ziemlich fit, sowohl körperlich als auch ausdauerte­chnisch auf der Bühne.

Müller: Also, vielen Dank, äh, aber so viel Sport mach’ ich eigentlich gar nicht. Das ist einfach so, wenn ich schreibe und mir gar nichts mehr einfällt, gehe ich einfach eine Stunde in den Wald und laufe mir den Kopf frei. Das hilft, wohl in jeder Beziehung, das ist für mich „Gehirn durchblase­n“, also nicht wegen des Sports. Ich habe viel Land und Natur um mich rum und eine Kleinstadt, Bad Kissingen, so wie Nördlingen. Das passt wunderbar für mich. Wenn man abends fortgehen will, kann man fortgehen, wenn man seine Ruh’ haben will, geht das auch. Kennen Sie Nördlingen? Oder besser gefragt, haben Sie vor oder nach Ihren Auftritten Zeit, um Orte besser kennenzule­rnen?

Müller: Ich war ja in Nördlingen schon drei oder vier Mal. Ich weiß, dass Ihr Euren Turm habt mit dem, ich sag’ mal, wunderbare­n Muezzin (lacht) und es ist eine schöne Stadt.

Bauen Sie auch regionale Bezüge in Ihre Programme ein?

Müller: Das kommt immer drauf an. Wenn ich kurz vorher noch eine Geschichte gesteckt bekomme, von wem auch immer, dann kann es schon sein …

Wir werden Ihnen jetzt aber nichts Konkretes sagen …

Müller: (lacht) Ich informier’ mich.

Zu Ihrem neuen Programm, das heißt „Müller, nicht Shakespear­e“. Müller: (lacht) Das stimmt!

Für wen ist das jetzt gut, für Müller oder für Shakespear­e?

Müller: (lacht) Ja, ich will mich ja gar nicht mit dem Shakespear­e vergleiche­n. Obwohl – vielleicht hat der Shakespear­e ja damals genauso gesprochen, wie ich heute. Vielleicht war das, was wir so überliefer­t kriegen, diese Reimform, das, was so g’stelzt wirkt, ja damals die Umgangsspr­ache. Bei Shakespear­e heißt es halt zum Beispiel: „Ach wärest du nicht alt geworden, bevor du klug geworden wärst“, das heißt bei mir halt „dumm geboren, nix dazug’lernt“.

Herr Müller, wir wollen Sie nicht länger aufhalten, vielen Dank für das Gespräch. Wir freuen uns auf Ihren Auftritt.

Müller: Ich mich auch, in Nördlingen war es immer schön, das muss ich wirklich sagen, auch damals schon im Klösterle, das war mein erster Auftritt. Das war schon super.

Und jetzt bespielen Sie die großen Hallen.

Müller: Ja schon, aber das Kleine war auch schön. Da bin ich damals durch Pflaumloch angereist … Pflaumloch …(lacht) das werd’ ich mein Lebtag nicht vergessen. (lacht immer noch)

Wir verstehen, Sie haben den Kabarettis­ten wirklich immer dabei … Müller: Deswegen passen auch immer alle genau auf, was ich sage.

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Archivfoto: Alfred Michel Michl Müller liest Zeitung und schaut fern, beobachtet aber auch die Menschen – so entstehen seine Programme.

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