Einkaufen geht auch plastikfrei
Es gibt eine Alternative zu in Kunststoff verpackten Tomaten, Trauben oder Gurken. Kerstin Mommsen hat ihre Erfahrungen gesammelt
Konstanz Gelingt ein Leben möglichst ohne Plastik? Diesen Selbstversuch machen seit Januar meine Familie und ich. Wir sind mittlerweile auf einem guten Weg, haben bereits von sechs gelben Säcken damals auf eineinhalb heute reduziert. Für große Diskussionen in der Redaktion und bei vielen Lesern sorgte unsere Menge an gelbem Müll – für manche sind sechs Säcke im Monat viel, für andere eher wenig. Fakt ist, dass jeder Deutsche im Schnitt 37,4 Kilo Plastikmüll pro Jahr produziert, der eine mehr, der andere weniger. Seit wir den Selbstversuch wagen, den mein achtjähriger Sohn Paul angestoßen hat, gehen wir plötzlich mit ganz anderen Augen einkaufen. Denn die Verpackungen vieler Waren sind völlig unnötig. Hier unser Überblick:
● Hier gelingt der Verzicht auf Verpackungen mittlerweile ausgezeichnet. Denn es gibt sie: die Gurken ohne Folie, die losen Tomaten und Champignons oder die Paprika, die nicht eingeschweißt sind. Natürlich gibt es besonders sensible Produkte – etwa Himbeeren –, die in Plastik verpackt werden. In manchen Fällen hat das natürlich auch Sinn, will man keinen Himbeermatsch vom Einkauf mit nach Hause bringen.
In fast allen Supermärkten, egal ob Discounter oder nicht, gibt es auch Produkte, die ohne Plastikverpackungen im Regal liegen. Manchmal sind es Äpfel, mal die Birnen, mal gibt es Gurken, mal den Salat ohne Umverpackung. Ich greife seit Beginn unseres Plastikpakts genau zu diesen Produkten und sammel sie in einer Pappbox, nehme also keine Kunststofftüte. Die Verkäufer haben sich bei mir bisher noch nie beschwert, dass die Artikel einzeln über ihr Kassenband rollen. Für kleines loses Gemüse benutze ich einen Mehrwegnetzbeutel. Dahinein kann man Dinge wie Kirschtomaten, Champignons oder Weintrauben füllen.
Aber alles andere, was mehrfach verpackt in den Obst- und Gemüseabteilungen liegt, nehme ich einfach nicht mit. Was mir dann noch fehlt, besorge ich auf dem Markt oder in einem der vielen Hofläden, die es in unserer Region gibt. Eine gute Option ist auch die Bestellung einer grünen Kiste direkt vom Erzeuger. Es gibt viele Anbieter in der Region, etwa den Anbieter einer Gemüsekiste. Eine solche Kiste bekommen wir alle zwei Wochen. Darin wird uns Gemüse und Obst unverpackt direkt vor die Haustüre geliefert.
● Unsere Familie isst sehr gerne Nudeln – ich weiß nicht, wie viel Kilo wir in der Woche vertilgen. Mein Mann ist begeisterter Rennradfahrer und schwört auf die Kohlenhydrate, die in Pasta und Co. stecken. Bisher kaufte ich Spaghetti, Fusilli, Maccheroni und Linguine in gängigen Plastikverpackungen. Doch jetzt achten wir darauf, dass wir nur Pappverpackungen kaufen. Es gibt sie im Supermarkt, leider ist immer ein Sichtfenster aus Plastik integriert.
Auch deswegen sind wir mit dieser Lösung noch nicht ganz glücklich. Ideal für uns wäre eine Großpackung, denn Nudeln halten sich ja eine Weile. In einem UnverpacktLaden fand ich das erste Mal Spaghetti, die ich lose in meine Tupperdose packen konnte. Mit 0,40 Cent pro 100 Gramm auch nicht übermäßig teuer.
Beim Thema Reis sind wir noch nicht sehr weit gekommen. Es gibt zuweilen Basmati-Reis in Pappkartons, aber die allermeisten Sorten werden in Plastik verpackt. Die Reissorten, die in Pappe verpackt sind, sind Kochbeutel und diese bestehen wiederum aus Kunststoff. Nur im Unverpackt-Laden fand ich alle Reissorten, die man sich in selbst mitgebrachte Behälter abfüllen kann.
●
Auch hier lässt sich Plastik vermeiden. Die gute alte Glasflasche wird leider immer mehr durch Kunststoffgebinde ersetzt – doch wer sucht, der findet. Denn es gibt sie noch, den französischen Senf im Glas statt in der Plastiktube und den Ketchup in der Glasflasche sowie die Grillsoßen in gläsernen Behältern. Ich kaufe nur noch Produkte, die in Glas verpackt sind – die Flaschen und Gläser verwende ich wieder, zudem hat Glas deutlich bessere Recyclingquoten als Kunststoff.
Es ist nicht leicht, in allen Bereichen auf Plastik zu verzichten. Wichtig für uns aber ist, dass wir uns seit dem Beginn unseres Versuchs viel klarer darüber geworden sind, was wir einkaufen, und dass es sich lohnt, darüber nachzudenken. Jede Kaufentscheidung ist eine Abstimmung der Verbraucher: Wenn immer mehr Menschen zu plastikfreien Produkten greifen, wird der Handel irgendwann nachziehen müssen. Natürlich ist mir auch bewusst, dass wir im Vergleich zu anderen noch ganz am Anfang stehen, Plastik aus unserem Leben zu verbannen. Wer sich im Internet umschaut, findet nämlich schnell Menschen, die längst nach dem Prinzip „Zero Waste“(Null Müll) leben und schon viel weiter sind. Für uns ist das ein Ansporn, dranzubleiben.
OSerie Die einzelnen Folgen erscheinen mittwochs auf Geld & Leben. Bisher er schienen: Problem Plastikmüll; Kosmetik.
● ist Redakteu rin des Südkurier in Konstanz, der wie unsere Zeitung in der Medien gruppe Pressedruck erscheint.