Horst Seehofer drückt aufs Tempo
Die ersten Anker-Zentren sollen im September die Arbeit aufnehmen. Doch nur wenige Länder machen mit
Berlin An seiner Entschlossenheit, seinen Worten auch Taten folgen zu lassen, lässt Horst Seehofer keine Zweifel aufkommen. Sechs Wochen nach seiner Vereidigung als Minister für Inneres, Bau und Heimat sitzt der CSU-Chef im überfüllten Konferenzraum seines Ministeriums und stellt vor der Hauptstadtpresse die Grundzüge seiner Politik vor. Videokameras zeichnen seinen Auftritt auf und übertragen ihn auf große Monitore, die auf den gesamten Saal verteilt sind, um ihn besser sehen zu können.
„Es geht um Begrenzung“, sagt er mit leiser Stimme, die im großen Raum kaum zu verstehen ist. „Wir müssen ein Problem lösen und alles tun, um eine Wiederholung des Jahres 2015 zu vermeiden.“Die Bürger hätten einen Anspruch darauf, dass der Staat die Sorgen und Ängste der Menschen ernst nehme und alles tue, um ein Höchstmaß an Sicherheit zu garantieren. Bald schon wolle er seinen „Masterplan“vorlegen, der „ein ganzes Bündel an Maßnahmen“enthalte, kündigt er an, ohne allerdings konkreter zu werden.
Ein entscheidender Baustein dieses „Masterplanes“sind nach den Worten Seehofers die geplanten Anker-Zentren, in denen die nach Deutschland kommenden Flüchtlinge unmittelbar nach ihrer Ankunft untergebracht werden. In enger Zusammenarbeit der verschiedenen Behörden sollen ihre Asylanträge unverzüglich bearbeitet und entschieden werden. Während Antragsteller mit Bleiberecht danach auf die Kommunen verteilt werden, sollen die Flüchtlinge ohne Aufenthaltsstatus rasch wieder abgeschoben werden. „Die Anker-Zentren werden uns helfen, dass wir schnell und rechtsstaatlich handeln können“, ist sich Seehofer sicher. Bereits im September – und somit vor den Landtagswahlen in Bayern – sollen an fünf bis sechs Standorten die ersten Pilotprojekte die Arbeit aufnehmen.
Doch die Begeisterung der Länder, ein derartiges Zentrum zu beherbergen, hält sich in engen Grenzen, einige Länder wie RheinlandPfalz haben dem Innenminister bereits eine Absage erteilt. In einem ersten Anlauf hätten lediglich Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen ihr Interesse bekundet, an der Pilotphase mitzuwirken, sagt der für die Innenpolitik zuständige Staatssekretär Helmut Teichmann. Er sei aber zuversichtlich, noch weitere Bundesländer zum Mitmachen bewegen zu können. Er denke dabei vor allem an Niedersachsen und ein östliches Bundesland.
Seehofer kündigt an, zunächst die Zentren auf der Grundlage des bestehenden Rechts zu betreiben („Sonst wird das in diesem Jahr nichts mehr“), aber die Arbeit in den Einrichtungen permanent zu evaluieren, „um zu ermitteln, wie ein Anker-Recht auszusehen hat“. Am Ende des Prozesses werde es zu Gesetzesänderungen auf Bundeswie Länderebene kommen. Ob in den Anker-Zentren auch obligatorische medizinische Untersuchungen zur Altersfeststellung von angeblich minderjährigen Flüchtlingen durchgeführt werden, lässt Seehofer offen. Die Kritik der SPD wie der Opposition an den geplanten Zentren weist er ausdrücklich zurück. Es gehe nicht darum, die Flüchtlinge einzusperren. „Residenzpflicht ist keine Haft und kein Gewahrsam.“
Wenig Konkretes gibt es vom CSU-Chef zu seinen neuen Bereichen Bauen und Heimat. Das Baukindergeld soll rasch kommen, kündigt er an, im Haushalt für dieses Jahr seien dafür 400 Millionen Euro vorgesehen. Die Abwicklung soll über die staatliche Förderbank KfW laufen. Man rechne mit 200000 Familien, die Anspruch auf die Förderung beim Bau oder Kauf einer Immobilie haben, sagt der zuständige Staatssekretär Gunther Adler.
Zum Thema Heimat sagt Seehofer, sein Ministerium verstehe sich als Einrichtung, in der die Konzepte erstellt würden, für die operative Umsetzung seien danach die einzelnen Fachressorts zuständig. „Ich lege keinen Wert auf operative Förderprogramme“, es gehe nicht um Geld, sondern darum, strukturschwache Regionen zu definieren und dann konkrete Politik für sie zu betreiben. „Wenn das Gefühl überhandnimmt, dass man abgehängt ist, ist das ein Einfallstor für Radikale“, sagt Seehofer. Sein Ziel sei es, diese Regionen zu stabilisieren und Perspektiven zu entwickeln.