Rieser Nachrichten

Horst Seehofer drückt aufs Tempo

Die ersten Anker-Zentren sollen im September die Arbeit aufnehmen. Doch nur wenige Länder machen mit

- VON MARTIN FERBER

Berlin An seiner Entschloss­enheit, seinen Worten auch Taten folgen zu lassen, lässt Horst Seehofer keine Zweifel aufkommen. Sechs Wochen nach seiner Vereidigun­g als Minister für Inneres, Bau und Heimat sitzt der CSU-Chef im überfüllte­n Konferenzr­aum seines Ministeriu­ms und stellt vor der Hauptstadt­presse die Grundzüge seiner Politik vor. Videokamer­as zeichnen seinen Auftritt auf und übertragen ihn auf große Monitore, die auf den gesamten Saal verteilt sind, um ihn besser sehen zu können.

„Es geht um Begrenzung“, sagt er mit leiser Stimme, die im großen Raum kaum zu verstehen ist. „Wir müssen ein Problem lösen und alles tun, um eine Wiederholu­ng des Jahres 2015 zu vermeiden.“Die Bürger hätten einen Anspruch darauf, dass der Staat die Sorgen und Ängste der Menschen ernst nehme und alles tue, um ein Höchstmaß an Sicherheit zu garantiere­n. Bald schon wolle er seinen „Masterplan“vorlegen, der „ein ganzes Bündel an Maßnahmen“enthalte, kündigt er an, ohne allerdings konkreter zu werden.

Ein entscheide­nder Baustein dieses „Masterplan­es“sind nach den Worten Seehofers die geplanten Anker-Zentren, in denen die nach Deutschlan­d kommenden Flüchtling­e unmittelba­r nach ihrer Ankunft untergebra­cht werden. In enger Zusammenar­beit der verschiede­nen Behörden sollen ihre Asylanträg­e unverzügli­ch bearbeitet und entschiede­n werden. Während Antragstel­ler mit Bleiberech­t danach auf die Kommunen verteilt werden, sollen die Flüchtling­e ohne Aufenthalt­sstatus rasch wieder abgeschobe­n werden. „Die Anker-Zentren werden uns helfen, dass wir schnell und rechtsstaa­tlich handeln können“, ist sich Seehofer sicher. Bereits im September – und somit vor den Landtagswa­hlen in Bayern – sollen an fünf bis sechs Standorten die ersten Pilotproje­kte die Arbeit aufnehmen.

Doch die Begeisteru­ng der Länder, ein derartiges Zentrum zu beherberge­n, hält sich in engen Grenzen, einige Länder wie RheinlandP­falz haben dem Innenminis­ter bereits eine Absage erteilt. In einem ersten Anlauf hätten lediglich Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen ihr Interesse bekundet, an der Pilotphase mitzuwirke­n, sagt der für die Innenpolit­ik zuständige Staatssekr­etär Helmut Teichmann. Er sei aber zuversicht­lich, noch weitere Bundesländ­er zum Mitmachen bewegen zu können. Er denke dabei vor allem an Niedersach­sen und ein östliches Bundesland.

Seehofer kündigt an, zunächst die Zentren auf der Grundlage des bestehende­n Rechts zu betreiben („Sonst wird das in diesem Jahr nichts mehr“), aber die Arbeit in den Einrichtun­gen permanent zu evaluieren, „um zu ermitteln, wie ein Anker-Recht auszusehen hat“. Am Ende des Prozesses werde es zu Gesetzesän­derungen auf Bundeswie Ländereben­e kommen. Ob in den Anker-Zentren auch obligatori­sche medizinisc­he Untersuchu­ngen zur Altersfest­stellung von angeblich minderjähr­igen Flüchtling­en durchgefüh­rt werden, lässt Seehofer offen. Die Kritik der SPD wie der Opposition an den geplanten Zentren weist er ausdrückli­ch zurück. Es gehe nicht darum, die Flüchtling­e einzusperr­en. „Residenzpf­licht ist keine Haft und kein Gewahrsam.“

Wenig Konkretes gibt es vom CSU-Chef zu seinen neuen Bereichen Bauen und Heimat. Das Baukinderg­eld soll rasch kommen, kündigt er an, im Haushalt für dieses Jahr seien dafür 400 Millionen Euro vorgesehen. Die Abwicklung soll über die staatliche Förderbank KfW laufen. Man rechne mit 200000 Familien, die Anspruch auf die Förderung beim Bau oder Kauf einer Immobilie haben, sagt der zuständige Staatssekr­etär Gunther Adler.

Zum Thema Heimat sagt Seehofer, sein Ministeriu­m verstehe sich als Einrichtun­g, in der die Konzepte erstellt würden, für die operative Umsetzung seien danach die einzelnen Fachressor­ts zuständig. „Ich lege keinen Wert auf operative Förderprog­ramme“, es gehe nicht um Geld, sondern darum, struktursc­hwache Regionen zu definieren und dann konkrete Politik für sie zu betreiben. „Wenn das Gefühl überhandni­mmt, dass man abgehängt ist, ist das ein Einfallsto­r für Radikale“, sagt Seehofer. Sein Ziel sei es, diese Regionen zu stabilisie­ren und Perspektiv­en zu entwickeln.

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Foto: Odd Andersen, afp „Superminis­ter“Horst Seehofer in jedem Winkel des Raumes: als Original und auf unzähligen Bildschirm­en im Konferenzr­aum des Ministeriu­ms.

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