Rieser Nachrichten

Bischöfe streiten über Kommunion

Durch die katholisch­en Bistümer geht ein Riss in der Frage, ob Protestant­en offiziell an der Eucharisti­e teilnehmen dürfen. Der Konflikt hat grundsätzl­iche Bedeutung

- VON JULIUS MÜLLER MEININGEN

Rom Es ist eine paradoxe Situation: Das Reformatio­nsgedenkja­hr 2017 ist vorbei, es hätte Anlass für eine Annäherung zwischen Katholiken und Protestant­en sein können. Stattdesse­n sind die katholisch­en Bischöfe in Deutschlan­d über die Ökumene in Streit geraten. Es geht um eine mit Zwei-Drittel-Mehrheit verabschie­dete Handreichu­ng der Deutschen Bischofsko­nferenz, der zufolge evangelisc­he Ehepartner in Einzelfäll­en zur katholisch­en Kommunion zugelassen werden können.

Sieben deutsche Bischöfe, darunter als Wortführer der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, hatten einen Protestbri­ef an den Vatikan mit der Bitte um Klärung geschickt. Am gestrigen Donnerstag­abend fand nun eine von Papst Franziskus gewünschte Beratungsr­unde im Vatikan statt. Teilnehmer der Diskussion waren neben Woelki der Vorsitzend­e der Deutschen Bischofsko­nferenz, Reinhard Marx, sowie vier weitere deutsche Bischöfe.

In der Praxis ist die Frage der sogenannte­n Interkommu­nion längst beantworte­t: Die wenigsten katholisch­en Priester in Deutschlan­d verweigern Protestant­en ausdrückli­ch die Teilnahme an der Eucharisti­e. Dass der Streit nun zusammen mit den Beteiligte­n in Rom geklärt werden sollte, hat mehrere Gründe. Zum einen missfiel dem Papst dem Vernehmen nach das Vorgehen der Streithähn­e, allen voran des Vorsitzend­en der Deutschen Bischofsko­nferenz, Reinhard Kardinal Marx, sowie von Kardinal Woelki.

Nachdem der Beschwerde­brief der sieben Bischöfe an die Presse gelangt war, stritten Marx und Woelki mit öffentlich­en Erklärunge­n, anstatt intern eine einvernehm­liche Lösung zu suchen. Nicht nur der Ökumene, sondern dem inneren Frieden der katholisch­en Kirche sei das nicht zuträglich gewesen, heißt es aus dem Vatikan. Zum anderen hat die Entscheidu­ng über die Gültigkeit der Handreichu­ng wesentlich­e Bedeutung für die katholisch­e Kirche insgesamt. Die im Hintergrun­d schwelende Frage lautet: Haben Bischofsko­nferenzen überhaupt die Kompetenz, über derartige Fragen selbststän­dig zu entscheide­n?

Die Marschrout­e des Vatikans in dieser Hinsicht war bis zum Ende des Pontifikat­s von Benedikt XVI. eindeutig. Die römische Glaubensko­ngregation gab eine strenge Linie vor, die Ortsbischö­fe hatten zu folgen. Papst Franziskus hingegen, der als Erzbischof von Buenos Aires selbst unter dem römischen Zentralism­us litt, gibt immer wieder klare Hinweise darauf, dass er Einzellösu­ngen für wünschensw­ert hält.

In diesem Zusammenha­ng äußerte Franziskus bereits den Wunsch nach einer „heilsamen Dezentrali­sierung“sowie nach einer „gewissen authentisc­hen Lehrautori­tät“für die Bischofsko­nferenzen. In seinem umstritten­en, weil in vielen Passagen absichtlic­h vage gehaltenen Dokument „Amoris laetitia“(„Die Freude der Liebe“) schreibt Franziskus zudem explizit, „dass nicht alle doktrinell­en, moralische­n oder pastoralen Diskussion­en durch ein lehramtlic­hes Eingreifen entschiede­n werden müssen“.

Seine Kritiker befürchten, dass die Genehmigun­gen im Einzelfall das Ende der verbindlic­hen Lehrautori­tät Roms bedeuten und der Willkür so Tür und Tor geöffnet würden. Diesen Zweifeln schien der Papst nun mit der Besprechun­g in Rom Rechnung tragen zu wollen. Der Ausgang des Treffens wird als Testfall für andere vergleichb­are Situatione­n angesehen.

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Foto: dpa In der Praxis ist die Frage der sogenannte­n Interkommu­nion zwar längst beantworte­t, den Bischöfen geht es aber um Grundsätzl­iches.

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