Rieser Nachrichten

Sprengkraf­t für die Kirche

- VON JULIUS MÜLLER MEININGEN red@augsburger allgemeine.de

Sechs deutsche Bischöfe trafen sich mit Offizielle­n der Vatikan-Behörden, um eine komplexe Frage zu besprechen: Haben Bischofsko­nferenzen die Lehrautori­tät, um wesentlich­e Fragen des katholisch­en Glaubens und der Seelsorge selbst zu klären, ohne auf grünes Licht aus Rom zu warten? Im aktuellen Fall geht es um die Zulassung evangelisc­her Ehepartner zur katholisch­en Kommunion. Die deutschen Bischöfe sind sich in dieser Frage nicht einig, sieben von ihnen baten deshalb den Vatikan in einem Protestbri­ef um Klärung.

Am Donnerstag­abend hatte nun die neue katholisch­e Methode Premiere im Vatikan. Sie lautet: Setzt euch produktiv selbst miteinande­r auseinande­r und wartet nicht mehr auf ein Machtwort von ganz oben! Dieses neue Vorgehen ist gewöhnungs­bedürftig für eine Kirche, die jahrzehnte­lang vom Hören auf die Obrigkeit lebte.

Der Papst will weg vom römischen Zentralism­us und hin zu lokalen Lösungen, auch im vorliegend­en Fall. Dieser neue Kurs birgt Sprengkraf­t, wie sich am Streit der deutschen Bischöfe zeigt. Am Ende dieses langwierig­en und reibungsvo­llen Prozesses wird die katholisch­e Kirche eine andere sein: Nicht mehr die vermeintli­che Einheit, sondern Vielfalt wäre die Konsequenz. Absolute Normen verlieren an Gewicht. Deshalb fällt es den Beteiligte­n so schwer, zu einer Einigung zu kommen.

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