Abi Panne bleibt ohne Folgen
Nach einem Einbruch in ein Gymnasium musste kurzfristig ein Teil der Mathe-Aufgaben ersetzt werden. Wie das Kultusministerium darauf reagiert
Augsburg Mit einer Panne und einiger Hektik haben in Bayern die diesjährigen Abiturprüfungen begonnen. Lehrer mussten früher als geplant anrücken, Aufgaben in letzter Minute ausgetauscht werden, die Kopierer liefen heiß. Grund war der Einbruch in ein Gymnasium in Goslar in Niedersachsen. Dort hatten Einbrecher den Schultresor geknackt, in dem neben Bargeld auch die diesjährigen Matheprüfungen lagerten. Diese wurden zwar nicht entwendet, da aber nicht ausgeschlossen werden konnte, dass diese abfotografiert worden waren, mussten sie bundesweit ausgetauscht werden.
Dass gleich ein ganzer Prüfungsteil mit mehreren Aufgaben ersetzt werden muss, passiert äußerst selten, sagt Elena Schedlbauer, Sprecherin am bayerischen Kultusministerium: „In den vergangenen zehn Jahren ist das erst ein Mal vorgekommen.“An diesem Mittwoch ein zweites Mal. Alle 430 bayerischen Gymnasien waren betroffen. Doch wird der Vorfall nicht haben. Die Sicherheitsstandards an den Schulen seien hoch und der Notfallplan habe einwandfrei funktioniert. Die Schulleiter haben einen reibungslosen Ablauf gemeldet, erklärt Schedlbauer.
Bisher werden die versiegelten Abitur-Prüfungen eine Woche vor Termin gebündelt, gedruckt und gefaltet an die Schulen geliefert. Dort lagern sie im Tresor – mit der Gefahr, dass die geheimen Aufgaben in die Hände von Einbrechern fallen können. Vor Jahren gab es am Kultusministerium Überlegungen, die Aufgaben erst am Prüfungstag auf digitalem Weg zu übermitteln, sagt Schedlbauer. Doch der Gedanke sei wieder verworfen worden. Für die Schulen hätte das eine zu hohe Belastung durch das kurzfristige Anfertigen von Kopien bedeutet. Zudem birgt die Digitalisierung neue Gefahren, wie Brigitte Luther, stell- vertretende Schulleiterin am Maristenkolleg in Mindelheim, erklärt. So könnten Hacker-Angriffe oder Server-Ausfälle das Abitur gefährden. Sie hält daher die Papiervariante für sicherer, auch wenn diese am Mittwochmorgen für Nervenkitzel gesorgt habe.
Schon in der Vergangenheit seien am Prüfungstag Kleinigkeiten geändert worden – beispielsweise ein Wort in einer Aufgabenstellung. „Es ist ein Novum, dass ein ganzer Aufgabenteil ausgetauscht werden musste“, sagt Luther. Bereits am Vortag sei vom Kultusministerium die Nachricht gekommen, dass ein Teil des Mathe-Abiturs ersetzt werden müsse.
Am Prüfungsmorgen musste die Schulleitung dann die verschlüsselten, passwortgeschützten Ersatzaufgaben herunterladen und vervielfältigen. Ein Wettlauf gegen die Zeit. „Bei uns lief alles reibungslos ab, wir konnten pünktlich um neun Uhr mit den Prüfungen beginnen“, sagt Luther. Im schlimmsten Fall hätten die Abiturprüfungen verspätet begonnen. Dies wollte man den SchüKonsequenzen lern unbedingt ersparen, sagt Renate Schöffer, Schulleiterin des Deutschherren-Gymnasiums in Aichach. Der Ablauf sei nach dem Drucken der Ersatzaufgaben weitgehend gleich geblieben: Die Mathelehrer trafen sich früh morgens, um die Aufgaben durchzurechnen und auszuwählen. Von der Hektik hätten die Schüler nichts mitbekommen. Das bestätigt eine Abiturientin des Deutschherren-Gymnasiums. „Hätte ich das vorher gewusst, wäre ich wohl in Panik verfallen“, sagt die Zwölftklässlerin. Für sie stehen in den kommenden Wochen noch vier weitere Prüfungen auf dem Programm. Nicht auszuschließen, dass dabei ein weiteres Mal Hektik ausbricht. Seit 2017 gibt es einen Aufgabenpool für alle 16 Bundesländer und damit einen einheitlichen Aufgabenteil in den schriftlichen Mathe-, Deutsch-, Englisch- und Französisch-Prüfungen. Ein Schritt der Kultusminister in Richtung Zentralabitur, um den Abschluss am Gymnasium vergleichbarer zu machen – mit den am Mittwoch deutlich gewordenen Risiken.
Digitalisierung wurde überlegt und verworfen