Rieser Nachrichten

Wolf oder Schaf?

Die mutmaßlich­e Attacke eines Wolfes auf eine Schafherde im Schwarzwal­d führt zu neuen Diskussion­en. Auch Tierschütz­er machen sich für Abschüsse im Notfall stark

- VON PHILIPP KIEHL

Augsburg Nach der mutmaßlich­en Wolfsattac­ke in Bad Wildbad im Nord-Schwarzwal­d, bei der 43 Schafe starben, fordern auch Tierexpert­en in Bayern ein entschiede­nes Handeln vonseiten der Politik. Kai Frobel, Artenschut­zreferent beim Bund Naturschut­z, appelliert an die Regierung, den bayerische­n Aktionspla­n Wolf dringend umzusetzen. Dieser von der Staatsregi­erung ausgearbei­tete Entwurf sieht vor, dass „verhaltens­auffällige“Tiere im Notfall auch abgeschoss­en werden dürfen. „Zur Not“, sagt Frobel, „geben wir die Zustimmung, im Sinne des Tierhüters Wölfe zu töten.“Denn die Entwicklun­g dürfe nicht zulasten der Weidehalte­r gehen.

Nachdem Wölfe hierzuland­e als ausgestorb­en galten, stieg die Population in den vergangene­n Jahren wieder an. Die Situation ist zwar nach Einschätzu­ng von Frobel in Bayern noch nicht so dramatisch wie in Ostdeutsch­land, aber die Probleme nähmen zu. Ein Grund: „Wir haben verlernt, mit dem Wolf umzugehen.“Frobel sieht es als gesellscha­ftlichen Auftrag an, die Weidetierh­altung zu schützen. Daher fordere der Bund Naturschut­z unter dem Motto „Wolf oder Schaf“in einem Unterstütz­ungsprogra­mm, Weidetiere in den Bergen durch Zäune zu isolieren und „Behir- tungssyste­me“aufzubauen. Der Wolf steht unter höchstem europäisch­en Artenschut­z. Daran müsse sich Deutschlan­d halten.

Für Markus Peters vom Bayerische­n Bauernverb­and ist diese Entscheidu­ng nicht mehr zeitgemäß. Den Wolf hat man seiner Ansicht nach wie den Biber, die Fischotter oder den Kormoran unter Artenschut­z gestellt, um den Bestand aufzubauen. Doch die steigende Wolfspopul­ation in den vergangene­n Jahren zeige klare Tendenzen. Es gebe konkrete Probleme in den Gebirgslag­en. Besonders für die Herden und die Tierhalter sieht Peters eine gravierend­e Gefahr. Abgesehen von den psychische­n Folgen, die eine Wolfsattac­ke für die Bauern mit sich bringe, sei gerade aufgrund des steilen Geländes in den Alpen ein Schutz der Herde durch Zäune nicht möglich.

Peters geht noch einen Schritt weiter. Er fordert, bürokratis­che Hürden abzubauen, damit den Bauern besser geholfen werden kann. Denn gerade in den Bergen sei es für die Bauern oft schwer, Angriffe eines Wolfs abzuwehren. Die Lösung, zusätzlich Herdenschu­tzhunde einzusetze­n, um die Weidetiere vor Attacken besser schützen zu können, sei für viele Bauern zu teuer. Doch nicht nur in den Bergen, sondern auch auf dem flachen Land bereitet der Wolf nach Peters’ Meinung vielen Bauern Sorge. Die Bayerische Landesanst­alt für Landwirtsc­haft hat einer Untersuchu­ng aus dem vergangene­n Jahr zufolge drei Gebiete ermittelt, in denen die Gefährdung­slage für Weidetiere durch den Wolf besonders hoch ist. Die Oberpfalz, Unterfrank­en, aber auch die Alpenregio­n tauchen in der Liste auf. „Das Revierverh­alten der Wölfe ändert sich. Die Tiere kommen immer näher an menschlich­e Siedlungen heran“, erklärt Peters.

Auch dem Präsidente­n der Bayerische­n Arbeitsgem­einschaft für Bergbauern­fragen, Alfons Zeller, reicht es nicht aus, wie die Politik mit dem Problem Wolf umgeht. Die finanziell­e Erstattung, die der Halter aus einem Fonds für die vom Wolf gerissenen Tiere bekommt, sei zwar ein richtiges Ansinnen der Politik, aber in der Praxis löchrig. Von präventive­n Maßnahmen wie Zäunen oder Hunden hält Zeller wenig. Sie seien für viele Bauern finanziell schlichtwe­g nicht möglich. Auch warnt Zeller vor einer „Verschande­lung der Landschaft“durch Zäune und sieht dadurch den Tourismus bedroht. Denn gegen Wölfe würden nur Zäune mit einer Höhe von 1,80 Metern helfen. Für Zeller steht fest: „Der Wolf passt nicht in eine industrial­isierte Landschaft.“Daher müsse verhindert werden, dass sich das Tier hier wohlfühle.

 ?? Fotos: Rehde, Gol, dpa ?? Nachdem offenbar wieder ein Wolf eine Schafherde angegriffe­n und viele Tiere getö tet hat, fordern Bauernvert­reter schärfere Maßnahmen.
Fotos: Rehde, Gol, dpa Nachdem offenbar wieder ein Wolf eine Schafherde angegriffe­n und viele Tiere getö tet hat, fordern Bauernvert­reter schärfere Maßnahmen.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany