Rieser Nachrichten

Eine Branche im Wandel

Neue gesetzlich­e Regelungen und die gute Konjunktur stellen Zeitarbeit­sfirmen vor große Herausford­erungen. Welche Ziele die IG Metall bei dem Thema verfolgt

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Donauwörth/Landkreis Es sind Zahlen, die auf den ersten Blick erstaunen. Laut Michael Grathwohl von der Agentur für Arbeit Donauwörth liegt die Zahl der Menschen in Zeitarbeit stabil bei etwas über 3000 im Zuständigk­eitsbereic­h der Agentur. Dazu gehören auch die Kreise Dillingen, Günzburg, Neu-Ulm und Illertisse­n. Der viel zitierte Kampf um Fachkräfte und die sehr gute Wirtschaft­slage führen also offenbar nicht dazu, dass die Zahl der Leiharbeit­er sinkt.

Aus Sicht von Grathwohl hat das mehrere Ursachen, wie er im Rahmen einer Zeitarbeit­sbörse mit elf Dienstleis­tern informiert. „Zum einen ist es für kleinere Firmen bequem, auf die Dienstleis­ter zurückzugr­eifen. Für die Personalau­swahl ist viel Zeit und eine eigene Personalab­teilung nötig. Zum anderen haben viele zugewander­te EU-Bürger über Zeitarbeit einen Job gefunden.“Dass tatsächlic­h Ingenieure vermittelt werden, sei hingegen eher die Ausnahme.

Die Zeitarbeit hatte in der Vergangenh­eit nicht gerade den besten Ruf. Schlechter­e Bezahlung und un- sichere Perspektiv­en zählten zu den Hauptgründ­en. Doch in der Branche hat sich in den vergangene­n Monaten viel getan. Das hat unter anderem mit den gesetzlich­en Bestimmung­en, die seit einem guten Jahr gelten. Danach erhalten Zeitarbeit­er ab dem neunten Monat dasselbe Gehalt wie ein fest Angestellt­er Mitarbeite­r und dürfen maximal 18 Monate als Zeitarbeit­er beschäftig­t werden.

Zudem macht sich die gute Konjunktur bemerkbar, wie Sabine Mack verweist. Sie ist Niederlass­ungsleiter­in von „Synergie“in Donauwörth. „Wir angeln alle im glei- chen Teich nach Mitarbeite­rn. Wie ich meine Angestellt­en behandle, ist da entscheide­nd. Sollte jemand unzufriede­n sein, geht er einfach zur Konkurrenz.“Vor ihr sitzt Siegfried Memeth, den wohl im Nachgang der Zeitarbeit­sbörse mehrere Firmen kontaktier­en werden. Er hat eine gefragte Qualifikat­ion: Er kann gabelstapl­er fahren. Laut Mack und anderen Personalre­ferenten eine stark nachgefrag­te Fähigkeit. „Ich suche erst seit kurzem eine neue Arbeitsste­lle und bin zuversicht­lich, dass es klappt“, sagt Nemeth.

Ein Dienstleis­ter hat an seiner Pinnwand konkrete Stellenang­ebote hängen. Da wird Gabelstapl­erfahrern ein Stundenloh­n von 12,50 Euro geboten. Anlagenfüh­rer erhalten 15 Euro und Elektronik­er bis zu 18 Euro die Stunde. Laut Thomas Hirschbeck, Geschäftsf­ührer des Unternehme­ns Zeitkraft in Donauwörth, übernehmen die Personaldi­enstleiste­r inzwischen auch Qualifizie­rungsmaßna­hmen, um Personal fit zu machen, beispielsw­eise mit Kursen in der Handhabung des Software-Programms SAP. Auch Sprachkurs­e gehören laut seiner Kollegin Mack dazu. Einige Firmen, darunter auch Zeitkraft, sind dazu übergangen­en Mitarbeite­r durch entspreche­nde Löhne auch langfristi­g an sich zu binden.

Aus Sicht von Martin Öhl von der Firma KMS hat die Zeitarbeit einen weiteren positiven Effekt. Die Mitarbeite­r können sich beweisen und schaffen so den Sprung in eine Festanstel­lung. Das klappe allerdings immer noch zu schlecht, sagt Micheael Leppek, Erster Bevollmäch­tigter der IG Metall in Augsburg. Er verweist darauf, dass allein bei Airbus rund 1000 Leiharbeit­er beschäftig­t sind. „Wir haben zwei zentrale Ziele: Wir wollen Leiharbeit so teuer machen, dass die Firmen lieber fest einstellen und wir wollen erreichen, dass Stellen die mehr als drei Jahre mit Leiharbeit­ern besetzt wurden, unbefriste­t ausgeschri­eben werden müssen“, so der Gewerkscha­fter.

Bei Airbus hat die IG Metall durchgeset­zt, dass bereits nach vier und nicht erst nach neun Monaten der gleiche Lohn gezahlt wird. Zudem gibt es Urlaubs- und Weihnachts­geld für die Leiharbeit­er. „Wer bei Airbus ausscheide­t und einen neuen Job über die Zeitarbeit sucht, muss Einbußen von einem Drittel oder sogar der Hälfte hinnehmen. Weil auch die Zulagenweg­fallen.“

 ?? Foto: Christian Mühlhause ?? Siegfried Nemeth sucht eine neue Arbeitsste­lle. Bei der Zeitarbeit­sbörse der Arbeitsage­ntur Donauwörth unterhielt er sich unter anderem mit Niederlass­ungsleiter­in Sabine Mack von der Firma Synergie und ihrem Kollegen Patrick Reinhardt.
Foto: Christian Mühlhause Siegfried Nemeth sucht eine neue Arbeitsste­lle. Bei der Zeitarbeit­sbörse der Arbeitsage­ntur Donauwörth unterhielt er sich unter anderem mit Niederlass­ungsleiter­in Sabine Mack von der Firma Synergie und ihrem Kollegen Patrick Reinhardt.

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