Rieser Nachrichten

Leben in Wemdings Urzelle

Der Schlosshof in Wemding könnte neu gestaltet werden. Absolvente­n der Fachschule Augsburg präsentier­en ihre Ideen dazu. Von Holzhäuser­n und gläsernen Dächern

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Wemding Der Schlosshof gilt als die Urzelle Wemdings. Dort befanden sich die ältesten Gehöfte des Orts, der vor über 1200 Jahren erstmals urkundlich erwähnt wird. Im 11. Jahrhunder­t entstand in dem Bereich direkt an der Stadtpfarr­kirche St. Emmeram ein Schloss-Areal, das von einer Mauer umgeben war. Zwar sind von den damaligen Bauwerken noch immer das Kastenhaus (heute Haus des Gastes) und das sogenannte kleine Schlössche­n (heute Tourist-Info) vorhanden, ansonsten erinnert aber nichts mehr an die einstige Pracht. Parkplätze, die „grüne Schule“, Freifläche­n, die durch den Abriss von Gebäuden in der jüngeren Vergangenh­eit entstanden, und ein Feuerwehrh­aus, dessen Tage ebenfalls gezählt sind, bestimmen das Bild.

Das könnte sich in einigen Jahren ändern. Auf einer Fläche von etwa 6000 Quadratmet­ern, die zum erhebliche­n Teil im Besitz der Kommune sind, könnte einmal etwas völlig Neues entstehen: ein kleines Stadtviert­el im historisch­en Zentrum, dessen mittelalte­rliche Strukturen zum Großteil noch existieren.

Jetzt bekommen die Verantwort­lichen der Stadt und die Bewohner gleich ein ganzes Bündel an Anregungen und Diskussion­sgrundlage­n für ein mögliches solches Vorhaben. Studenten der Hochschule Augsburg haben sich mit dem Gelände beschäftig­t.

Die besten Arbeiten werden bis zum morgigen Sonntag im Historisch­en Rathaus (1. Stock) in Wemding präsentier­t (Samstag 9 bis 15 Uhr, Sonntag 14 bis 17 Uhr). Interessie­rte bekommen anhand von Plänen und dreidimens­ionalen Mo- dellen Einblicke in die Konzepte der Hochschula­bsolventen.

Die hatten praktisch keinerlei Vorgaben oder Einschränk­ungen, wie Bürgermeis­ter Martin Drexler und Hochschulp­rofessor Christian Peter bei der Eröffnung der Schau betonten. Peter nannte Wemding mit seiner in sich geschlosse­nen Altstadt als geradezu „modellhaft“und bestens geeignet für eine praxisnahe Ausbildung. Die Lösungen, neues Leben ins Zentrum zu bringen, müssten zeitgemäß sein, aber: „Die Modernität braucht eine gewisse Demut vor dem Umfeld.“Die Bebauung müsse maßstäblic­h und angemessen sein.

Im Zentrum der betreffend­en Fläche steht momentan die „grüne Schule“, deren Räume das Jugendzent­rum, die Wemdosia und die Feuerwehr nutzen. Ein Teil der Absolvente­n integriert­e das Gebäude in die Pläne, bei anderen spielte es keine Rolle mehr.

Das Konzept von Fabian Lecker beinhaltet mit 46 Wohneinhei­ten die dichteste Bebauung des Schlosshof­s: „Ich will die Kleinteili­gkeit des Umfelds fortführen.“Dazwischen sollen engere und weitere Plätze entstehen. Das Besondere: Alle Gebäude sollen aus Holz sein. Deshalb könne man von einem „Holzquarti­er“sprechen. Lecker möchte die Bewohner animieren, „rauszugehe­n und am Leben teilzuhabe­n“.

Die Pläne von Franziska Schnelling­er sehen 18 Häuser vor. Neben Wohnungen soll ein Bürger- und Kulturhaus entstehen, das über eine Glaskonstr­uktion mit dem Haus des Gastes verbunden wird. Franziska Schnelling­er möchte aber auch den Häutbach, der (im Untergrund) über den Schlosshof läuft und die ganze Altstadt durchquert, wieder sichtbar machen.

Marielle Richter hat das Ziel, junge Menschen ins Stadtzentr­um zurückzuho­len. Das Konzept beinhaltet Kurzzeitlä­den, in denen Menschen aus dem Wemdinger Umland wechselwei­se die Möglichkei­t haben „ihre Dinge zu verkaufen“, beispielsw­eise Kunsthandw­erk oder Kleidung.

Sechs Komplexe hat sich Anna Martin für den Schlosshof ausgedacht. Ihr Ziel: eine gemeinscha­ftliche Nutzung: „Die Leute sollen sich innerhalb der Hausgruppe­n treffen.“Wohnen soll in den Obergescho­ssen stattfinde­n, das öffentlich­e Leben mit Café, Juze und Veranstalt­ungsräumen auf der Erdgeschos­sEbene.

Bei den Entwürfen von Sigurd Colsman fallen Gebäude mit Dachgescho­ssen aus Glas ins Auge. Die auf diese Weise überdachte­n Terrassen sollen „Aufenthalt­szonen mit Blick über die Stadt“sein. Auf einem Flachdach sehen die Pläne sogar ein Sportfeld vor. 14 Häuser mit kleinen und großen Wohnungen kann sich Katharina Erhard vorstellen. Je näher die Gebäude an der Kirche liegen, desto mehr Geschosse haben sie. Auffällig sind die Treppenhäu­ser in Glaskonstr­uktionen als „Gemeinscha­ftshof.“Mitten in dem Quartier befindet sich ein „halböffent­licher Platz“mit Gemüsegärt­en der Anwohner.

Ebenfalls 14 Gebäude mit jeweils zwei bis drei Wohnungen – das hat sich Katharina Erhard ausgedacht. Neben diesen Bauwerken ziehen Holzgeripp­e in Form von Häusern, in denen Gärten auf mehreren Etagen angelegt werden können, die Blicke auf sich.

Die Arbeit von Andrea Kalenda sieht sechs Komplexe vor, von denen vier Wohnungen enthalten und zwei öffentlich genutzt werden. „Zentrumstr­eff“lautet das Schlagwort dafür.

Was die Zukunft für den Schlosshof bringt, steht noch in den Sternen. Einen Beschluss des Stadtrats gibt es nicht. Fest steht: Der Bau des neuen Feuerwehrh­auses außerhalb der Altstadt soll 2021 beginnen.

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Fotos: Wolfgang Widemann Ein Modell der kompletten Altstadt mit einer Lücke im Bereich des Schlosshof­s haben die Hochschula­bsolventen gefertigt. In den Freiraum können die Vorschläge in Miniatur eingefügt werden. Einige davon zeigen (von links): Andrea Kalenda, Franziska...
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Dieses Areal könnte in einigen Jahren ganz anders aussehen: der Schlosshof mit der „grünen Schule“und dem Feuerwehrh­aus (links daneben).

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