„Ich lasse mich nicht hängen“
Oettingens Altbürgermeister Dieter Paus hat sein Amt als Stadtrat niedergelegt. Auch nach seinem schweren Unfall war er noch lange politisch aktiv
Nördlingen Kürzlich gab Oettingens Altbürgermeister Dieter Paus bekannt, dass er sein Amt als Oettinger Stadtrat niederlege. Dass er es bis jetzt noch ausfüllte, ist nach seinem schweren Unfall vor gut zehn Jahren eher ein Zeichen, dass ihn der Schlag zwar bremsen, aber nie aus der Bahn werfen konnte. Das liegt wohl auch an seiner Eigenschaft als Sportler, wegen derer es ihn 1966 überhaupt ins Ries verschlug. Mit dem Fußballclub seiner Heimatstadt Essen war er damals aufgrund persönlicher Verbindungen der Vereine vom TSV Mönchsdeggingen zu einem Fußballturnier eingeladen worden. Abgesehen davon, dass seine Mannschaft Turniersieger wurde, lernte er im Festzelt „unter den versammelten Dorfschönheiten“Ruth Schäble kennen, seine heutige Frau. Ihr zuliebe zog Paus, der 1944 im württembergischen Hochdorf geboren wurde, weil seine Mutter vor den Bombardements dorthin evakuiert worden war, von Essen ins Ries und fing 1967 bei der Nördlinger Sparkasse an.
Sein politisches Engagement hatte er im Gepäck, denn die Familie und vor allem sein Vater als Vorbild waren glühende Anhänger der SPD. Anfangs besuchte er Versammlungen, verteilte ihm Wahlkampf Prospekte und bepflasterte seine Fensterläden mit SPD-Plakaten. Als er 1969 mit der Familie nach Wallerstein zog, wurde er gleich im Jahr darauf SPD-Ortsvorsitzender, aber erst 1984 in den Gemeinderat gewählt. 1990 startete er dann politisch durch: Er wurde als Gemeinderat wiedergewählt und gleichzeitig vom SPD-Ortsverein Oettingen ob er dort nicht als Bürgermeister kandidieren wolle, nachdem Hans Raidel im Dezember 1990 in den Bundestag gewählt worden war. Viele waren überrascht, als Paus 1991 auf Anhieb mit 53,4 Prozent gewählt wurde; bei der nächsten Wiederwahl waren es schon 81,4 Prozent. Zu seiner Popularität hatte sicherlich sein sportliches Engagement, vor allem im Fußball, beigetragen: In Wallerstein war er Vorsitzender des Sportclubs und Fußballtrainer; auch in Holzkirchen trainierte er die Fußballer, darüber hi- naus schrieb er von 1976 bis 1991 Fußball-Reportagen in den Rieser Nachrichten.
Paus kam „mitten in die Baustelle des Rathauses“und hatte auch sonst etliche große Aufgaben anzupacken, vom Bau des Heimatmuseums über immer neue Bau- und Gewerbegebiete. Jeder Bürgermeister mit jahrzehntelanger Amtszeit hat im Rückblick einen Schwerpunkt vorzuweisen – bei Paus sind es die Ortsteile, die er nach und nach mit Feuerwehrhäusern, Infrastruktur und Baugebieten versah. Soziale Begeggefragt, nungen liegen ihm bis heute am Herzen. Er ist Mitglied in rund 30 Vereinen, gründete die Jugendkapelle und forcierte persönlich die Städtepartnerschaften mit dem italienischen Bagolino und dem französischen Rochechouart oder die Freundschaft mit dem norwegischen Haugesund.
Dann, im Juli 2007 passierte das Unfassbare: Bei einer FeuerwehrVorführung in Oettingen platzte ein Schlauch, und ein Metallgewinde verletzte ihn schwer. Lange lag er in einer Unfallklinik, ist bis heute in seiner Bewegung schwer eingeschränkt, ging aber immer bis an seine Grenzen des Möglichen: „Ich habe mich nicht hängen lassen und nie gejammert.“Bis Mai 2008 führte er sein Bürgermeisteramt im Rollstuhl weiter: „Das war eine schwierige Zeit. Ich versuchte, das Amt zu bewältigen, aber die politisch notwendigen Dienstreisen wären auf Dauer nicht zu schaffen gewesen.“Seit 1996 war er Kreisrat, dieses Amt übte er bis 2014 aus. Auch danach fand er keine Ruhe, setzte sich für seine Stadt Oettingen als Stadtrat ein; dieser Tage zog er sich aus dem Gremium zurück. Bürgermeisterin Petra Wagner würdigte dabei sowohl seine politische Leidenschaft als auch seine rationale, konsensorientierte Vorgehensweise.
Dieter Paus will sich weiter mit Politik beschäftigen – auf persönlicher Ebene in Gesprächen, ohne irgendwo belehren oder sich aufdrängen zu wollen. Das ist auch gar nicht nötig. Immer noch erhält er unzählige Einladungen von Vereinen und Freunden. Und auch in seiner Familie ist er gefragter denn je, nicht zuletzt bei den fünf Enkeln zwischen einem und 26 Jahren.