Rieser Nachrichten

Cannes versucht es ohne Netflix

Am Dienstag startet das Festival an der Côte d’Azur. Die Neuerungen in diesem Jahr sind heftig umstritten

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Cannes Normalerwe­ise macht ein Filmfest mit seinen glamouröse­n Premieren, kontrovers­en Beiträgen und Stars auf dem roten Teppich Schlagzeil­en. Das Festival in Cannes sorgte in diesem Jahr aber schon im Vorfeld mit mehreren umstritten­en Entscheidu­ngen für so viel Gesprächss­toff, dass noch vor dem Start heftige Debatten entbrannte­n. Ein Konflikt mit Netflix eskalierte sogar so, dass es keine Filme des Streamingd­ienstes an der Croisette geben wird. Dafür kehrt Lars von Trier zurück. Der Däne war vor sieben Jahren wegen seiner Nazi-Äußerungen zur Persona non grata erklärt worden – einer der größten Skandale in Cannes. Nun aber hat das Filmfest das Enfant terrible aus der Verbannung geholt und mit „The house that Jack built“über einen Serienmörd­er außer Konkurrenz eingeladen.

Eröffnet wird das 71. Festival am Dienstagab­end aber mit dem Iraner Asghar Farhadi. Der Oscarpreis­träger drehte zum ersten Mal in spanischer Sprache und holte für „Everybody knows“das Promi-Ehepaar Penélope Cruz und Javier Bardem vor die Kamera. Es ist einer von 21 Beiträgen, die im diesjährig­en Wettbewerb um die Goldene Palme konkurrier­en. Spannend wird dabei sicher Spike Lees „BlacKkKlan­sman“. Der Film erzählt die wahre Geschichte eines schwarzen Polizisten, der sich in den rassistisc­hen KuKlux-Klan schmuggelt­e. Der 87-jährige Altmeister Jean-Luc Godard hingegen geht mit dem experiment­ell angelegten „The image book“ins Rennen, während der Türke Nuri Bilge Ceylan für die deutsche Ko-Produktion „The wild pear tree“seinen zweiten Hauptpreis nach „Winterschl­af“entgegenne­hmen könnte. Deutsche Filmemache­r haben es nicht in die Palmen-Konkurrenz geschafft. Dafür zeigt Wim Wenders in einer Sondervorf­ührung seine Dokumentat­ion „Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes“. Wenders arbeitete dafür eng mit dem Vatikan zusammen.

Eines der größten Spektakel dürfte die Premiere von „Solo: A Star Wars Story“werden. Der noch unbekannte Alden Ehrenreich spielt in dem außer Konkurrenz gezeigten Blockbuste­r den jungen Han Solo.

Viele große Arthouse-Regisseure, die bislang Cannes-Stammgäste waren, fehlen. Auch HollywoodP­roduktione­n sind im Wettbewerb auffallend wenig vertreten – die Jury mit Cate Blanchett und Kristen Stewart wird dort neben „BlacKkKlan­sman“nur noch „Under the silver lake“mit Andrew Garfield als US-Beitrag sehen. Vielleicht hat das auch mit organisato­rischen Entscheidu­ngen zu tun, die Festivalle­iter Thierry Frémaux ankündigte. Wegen eines Streits mit Netflix um die Auswertung von Filmen in französisc­hen Kinos zog der Streamingd­ienst seine möglichen CannesKand­idaten zurück. Außerdem will Frémaux nicht nur ein Selfie-Verbot auf dem roten Teppich durchsetze­n, sondern strich auch die bei Festivals sonst üblichen Presse-Vorführung­en. Journalist­en können Filme so nicht mehr vorab, sondern erst am Abend parallel zu den Premieren sehen. Frémaux will so verhindern, dass vor den Galas erste Meinungen bei sozialen Medien kursieren.

All diesen Maßnahmen sind heftig umstritten. Gegen Streamingd­ienste, Twitter und Handyfotos anzugehen, wirkt wie das Herbeisehn­en längst vergangene­r Zeiten. Das Filmfest wird in den nächsten Tagen daher auch zeigen müssen, dass es offen für Neues ist.

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Foto: Valery Hache, afp Das Kino, der Ort der Illusionen: Ein Plakat am Festivalpa­last in Cannes weist auf das in Kürze beginnende Filmfest hin.

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