Rieser Nachrichten

Hitz geht mit einem Lächeln

Der FC Augsburg unterliegt im letzten Heimspiel der Saison Vizemeiste­r Schalke 04. Der Ausgang der Partie ist weit weniger interessan­t als die Emotionen zweier Augsburger

- VON JOHANNES GRAF

Augsburg Beide Trainer hatten ihre Sicht der Dinge dargestell­t und Fragen beantworte­t. Die Pressekonf­erenz nach der Begegnung zwischen dem FC Augsburg und dem FC Schalke 04 war folglich nahezu beendet, da ergriff Manuel Baum nochmals das Wort. Dem sonst so nüchtern wirkenden Analytiker lag etwas auf dem Herzen. Das letzte Heimspiel nahm er als Anlass, ein erstes Saisonfazi­t zu ziehen. Der FCA-Trainer blickte zurück: Auf einen überdimens­ionierten Kader und eine überrasche­nd gute Platzierun­g nach der ersten Saisonhälf­te, auf verletzte und einen ausgeschlo­ssenen Spieler nach der Winterpaus­e und den seiner Meinung nach „absolut verdienten Klassenerh­alt“.

Vor allem aber wollte sich der 38-Jährige bedanken. Den Tränen nahe und mit zittriger Stimme erwähnte er Familie, Trainertea­m, Mannschaft, Sportliche Leitung und Fans. Prinzipiel­l bedankte er sich so ziemlich bei jedem, der in irgendeine­r Form Einfluss auf seine Arbeit nimmt. Um niemanden zu vergessen, hatte Baum sich dies sogar auf einem Zettel notiert. Ganz zum Schluss sendete er noch eine Botschaft hinaus: „Ich finde es ganz wichtig, dass wir in Augsburg demütig, bodenständ­ig, loyal und dankbar bleiben, dass wir ein achtes Jahr in der Bundesliga bleiben“, sagte er und fügte hinzu: „Und hoffentlic­h auch ein neuntes Jahr.“

Der FCA hatte den Ligaverble­ib längst eingetütet. Das bedeutete nicht, dass diesem Nachmittag Emotionen fehlten. Davon überzeugen konnte sich unter anderem der ehemalige FCA-Präsident Walther Seinsch, der unter den Zuschauern weilte. In einer leidenscha­ftlichen Partie traf Thilo Kehrer doppelt für Schalke und Philipp Max für Augsburg. Zudem er- regten strittige Schiedsric­hterentsch­eidungen, packende Zweikämpfe und zahlreiche Torszenen die Gemüter. Nach Schlusspfi­ff feierten die Schalker auf dem Rasen ihren 2:1 (2:1)-Erfolg und den zweiten Tabellenpl­atz wie eine Meistersch­aft. 2001 beweinten die Königsblau­en den Vizetitel, bejubelten sie ihn. Während die Mannschaft von Coach Domenico Tedesco vor der zahlreich mitgereist­en Schalke-Anhängersc­haft ihren Glücksgefü­hlen freien Lauf ließ, erlebte Marwin Hitz rund hundert Meter entfernt vor den Augsburger Fans bewegende Momente anderer Art. Nach fünf Spielzeite­n verabschie­dete sich der Torwart aus Augsburg. Womöglich bestritt Hitz sein letztes Spiel im Augsburger Trikot. Dass er beim abschließe­nden Saisonspie­l in Freiburg nochmals zwischen den Pfosten steht, gilt als unwahrsche­inlich.

Auf dem Platz stand Hitz nie für Spektakel, seine Paraden, die er auch gegen Schalke gezeigt hatte, erschienen stets zweckmäßig. Äußerlich wirkte er kontrollie­rt und abgeklärt – selbst während seines Abschiedss­piels. Innerlich indes sah es diesmal ganz anders aus, wie er im Nachgang der Partie erläuterte. Hitz wollte die Begegnung „cool wie immer“angehen, sein Magen rebelliert­e jedoch. Frau Patricia diagnostiz­ierte, er sei wohl aufgeregt. Auch beim Einlaufen und während des Spiels begleitete­n Hitz wiederkehr­end wehmütige Gedanken, bestätigte er. Weniger der Bauch, vielmehr der Kopf habe hingegen entschiede­n, den Vertrag in Augsburg nicht zu verlängern. Hitz begründete dies mit „persönlich­en Zielen“, damit, sich „weiterentw­ickeln“und „menschlich durchsetze­n“zu wollen. Zum Gerücht, er werde sich Borussia Dortmund anschließe­n, äußerte er sich nicht. Ebenso wenig dazu, ob sein Wechsel mit der Schweizer Nationalma­nnschaft zu tun habe. „Heute ist nicht der Tag für Kampfansag­en“, sagte Hitz lädiesmal chelnd. Eines stellte er noch klar: Im vergangene­n Sommer wollte er den FCA nicht verlassen. Und: Ihm sei es nie um Zahlen, also ein besseres Angebot, gegangen. Dies bestätigte Sportgesch­äftsführer Stefan Reuter, der einen Wechsel von Hitz zum BVB vermutete. Hitz habe sich absolut korrekt verhalten – auch wenn ihm eine Vertragsve­rlängerung oder ein Verkauf im vergangene­n Sommer wohl lieber gewesen wäre. Augsburg Hitz – Schmid, Gouweleeuw, Hinteregge­r, Max – R. Khedira (90. Danso), Baier (79. Córdova) – M. Richter (73. Mo ravek), Gregoritsc­h, Caiuby – Finnbogaso­n Schalke Fährmann – Stambouli, Naldo, Kehrer – D. Caligiuri, Goretzka, McKennie, Schöpf – Burgstalle­r (89. Teuchert) – Ko nopljanka (84. Oczipka), Di Santo (66. Harit) Tore 0:1 Kehrer (23.), 1:1 Max (27.), 1:2 Kehrer (34.) Schiedsric­hter Kampka (Mainz) Zuschauer 30 660 (ausverkauf­t)

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Foto: Ulrich Wagner Er ist dann mal weg: Marwin Hitz (auf dem Arm Sohn Laurin René) verabschie­dete sich von den FCA Fans.
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Walther Seinsch

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