Zwei Schlösser Gemeinde Ederheim
Geschichtlicher Dorfrundgang bringt Erstaunliches ans Tageslicht. Von den historischen Bauwerken ist mittlerweile kaum noch etwas zu sehen
Ederheim Am Treffpunkt Mehrzweckhalle Ederheim warten sicher über 100 Interessierte. Die beiden Chronisten Kurt Kroepelin und Wolfgang Doesel, die zu diesem Sonntag-Nachmittag-Spaziergang geladen hatten, sind sichtlich angetan vom Zuspruch, den ihr angekündigter geschichtlicher Dorfrundgang zu den Spuren der Ederheimer Vergangenheit erfährt. Auch einer der Teilnehmer äußert sich positiv überrascht: „Ich dachte noch, wir wären mit höchstens zehn Leuten hier unterwegs“.
Die beiden Dozenten teilten die Besucher kurzerhand in zwei Gruppen, die sich auf den Weg zu teilweise längst verschwundenen Orten und Spuren von ehemaligen Schlössern, Handwerksbetrieben, Krämerladen, Wirts- und Schulhäusern, Kindergärten und auch jüdischen Einrichtungen wie Synagoge, Judenschule und -bädern machten. Der interessante und trotz drei Stunden Dauer kurzweilige Rundgang begann am Bierkeller des ehemaligen Gasthauses zum Weißen Roß, das seit dem ersten Drittel des 18. Jahrhunderts bestand und vor dem einst, wie Kurt Kroepelin ausführte, unter schattigen Linden sogar ein Sommerkeller betrieben wurde.
Das Gasthaus selbst war seinerzeit erste Wahl in Ederheim, so ziemlich alles wurde dort gefeiert. In den 1970er-Jahren begann der Abstieg zur reinen Bierwirtschaft und mit dem Tod von Wirtin Margarethe Schröppel 1991 endete die Geschichte des Gasthauses. Was gleich beim nächsten Haltepunkt der Wanderung zutage kam, war, dass Ederheim über Jahrhunderte Sitz von niederadeligen Herrschaftsträgern war. Im Mittelalter gab es offenbar drei Adelssitze in Ederheim. Allerdings sind nur noch vom sogenannten Oberen Schloss Reste erkennbar, das untere „Jagstheimische Schlössle“war schon 1707 nur noch ein etwas erhöhter Steinhaufen. Ein Burgstall mit Wassergraben in der Nähe der Kirche ist nur für Fachleute erkennbar. Auch Wolfgang Doesel erklärte seiner Gruppe anhand von Schaubildern exakt die Gebäude des Oberen Schlosses zu Zeiten des Freiherrn von Elster. Heute befinden sich anstelle des alten stattlichen Hauptgebäudes zwei Wohnhäuser. Der Schlossstadel, der südlich gelegene Weiher, Schlossgarten und Schlossgartenacker sind verschwunden und an diesem Sonntag nur durch die gezeigten Karten und Schautafeln ganz kurz wieder in der Fantasie zum Leben erwacht. Weiter ging es den als Mühlbach dienenden Retzenbach entlang, der im Lauf der Jahrhunderte wohl etliche Male verlegt wurde und heute nur noch marginal erkennbar ist. Vorbei an ehemaligen Schulgebäuden und Handwerksbetrieben, die heute noch anhand ihrer Hausnamen zu lokalisieren sind.
Viele der Teilnehmer konnten sich während der anregenden Gespräche an vergessene Details erinnern. Vor der ehemaligen Dorfmühle kam ein interessantes Detail zur Sprache: Ende des 19. Jahrhunderts grub die Stadt Nördlingen – aus Sicht der Ederheimer – für ihre zentrale Wasserversorgung den Ederheimern buchstäblich das Wasser ab. Erst nach zähen Verhandlungen wurde diese Sache rechtens und als Ausgleich für das fehlende Wasser wurde für die Mühlen der Thalmühlweiher als Schwellweiher eingerichtet, die Dorfmühle selbst baute nach der Jahrhundertwende einen Schwellweiher mitten in den Gärten im Dorf. Nur der Thalmühlweiher existiert noch in leicht veränderter Form.
Den Abschluss des Rundganges bildete das ehemalige Judenviertel mit seinen zahlreichen Standorten und Anekdoten (es gab wahrscheinlich sogar zwei Ritualbäder in Ederheim), welche die beiden „Erzähler“, immer wieder von Zwischenfragen unterbrochen, kompetent und anschaulich erklärten.
Übrigens bestanden die Gruppen keineswegs nur aus älteren Semestern, Menschen jeden Alters beteiligten sich interessiert am Rundgang und nicht wenige kehrten, zusammen mit den Dozenten, anschließend zu einer bestimmt sehr anregenden „Nachbesprechung“ins Gasthaus Lamm ein.