Unverhoffte Chancen aufs Eigenheim
Mehr als die Hälfte der Kommunen im Kreis hat Baulücken und Leerstände abgefragt. Das Ergebnis zeigt: Zahlreiche Grundstücksbesitzer sind durchaus verkaufsbereit
Landkreis In vielen Orten des Landkreises ist die Nachfrage nach Bauplätzen weiterhin groß. Doch nicht immer ist es für eine Kommune möglich, (schnell) neue Baugebiete auszuweisen und zu erschließen. Nach Ansicht der Grünen werden in Bayern ohnehin viel zu viele Flächen verbaut. 13 Hektar sind es, die im Freistaat Tag für Tag unter Beton oder Asphalt verschwinden. Deshalb haben die Grünen auch ein „Volksbegehren gegen den Flächenfraß“initiiert. Ziel ist es, den Wert auf fünf Hektar täglich zu reduzieren. „Wenn das so kommt und man bricht die Zahl auf eine kleine Gemeinde herunter, dann bleibt nicht mehr viel übrig“, sagte Landrat Stefan Rößle. Das Thema, das am Donnerstagabend im Landratsamt behandelt wurde, sei also brandaktuell. Es ging um die „Innenentwicklung im Landkreis Donau-Ries“.
Das Projekt läuft in der Region bereits seit April 2015. Damals hatten sich sechs Kommunen beteiligt, die ihre Leerstände und Baulücken ermittelt und deren Eigentümer nach ihrer Verkaufsbereitschaft gefragt hatten. So wechselten 40 Flächen den Besitzer. „Das ist praktisch ein Baugebiet, das man sich gespart hat“, so Rößle. Wegen der positiven Resonanz wurde die Maßnahme ausgeweitet, dieses Mal machten 24 Kommunen mit, die sich damit aktiv um ihre Innenentwicklung kümmern wollen. Mit dieser hohen Beteiligung habe der Landkreis in Bayern „Modellcharakter“, sagte Barbara Wunder, die am Landratsamt für das Projekt zuständig ist.
Abgefragt wurden Baulücken, geringfügig bebaute Grundstücke, leer stehende Hofstellen und Wohngebäude, gewerbliche Brachflächen und Objekte, die durch einen anstehenden Generationswechsel von Leerstand bedroht sind. Wie Sabine Müller-Herbers vom Projektpartner Baader Konzept erläuterte, wurden auf diese Weise insgesamt rund 2500 sogenannte „Potenzialflächen“auf 356 Hektar ermittelt. Den Großteil davon stellen die Baulücken (1290) dar. Auf die Fragebögen haben 557 Eigentümer geantwortet. „Das ist eine gute Quote, die Antwort ist ja freiwillig“, so Wunder. 78 Grundstücksbesitzer gaben an, dass sie gerne verkaufen würden. Von den 315 angeschriebenen Besitzern von Leerständen meldeten sich 123 zurück, von denen wiederum 22 ihre Verkaufsbereitschaft kundtaten.
In den teilnehmenden Städten und Gemeinden können also genau 100 Grundstücke erworben werden. „Ein respektables Ergebnis“, freut sich Landrat Rößle. Ohne das Projekt wäre man auf diese Flächen wohl nicht gekommen. „Das sind zwei größere Baugebiete, die man sich im Landkreis sparen könnte – falls der Verkauf klappt.“Wie Bar- bara Wunder erklärte, werden in der Region bis zum Jahr 2035 4,5 Prozent mehr Menschen als heute leben. Sie sprach die Zwickmühle an: „Dafür brauchen wir natürlich Wohnraum, aber eigentlich sollen nicht noch mehr Flächen versiegelt werden.“Deshalb sei es wichtig, dass die Bevölkerung und insbesondere die Eigentümer von leer stehenden Objekten und unbebauten Grundstücken für das Thema nachhaltig sensibilisiert werden. „Jede einzelne Fläche ist ein Gewinn für die Gemeinde und die Region“, ergänzte Stefan Rößle.
Einen Erfahrungsbericht gab Daniel Stimpfle von der Verwaltungsgemeinschaft Ries ab, bei der sieben Mitgliedsgemeinden mitgemacht hatten. Dort wurden zehn Grundstücke gefunden, die veräußert werden sollen. Stimpfle berichtete, dass manche Bürgermeister überrascht von der hohen Verkaufsbereitschaft gewesen seien. Für Maria Mittl, Rathauschefin in Rögling, ist es eine wichtige Aufgabe, Leerstände und Baulücken zu aktivieren. „Man muss aber mit den Leuten Geduld haben und private Interessen akzeptieren. Aber auch kleine Erfolge zählen.“In Wemding wechselten bereits drei Objekte den Besitzer, wie Judith Strohhofer aus der Stadtverwaltung mitteilte. Sie sagte, es sei in der Bevölkerung generell ein Denkprozess entstanden. „Das Thema wird von den Bürgern wahrgenommen und unterstützt.“
Im weiteren Fortgang in Sachen Flächenmanagement und Innenentwicklung soll im Internet eine kostenlose Immobilienbörse auf dem Regionalportal des Landkreises Donau-Ries eingerichtet werden, wie Barbara Wunder ankündigte. „Die Erfassung ist das Eine. Das Potenzial muss aber schließlich auch aktiviert und die Flächen müssen bebaut werden“, sagte Wunder. Selbstverständlich könnten sich Kommunen und auch Bürger weiterhin beraten lassen. Mit der Nutzung von bereits vorhandenen Grundstücken gingen eine Verjüngung der Ortskerne, eine effiziente Nutzung der Infrastruktur sowie der Erhalt der Immobilienwerte einher. Wunder: „Ein Aushängeschild für den Bürgermeister muss nicht immer ein neues Baugebiet sein. Auch im Bestand kann viel passieren.