Plädoyer fürs Impfen
Im Klösterle referieren Experten über Impfungen. Quote ist im Ries niedriger als im südlichen Landkreis
Nördlingen Seit Jahrzehnten wird das Thema kontrovers diskutiert: Soll ich mich und meine Kinder zum Schutz vor Infektionskrankheiten impfen lassen, oder ist das Risiko, dabei möglicherweise einen Impfschaden zu erleiden, zu hoch? Diese Frage stellten sich jetzt auch die Verantwortlichen der Gesundheitsregion plus Donau-Ries und luden zu einer Informationsveranstaltung nach Nördlingen ein. Knapp 200 Zuhörer waren in den Stadtsaal Klösterle gekommen, um mit Professor Dr. Reinhard Burger und Professor Dr. Lutz Gürtler zwei ausgewiesene Experten auf diesem Gebiet zu hören, ihnen gegenüber aber auch kritische Anmerkungen zu machen. Initiator und Moderator des Abends war Professor Dr. Wolfgang Schramm, emeritierter Professor der Uni München und Mitglied im Verwaltungsrat des gKU.
Zu Beginn beleuchtete der Leiter des Gesundheitsamtes am Landratsamt, Dr. Rainer Mainka, den Impfstatus im Landkreis. Sorgen bereiten Mainka die unterschiedlichen Impfquoten von Kindern. Während sich die erfolgten Schutzimpfungen in Kindertagesstätten und Schulen der Kommunen im südlichen Teil größtenteils im „grünen Bereich“bewegten, sei dies im Norden, also speziell im Ries, ganz anders. Dort gebe es teilweise erhebliche Defizite, stellte Mainka fest. Am stärksten auffallen würden die Waldkindergärten und die Deininger Montessori-Schule mit zum Teil extrem niedrigen Impfraten von unter 25 Prozent. Zielmarke wären speziell für gefährdete Kinder 95 Prozent. Insgesamt rückläufig seien zudem die Quoten bei den Einschulungsuntersuchungen sowie den Auffrischungsimpfungen, was man anhand der vorgelegten Impfbücher gut nachvollziehen könne. Sinn und Erfolg von Schutzimpfungen machte Dr. Mainka an einem Beispiel deutlich: Bei rund 600 gegen die Influenza-Grippe geimpften Asylbewerber in der Erstaufnahmeeinrichtung in Donauwörth habe es in der Wintersaison 2017/18 keinen einzigen Influenzafall gegeben. Unabhängig davon plädierte Mainka für die Schutzimpfungen sowohl bei Erwachsenen, als auch bei Kindern, die wissenschaftlich basiert von der Ständigen Impfkommission (Stiko) des Robert-Koch-Institutes empfohlen würden. Hiermit sei man auf der sicheren Seite. Für die entsprechenden Beratungen stünden die Haus- und Kinderärzte sowie das Gesundheitsamt zur Verfügung.
Professor Burger, früherer Präsident des Robert-Koch-Instituts in Berlin, das unter anderem die Bundesregierung in Gesundheitsfragen berät, brachte das Thema des Abends auf einen kurzen Nenner: „Impfen ist einfach und effektiv.“Impfungen hätten in der Vergangenheit zu einem „drastischen Rückgang“von Infektionskrankheiten geführt und nützten der gesamten Bevölkerung. Burger plädierte vehement für ausreichend hohe Impfquoten, weil man damit speziell die Ausbreitung von Infektionen verhindern könne. Die Ärzteschaft rief der Professor dazu auf, das Impfen gegenüber ihren Patienten nachhaltiger zu vertreten. Er persönlich empfehle neben einer Impfung gegen die Influenza auch welche gegen Hepatitis B sowie speziell bei Mädchen und jungen Frauen gegen Gebärmutterhalskrebs vor dem ersten sexuellen Kontakt.
Professor Gürtler wies auf die großen Probleme der Experten hin vorauszusehen, welche Viren auf die Menschheit zukämen. Er machte auch manchen Optimisten keinerlei Hoffnungen, dass beispielsweise der Influenza-Virus irgendwann einmal ausgerottet werden könnte. Gürtler hob auch die Bedeutung von Schutzimpfungen beim ärztlichen Personal hervor.
Landrat Stefan Rößle brachte eine Impfpflicht ins Spiel, von der die Professoren Burger und Gürtler allerdings nicht glauben, dass sie in Deutschland jemals eingeführt werde. Rößle wollte auch den Aspekt Impfschäden nicht unerwähnt lassen, der auch von einigen Zuhörern kritisch angesprochen wurde. Die Experten räumten auf Nachfrage ein, dass so etwas durchaus vorkommen könne.
Allerdings stehe der Nutzen von Schutzimpfungen weit über dem Risiko, gesundheitliche Schäden davon zu tragen.