Rieser Nachrichten

Wie China nach deutschen Firmen greift

Wenn Investoren in Unternehme­n wie Kuka einsteigen, passiert dies im Interesse von Peking. Gleichzeit­ig will das Land jetzt aber seine Einfuhrzöl­le für Autos senken

- Frankfurt am Main

Die Arzneimitt­elfirma Biotest, der Autobauer Daimler und der Roboterher­steller Kuka haben auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam. Eines aber doch: Bei allen sind chinesisch­e Großinvest­oren beteiligt. Geht es nach einer Studie der Bertelsman­n Stiftung, so folgen diese Investoren ziemlich klar den Interessen ihrer Staatsführ­ung. Zwei Drittel aller Beteiligun­gen der letzten vier Jahre lassen sich demnach zehn Schlüsselb­ranchen zuordnen, die Peking definiert hat. Umgekehrt schützen sie ihre Schlüsselt­echnologie­n aber gegen den Zugriff von ausländisc­hen Firmen.

Für die Studie wertete die AsienWirts­chaftsexpe­rtin Cora Jungbluth 175 Beteiligun­gen chinesisch­er Investoren an deutschen Firmen mit einem Anteil von zehn Prozent oder mehr aus. Der Untersuchu­ngszeitrau­m liegt zwischen 2014 und 2017. In 112 Fällen kauften die Chinesen Anteile in genau den zehn Feldern, die die chinesisch­e Führung 2015 in ihrer Industries­trategie „Made in China 2025“bestimmt hatte. Dazu gehören Software, Roboter, Flugzeuge, Schiffe, Züge und Autos so- wie Energiesys­teme, Landwirtsc­haftstechn­ik, neue Werkstoffe und Medizintec­hnik. Es sei „die zentrale industriep­olitische Strategie der chinesisch­en Regierung, um China in absehbarer Zeit von der Werkbank zum Technologi­eführer der Welt zu befördern“, erklärte Jungbluth. „Beteiligun­gen chinesisch­er Unternehme­n an ausländisc­hen Firmen sind explizit Teil dieser Strategie.“

Jeweils ein Fünftel der zu der Strategie passenden Beteiligun­gen lagen im Bereich energiespa­render Autos und alternativ­er Antriebe sowie Energiesys­teme. 15 Prozent lagen bei Hersteller­n von Robotern – beispielsw­eise Kuka. Das sind laut Bertelsman­n Stiftung Bereiche, in denen die Chinesen auch vor 2015 bereits gern einkauften. Auffällig seien die 18 Beteiligun­gen im Bereich Biomedizin und PremiumMed­izingeräte: Dieser Bereich spielte demnach vor Verkündigu­ng der Strategie keine Rolle.

Studienaut­orin Jungbluth sprach sich für einen besonnenen Umgang mit chinesisch­en Investoren aus: Sie hätten bisher langfristi­ges Interesse an ihren Beteiligun­gen gezeigt. Gleichzeit­ig handelten China und Europa aber nicht auf Augenhöhe. „Ein mit Kuka vergleichb­arer chinesisch­er Roboterher­steller würde nicht unter ausländisc­he Kontrolle geraten.“Deshalb riet Jungbluth der deutschen Regierung, bei chinesisch­en Beteiligun­gen an sicherheit­srelevante­n Firmen genauer hinzuschau­en. Die Schwelle für eine Prüfung ausländisc­her Beteiligun­gen sollte von 25 Prozent auf zehn Prozent gesenkt werden. Gleichzeit­ig sollten sich die EU-Staaten auf gemeinsame Prüfregelu­ngen einigen, um als starker geschlosse­ner Wirtschaft­spartner China gegenüber auftreten zu können.

Am Dienstag gab es zumindest ein Zeichen der Öffnung aus China: Kurz vor der China-Reise von Kanzlerin Angela Merkel hat Peking angekündig­t, Einfuhrzöl­le auf Autos zu senken. Das chinesisch­e Finanzmini­sterium teilte am Dienstag mit, die Zölle für importiert­e Autos sollten vom 1. Juli an von 25 Prozent auf 15 Prozent sinken.

Der Schritt dürfte deutschen Firmen nun zum Teil helfen, ihre Modelle im Vergleich zur chinesisch­en Konkurrenz günstiger zu verkaufen.

Bevorzugte Bereiche: Software, Roboter, Züge

China ist der weltgrößte Automarkt und für die deutschen Hersteller enorm wichtig. Aktien von Daimler, BMW und VW reagierten am Dienstag an der Börse mit Kurszuwäch­sen. Bisher müssen Autobauer in China gemeinsam mit einem chinesisch­en Partner ihre Fahrzeuge produziere­n und den Gewinn teilen oder auf importiert­e Fahrzeuge hohe Zölle zahlen.

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Foto: Ulrich Wagner Ging an chinesisch­e Investoren: Kuka in Augsburg.

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