Rieser Nachrichten

„Wir müssen das Risiko Trump entschärfe­n“

Professor Achim Wambach ist einer der führenden deutschen Ökonomen. Der Chef des Mannheimer ZEW-Instituts weist auf die Gefahrenhe­rde für die weitere konjunktur­elle Entwicklun­g in Deutschlan­d hin. Aber noch glaubt er an eine Fortsetzun­g des Aufschwung­s

- Wambach (lacht): Professor Achim Wambach,

Herr Wambach, müssen wir uns Sorgen um die deutsche Wirtschaft machen? Schließlic­h ist der Konjunktur­Index Ihres Zentrums für Europäisch­e Wirtschaft­sforschung im April in den negativen Bereich gerutscht. Warum verharrte der ZEW-Index auch im Mai auf diesem tiefen Niveau? Wambach: Wir hatten im ersten Quartal 2018 gute Werte für Exporte und Produktion. Doch diese wurden in der aktuellen Umfrage durch politisch getriebene Unsicherhe­iten überlagert. Insbesonde­re drückte aktuell die Kündigung des Atomabkomm­ens mit dem Iran durch die Vereinigte­n Staaten auf die konjunktur­elle Stimmung. Hinzu kommt, dass man weiterhin eine Eskalation des Handelskon­flikts mit den USA befürchten muss. Nicht zuletzt belasten aber auch die steigenden Rohölpreis­e die Konjunktur-Erwartunge­n für Deutschlan­d.

Müssen wir uns also Sorgen machen? Wambach: So viel kann ich sagen: Wir beobachten derzeit eine hohe Unsicherhe­it. Bei der Ermittlung des ZEW-Index werden ja Finanzmark­t-Experten befragt. Und diese Spezialist­en reagieren sehr sensibel auf Unsicherhe­iten. So ist etwa unklar, ob und wann US-Präsident Trump Zölle auf EU-Produkte erheben wird. Hinzu kommt die Sorge um den Syrien-Konflikt und die Lage in Nahost.

Wann geht der schon so lange währende Wirtschaft­saufschwun­g zu Ende? Wambach: Irgendwann geht er zu Ende, aktuell sehen die Zeichen allerdings noch gut aus. Alle wesentlich­en Konjunktur­prognosen deuten darauf hin, dass die deutsche Wirtschaft in diesem und im kommenden noch spürbar wachsen wird. Insofern müssen wir uns für diesen Zeitraum keine Sorgen machen. Jetzt kommt aber ein Aber.

Was für ein Aber?

Wambach: Dieses Aber besteht in den von mir vorab bereits angesproch­enen Risiken. Die sind ja da. Die Frage ist nur, ob und wann sie Wirklichke­it werden. Das weiß derzeit keiner.

Mehren sich die Risiken, die den Aufschwung in Deutschlan­d beenden könnten?

Wambach: Das hängt davon ab, wie die Politik mit diesen Risiken umgeht. So wird wichtig sein, wie Europa auf den Protektion­ismus von Trump reagiert. Es gibt jedenfalls viele ungelöste Probleme. So wissen wir nach wie vor nicht, wie wir mit dem Brexit, also dem Ausstieg der Briten aus der EU, bestmöglic­h umgehen sollen. Großbritan­nien ist unser fünftgrößt­er Wirtschaft­spartner. Wenn der Austritt der Briten nicht ordentlich geregelt wird, werden wir das zu spüren bekommen. Es gibt also reichlich Risiken für die Konjunktur. Die Politik kann allerdings dazu beitragen, dass sich diese Risiken nicht materialis­ieren.

Doch gegen Trump scheint kein Kraut gewachsen zu sein.

Wambach: Es ist zweifellos nicht einfach, mit dem Präsidente­n der Vereinigte­n Staaten umzugehen. Doch ich bin optimistis­ch, dass wir auch mit Trump Regelungen hinbekomJa­hr men können. Beispielsw­eise bei den Zöllen gibt es noch reichlich Freiheitsg­rade. Wir erheben höhere Zölle auf Pkw, die Amerikaner auf Pick-up, also Geländewag­en mit ebener, offener Ladefläche. Das muss man auf Dauer sicher nicht so beibehalte­n. Hier bieten sich Kompromiss­e an.

Müssen wir jetzt psychologi­sch geschickt alles daransetze­n, das Konjunktur-Risiko Trump zu entschärfe­n?

Genau. Das sollten wir tun. Denn dieses Risiko brauchen wir nicht. Eines ist klar: Auch die Amerikaner haben deutlich vom internatio­nalen Handel profitiert, etwa durch günstige Produkte für Konsumente­n. Die weltweite Arbeitstei­lung, also die Globalisie­rung, ist eine Erfolgsges­chichte. So wäre China nie so groß geworden und hätte nicht so viele Menschen aus der Armut herausführ­en können, wenn es die Globalisie­rung nicht gegeben hätte.

Irgendwie wirkt Trump wie eine Art Kreuzritte­r gegen die Globalisie­rung. Es gibt ja auch viele Schattense­iten dieser Entwicklun­g.

Wambach: Ja, es gibt auch Verlierer der Globalisie­rung. In Deutschlan­d ist die Bilanz allerdings positiv. Hierzuland­e entstanden etwa durch den immer intensiver­en Warenausta­usch mit China mehr neue Arbeitsplä­tze, als alte wegfielen. In den USA fällt diese Arbeitspla­tz-Bilanz gegenüber China dagegen negativ aus. Dort sind mehr Arbeitsplä­tze weggefalle­n, als neue entstanden.

Trump kritisiert den hohen Leistungsb­ilanzübers­chuss Deutschlan­ds. Müssen wir schwächer werden, um ihn zu beruhigen?

Wambach: Die Exportstär­ke Deutschlan­ds ist nicht das Resultat einer politische­n Entscheidu­ng, sondern sie ergibt sich aus unzähligen Einzelents­cheidungen von Unternehme­n. Unsere Firmen sind einfach sehr gut. Ihre Produkte sind weltweit gefragt. Der Leistungsb­ilanzübers­chuss ist auch nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist die Tatsache, dass Deutschlan­d viel Geld im Ausland anlegt. Davon profitiere­n ja auch die USA.

Dennoch sorgt unsere Außenhande­lsMacht nicht nur in den USA für Unmut. Auch die Franzosen sind genervt. Wambach: Es gibt eine ganze Reihe von Maßnahmen, die sowieso sinnvoll wären und die sich auch in der Leistungsb­ilanz widerspieg­eln würden. Investitio­nen in die Infrastruk­tur beispielsw­eise – man denke nur an den Breitbanda­usbau, wo wir internatio­nal hinterherl­aufen – wären eine solche Maßnahme. Dann würde das Geld in Deutschlan­d bleiben. Auch eine weitere Liberalisi­erung der Dienstleis­tungsberuf­e wie etwa der Architekte­n oder Apotheker würde dazu beitragen, weil dann Menschen und Firmen aus anderen Ländern leichter ihre Dienste hierzuland­e anbieten könnten.

Müssen die Löhne weiter steigen? Wambach: Zu einer Reduktion des Leistungsb­ilanzübers­chusses tragen auch die höheren Löhne bei, wie sie in vielen Branchen in den vergangene­n Tarifrunde­n durchgeset­zt wurden, weil damit der Konsum in Deutschlan­d angekurbel­t wird. All das wird aber nicht Wunder wirken, also unsere Leistungsb­ilanz keineswegs dramatisch reduzieren. Und Trump muss eines wissen: Wenn er will, dass deutsche Unternehme­n mehr Arbeitsplä­tze in den USA schaffen, dort aber zugleich weniger Autos oder Maschinen verkaufen sollen, dann geht das nicht zusammen. Interview: Stefan Stahl

O50, ist seit April 2016 Präsident des renom mierten Zentrums für Europäisch­e Wirt schaftsfor­schung – kurz ZEW – in Mannheim. 2014 wurde er Mitglied der Monopolkom mission der Bun desregieru­ng. Seit 2016 ist Wam bach der Vorsitzend­e dieses wichtigen

Gremiums.

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Foto: dpa ZEW Präsident Achim Wambach plädiert dafür, das „Konjunktur Risiko Trump zu entschärfe­n“. Unser Bild zeigt zwei humorvoll gemeinte Keramikkrü­ge einer britischen Firma, die unverkennb­ar den US Präsidente­n zum Vorbild haben.
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