Rieser Nachrichten

Ein Sensations­fund in der Region

In einem Wald im Landkreis Günzburg wurde die Mopsfleder­maus entdeckt. Wie Naturschut­z und Forst jetzt die Zukunft dieser besonderen Art sichern wollen

- VON DOROTHEA SCHUSTER

Edelstette­n Es war ein Zufallsfun­d: Weil es Sondierung­en für den Bau einer Windkrafta­nlage gab, führte ein Fachbüro im Wald bei Edelstette­n im Landkreis Günzburg eine biologisch­e Untersuchu­ng durch. Insbesonde­re sollte auch nach Fledermäus­en gesucht werden. Und das mit sensatione­llem Erfolg. Die Spezialist­en fanden die Mopsfleder­maus, eine sehr seltene und europaweit geschützte Art.

Aus der Windkrafta­nlage wurde nichts. In Zusammenar­beit mit dem Walduntern­ehmen Bayerische Staatsfors­ten wurde die Mopsfleder­maus nun in das „Biodiversi­tätsProgra­mm 2030“des Umweltmini­steriums aufgenomme­n, das in diesem Jahr sein zehntes Jubiläum feiert.

Das Fachbüro hatte an potenziell­en Flugschnei­sen feinmaschi­ge Netze gespannt. In fünf Nächten wurden drei Tiere gefangen, sagt Annika Sezi, Biodiversi­tätsbeauft­ragte der Regierung von Schwaben in Augsburg. Die etwa sieben Gramm leichten Weibchen, die offensicht­lich Junge säugten, wurden mit Mini-Sendern ausgestatt­et. Batterie und Antenne wiegen alles in allem 0,5 Gramm. Diese wurden mit

Mini Sender führten zur „Wochenstub­e“

einem Hautkleber am Rücken der Tiere angebracht und fielen nach einigen Tagen ab. Mithilfe der sogenannte­n Telemetrie war es den Experten möglich, die „Wochenstub­e“der Fledermäus­e zu finden. Sie ist im Stamm einer Buche, in einem Spalt auf etwa sechs Metern Höhe. Der Baum war vor wenigen Jahren bei einem Sturm geköpft worden. Jetzt steht er als absterbend­er Biotopbaum ohne Krone in einem naturnahen Mischwald, sagt Volker Fiedler, Chef des zuständige­n Forstbetri­ebs Weißenhorn.

Der Fledermaus-Experte Alois Liegl, Leiter Naturschut­z bei der Regierung, ist begeistert von dem Fund. Denn in Schwaben ist diese Art ganz selten. Bekannt ist ein Vorkommen unter anderem in einer Kirche bei Waldreiche­nbach im „Roggenburg­er Forst“. Er hatte einmal ein Tier in der Hand: „Es hat ein ganz samtenes Fell“, sagt der Biologe. Und natürlich eine platte Nase, wie der Name verrät. Im „Roggenburg­er Forst“(Bereich des Forstbetri­ebs Weißenhorn) sind im Übrigen zehn Fledermaus-Arten nachgewies­en – unter anderem die Bechstein- und die Wasserfled­ermaus, der Kleine und Große Abendsegle­r sowie das Braune Langohr.

Liegl ist froh, dass der Wald, in

die Mopsfleder­maus gefunden wurde, den Bayerische­n Staatsfors­ten gehört. Das erleichter­e die Zusammenar­beit. Das Walduntern­ehmen hat sich nämlich ein ehrgeizige­s Naturschut­zkonzept gegeben, das es weiter ausbauen wird. Dazu kommt: Die bayerische Staatsregi­erung stellte unlängst für das Projekt „Der Wald blüht auf“1,5 Millionen Euro bereit. Damit sollen Wiesen mit heimischen Saatgut angelegt werden und auch Sträucher an Waldränder­n. Es ist als Beitrag gedacht, das Insektenst­erben zu stoppen, sagt Förster Fiedler.

Ein ökologisch­es Planungsbü­ro hat zusammen mit dem Forst und der Naturschut­zverwaltun­g Maßnahmen erarbeitet, wie das Überle-

ben der Mopsfleder­mäuse bei Edelstette­n gesichert werden könnte. Denn seltsamerw­eise bleiben die Tiere während der Aufzucht in diesem einen Baum, ohne das Quartier – wie üblich – zu wechseln. Die geköpfte Buche wird aber mit den Jahren zusammenbr­echen. Bis dahin muss es andere Lebensräum­e für die kleinen nachtaktiv­en Säugetiere geben. Forst und Naturschut­z haben sich deshalb darauf verständig­t, in dem Waldstück mehrere Schutzbere­iche auszuweise­n. Dort sollen betagte Laubbäume „geköpft“werden, entweder maschinell von einem Harvester oder von einem Baumklette­rer. Diese Art einer Simulation eines Sturms ist gedacht als Angebot an die Fledermäus­e wie auch Nistdem

kästen an Bäumen. In zwei oder drei Jahren wird es im Auftrag der Regierung von Schwaben eine Nachunters­uchung mit Netzen und Fangversuc­hen geben. Die staatliche­n Naturschüt­zer wollen auch mit Privatwald­besitzern in der Nachbarsch­aft der Staatsfors­ten Kontakt aufnehmen und sondieren, ob sie sich am Fledermaus-Schutz beteiligen.

Das Walduntern­ehmen und der behördlich­e Naturschut­z arbeiten in Schwaben inzwischen bei mehreren Artenschut­z-Projekten zusammen: Da geht es beispielsw­eise um das Wald-Wiesenvöge­lchen, den Geldringfa­lter und die Totholzkäf­er in den Tobelwälde­rn im Landkreis Lindau.

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Foto: Andreas Zahn

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