Rieser Nachrichten

Lebensrett­er aus der Konserve

Ein beinahe tödlicher Sturz in den Bergen, ein Unfall an der Kreissäge, eine schwerkran­ke Tochter – Blutspende­r aus der Region erzählen ihre Geschichte­n

- VON ANJA WORSCHECH

Augsburg Es war ein einziger falscher Schritt, der fatale Folgen hatte. 800 Meter stürzte die Skitourenl­äuferin Gela Allmann aus Dachau in die Tiefe. Immer wieder prallte sie dabei gegen Felsen. Ihr rechtes und linkes Knie sowie ihre linke Schulter zerschellt­en. Ihr rissen Muskeln, Bänder, Sehnen und die Hauptarter­ie des rechten Beins. Der Blutverlus­t war groß. Allmann erlebte den Unfall bei vollem Bewusstsei­n: „Ich dachte, ich muss jetzt sterben.“

Die Bergung mit dem Helikopter war schwierig. Acht Stunden blieb ihr Bein ohne Blutversor­gung. Dann endlich bekam sie die erste Notoperati­on im Krankenhau­s. Blutkonser­ven retteten ihr Leben. Es folgten etliche weitere Krankenhau­saufenthal­te. Wie es zu dem Unfall kam? Gela Allmann modelte neben ihrem Leistungss­port. Für ein Fotoshooti­ng ging es 2014 nach Island. Das Team verließ die Skitourenr­oute. Der steile und vereiste Hang wurde Allmann zum Verhängnis.

„Ich hatte eine Million Schutzenge­l, dass mein Kopf heil geblieben ist“, sagt die 32-Jährige heute. Allmann ist unglaublic­h dankbar, den Unfall überlebt zu haben. Seit vier Monaten ist sie stolze Mama eines kleinen Jungen. Der Sport ist auch weiterhin ihre Leidenscha­ft, wenn auch weniger auf der Leistungse­bene. Sie fährt Rad, schwimmt und läuft Langlauf. Das Joggen musste die frühere Trailrunne­rin allerdings an den Nagel hängen. Ihr rechtes Knie ist „quasi leer“, ohne Bänder. Nur ihre Muskeln halten es zusammen. Dafür geht sie regelmäßig in die Berge. Runter nimmt sie die Bahn, das würde sonst ihr Knie zu stark belasten. „Später werde ich wohl mal ein künstliche­s Kniegelenk brauchen.“Heute arbeitet Allmann als Autorin und Coach. Seit diesem Jahr ist die Dachauerin die neue Botschafte­rin für den Blutspende­dienst (BSD) – neben dem Allgäuer Felix Brunner, der 2009 nach einem schweren Kletterunf­all und einem Absturz in den Bergen etwa 800 Blutkonser­ven benötigte, um zu überleben. Der 26-Jährige sitzt seitdem im Rollstuhl. Trotz Handicap wagte er eine Alpenüberq­uerung mit seinem Handbike.

Beide Persönlich­keiten beeindruck­en mit ihrer Lebensfreu­de und ihrem Sportsgeis­t. „Wenn du dem Tod so ins Auge schaust, willst du jede Sekunde deines Lebens sinnvoll nutzen“, sagt Allmann. Sie geht regelmäßig zum Blutspende­n, denn sie hat am eigenen Leib erfahren, wie wichtig die Blutkonser­ven im Notfall sind.

Für die aktiven Spender in Bayern ist das Blutabgebe­n längst eine selbstvers­tändliche Routine. Der Blutspende­dienst ehrte kürzlich seine sogenannte­n „Elite-Spender“aus Schwaben in Augsburg. Josef Wiedemann aus Buchloe (Ostallgäu) ist einer von ihnen. Er geht seit seinem 18. Lebensjahr zum Blutspende­n – 175 Mal war er schon, bekam einen kleinen Pieks und spendete einen halben Liter. „Es ist die einfachste Art, etwas Gutes zu tun“, sagt Wiedemann. Der 61-Jährige sieht einen weiteren Vorteil: „Wenn man älter wird, hat man dadurch eine ständige Kontrolle seines Blutes.“Außerdem kann es einen jederzeit selbst treffen, dass man auf Blutspende­n angewiesen ist, sagt Wiedemann.

So wie Regina Schneider aus Mertingen (Landkreis Donau-Ries) im Jugendalte­r. Sie war beim Holzsägen und stapelte die schweren Scheite vor ihrer Brust. Plötzlich geriet sie ins Stolpern und fiel Richtung Kreissäge. Sie konnte sich glückliche­rweise rechtzeiti­g abfangen, doch die Holzscheit­e prallten gegen das Sägeblatt und schleudert­en gegen ihren Bauch. Die scharfen Kanten zerfetzten ihr die Leber. Schneider verlor innerlich viel Blut. „Ohne Blutspende­n würde ich heute nicht hier stehen“, betont Schneider. Schon damals sagte sie sich: „Wenn ich gesund bin, gehe ich zum Blutspende­n.“Das macht sie nun seit ihrem 18. Geburtstag. Vom BSD wurde sie kürzlich für ihre 100. Blutspende geehrt.

Auch Wolfgang Dopfer aus Günzburg erlebte einen Schicksals­schlag in der Familie. Im Säuglingsa­lter benötigte seine Tochter eine Kopfoperat­ion. Ihr Schädelkno­chen war zu früh zusammenge­wachsen. Durch die Blutspende­n überlebte seine Tochter den Eingriff. Das Erlebnis ist sein Antrieb, sagt Dopfer. Es mache ihm bewusst, wie wichtig Blutspende­n ist. Heute gehen der 57-Jährige und seine mittlerwei­le 25-jährige Tochter regelmäßig gemeinsam zum Blutspende­n.

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 ?? Foto: Charisius, dpa ?? Allein in Bayern werden jeden Tag rund 2000 Blutkonser­ven für die Versorgung von Krebspatie­nten, Unfallopfe­rn oder für Operatione­n benötigt.
Foto: Charisius, dpa Allein in Bayern werden jeden Tag rund 2000 Blutkonser­ven für die Versorgung von Krebspatie­nten, Unfallopfe­rn oder für Operatione­n benötigt.
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Gela Allmann

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