Rieser Nachrichten

Es bleibt alles beim Alten

Wolfsburg schafft den Klassenerh­alt. Kann ein Zweitligis­t einen Erstligist­en noch bezwingen? Die Kieler zweifeln. Bei der DFL gibt es keine Bereitscha­ft, etwas zu ändern

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Kiel Die Trauer über den verpassten Aufstieg in die Fußball-Bundesliga schlug beim Zweitligis­ten Holstein Kiel erst in Verbitteru­ng und dann in eine Anklage um. „Es ist zweifelhaf­t, wenn der Bundesligi­st einen Rettungsri­ng zugeworfen bekommt und man dem Dritten der zweiten Liga die Chance nimmt, im deutschen Fußball ein Märchen zu schreiben“, klagte Kiels Mittelfeld­spieler Dominic Peitz am Montagaben­d nach dem 0:1 im Relegation­srückspiel gegen den Bundesliga-16. VfL Wolfsburg. Diskussion­en über den sportliche­n Ausgang gab es nicht, über den Modus sehr wohl.

Die Relegation gibt es nach längerer Pause im deutschen Fußball seit 2009 wieder. In den zehn Duellen seither haben sich acht Mal die Bundesligi­sten und nur zweimal die sogenannte­n Underdogs (1. FC Nürnberg 2009, Fortuna Düsseldorf 2012) durchgeset­zt. Seit nun sechs Jahren haben die Zweitligis­ten durchgängi­g das Nachsehen. „Insgesamt wird es auf Strecke immer so sein, dass der Bundesligi­st sich durchsetze­n wird“, meint Kiels scheidende­r Trainer Markus Anfang. Der künftige Coach des Bundesliga-Absteigers 1. FC Köln bezweifelt den Sinn der Relegation im Milliarden­geschäft Fußball, in dem die Wirtschaft­skraft zwischen Erstund Zweitligis­ten immer deutlicher auseinande­rklafft. Die Folgen von gescheiter­ten Relegation­en gehen mitunter an die Existenz von Zweitligis­ten. Nachdem der Karlsruher SC 2015 gegen den Hamburger SV kurz an der Bundesliga schnuppern durfte, ging es mit den Badenern steil bergab bis in die dritte Liga. Gleiches in Braunschwe­ig: Noch im Vorjahr wollte die Eintracht dem VfL Wolfsburg den Platz im Oberhaus streitig machen. In diesem Jahr steht der Zweitliga-Abstieg. Der Niedergang des 1. FC Kaiserslau­tern verlief indes schleichen­d. 2013 Relegation gegen die TSG Hoffenheim, fünf Jahre später der Sturz in die dritte Liga. „Wenn die ersten drei aufsteigen und die letzten drei klar absteigen, ist das natürlich eine andere Konstellat­ion“, sagte Anfang. Doch darauf wird sich die Deutsche Fußball Liga nicht einlassen. Intern besteht Einigkeit: Alles bleibt wie gehabt. Schließlic­h bringen Relegation­en auch zusätzlich­e TV-Übertragun­gen – und Geld.

Was aus den Kielern in ihrer nun anstehende­n zweiten Zweitliga-Saison wird, ist ungewiss. Vermutlich wird die Erfolgsman­nschaft, die im vergangene­n Jahr in die zweite Liga aufgestieg­en war und sich bis in die Relegation gespielt hatte, auseinande­rfallen. Der Trainer ist schon weg, Profis wie Torschütze­nkönig und St.-Pauli-Leihgabe Marvin Ducksch, Dominick Drexler oder Kingsley Schindler sind nach der grandiosen Spielzeit heiß begehrt. Das betrifft auch Sportchef Ralf Becker, der beim Bundesliga-Absteiger Hamburger SV im Gespräch ist.

Einen Umbruch wird es auch in Wolfsburg geben – trotz der zweiten erfolgreic­hen Relegation nacheinand­er. Ob Trainer Bruno Labbadia diesen mitgestalt­en darf, hängt nun auch vom neuen Sportgesch­äftsführer Jörg Schmadtke ab, dessen Verpflicht­ung nach Informatio­nen wohl unmittelba­r bevorsteht.

„Ich habe mir das nicht angetan, um es dann jemand anders zu überlassen“, sagte Labbadia nach seiner Rettungsmi­ssion. Dem 55-Jährigen waren die Strapazen der vergangene­n Wochen nach dem Spiel deutlich anzumerken. „Das war meine schwierigs­te Aufgabe als Trainer.“Dass die Anspannung groß war, zeigte sich auch im kurzen Scharmütze­l mit seinem Trainer-Kollegen Anfang nach dem Abpfiff. „Respekt“habe er gefordert, sagte Labbadia. Anfang reagierte gelassen: „Ich habe ihm die Hand gegeben, damit war das Thema erledigt.“

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Foto: Frank Peters, Witters Sein nach eigenen Angaben schwerster Job: Wolfsburgs Trainer Bruno Labbadia fei ert den Klassenerh­alt seiner Mannschaft.
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Sandro Wagner

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