Verhöhnt Gauland die Opfer der Nazi Diktatur?
AfD-Chef bezeichnet NS-Zeit als „Vogelschiss“in der deutschen Geschichte
Augsburg Adolf Hitler und die Nazis sind für Alexander Gauland „nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“. Das sagte der AfD-Chef in einer Rede vor der Parteijugend in Thüringen – und provozierte damit empörte Reaktionen. Selbst der Bundespräsident sieht sich am Sonntag zu einem Kommentar gezwungen. Er empfindet Gaulands Worte als Verharmlosung der Nazi-Diktatur. „Wer diesen einzigartigen Bruch mit der Zivilisation leugnet, kleinredet oder relativiert, der verhöhnt nicht nur die Opfer, sondern der will alte Wunden wieder aufreißen und sät neuen Hass“, sagt FrankWalter Steinmeier.
Für Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki kommt die verbale Grenzüberschreitung des AfDFraktionschefs wenig überraschend. „Diese Äußerung war sowohl dumm als auch geschichtsvergessen – also entsprach sie genau dem, was ich von Herrn Gauland erwartet hatte“, sagt der FDP-Politiker.
Der CSU-Europaabgeordnete Manfred Weber ist überzeugt davon, dass Gauland die Nazi-Verbrechen mit „vollem Kalkül“relativiert. „Er hat den letzten Beweis dafür erbracht, warum wir mit aller Kraft gegen die Hetzer und Verharmloser der AfD kämpfen müssen“, sagt Weber. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer spricht von einem Schlag ins Gesicht der Opfer. „Wer so etwas als Vorsitzender einer Partei sagt und dann sagt, das sei eine bürgerliche Partei, das macht einfach fassungslos.“
Ihren Anfang nimmt die hitzige Debatte auf dem Bundeskongress der AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative am Samstag. Dort soll Gauland ein Grußwort sprechen. Und natürlich redet der Mann mit dem Tweed-Sakko und der Hundekrawatte am liebsten über Deutschland und dessen „ruhmreiche Geschichte“. Die habe schließlich länger gedauert als „die verdammten zwölf Jahre“sagt er und meint damit die NS-Herrschaft von 1933 bis 1945. „Ja, wir bekennen uns zu unserer Verantwortung“, stellt Gauland zunächst noch klar. Doch dann schiebt er den entscheidenden Satz hinterher: „Aber liebe Freunde: Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte.“
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil kann es kaum glauben, als er einen Ausschnitt der Rede sieht. „Das ist eine erschreckende Verharmlosung des Nationalsozialismus. Es ist eine Schande, dass solche Typen im Deutschen Bundestag sitzen“, sagt er. Gauland lasse jegliche Fassade fallen. Für Grünen-Chef Robert Habeck ist klar: „Solche Sätze sind keine Ausrutscher, sondern System.“
Gauland selbst verteidigte seine Wortwahl am Sonntagabend, sprach allerdings von „Fliegenschiss“: „Ich habe den Nationalsozialismus als Fliegenschiss bezeichnet. Das ist eine der verachtungsvollsten Charakterisierungen, die die deutsche Sprache kennt. Das kann niemals eine Verhöhnung der Opfer dieses verbrecherischen Systems sein“, hieß es in einer Stellungnahme.
Im Kommentar steht, warum Gaulands Worte nicht unwidersprochen bleiben dürfen. In der Politik schreibt Bernhard Junginger über den Provokateur an der AfD-Spitze. Und auf Bayern erfahren Sie, wie die Populisten im Landtagswahlkampf punkten wollen.
„Diese Äußerung war sowohl dumm als auch geschichtsvergessen – also entsprach sie genau dem, was ich von Herrn Gauland erwartet hatte.“
Bundestags Vize Wolfgang Kubicki