Das neue Gesicht Kolumbiens
Der südamerikanische Staat wählt einen Präsidenten, der das Abkommen mit den Rebellen infrage stellt. Wer ist dieser Mann, den die Frauen mögen? Dabei war er doch nur die dritte Wahl
Bogotá Sein jungenhaftes Gesicht und sein grauer Haarschopf stehen bei Iván Duque in krassem Kontrast. Kolumbiens neuer und mit 41 Jahren bislang jüngster Präsident färbe sich die Haare, um reifer zu wirken, sagen seine Gegner. Was Duques Frisör öffentlich bestritt. In der Tat braucht der neue Staatschef Besonnenheit, um das polarisierte südamerikanische Land in den kommenden Jahren durch die Wirren der Nachkriegszeit zu manövrieren. In der Stichwahl am Sonntag erhielt er 54 Prozent der Stimmen, sein linksgerichteter Konkurrent Gustavo Petro nur 42.
Welchen Kurs er dabei genau segeln wird, beließ Duque, ein konservativer Anwalt und Ex-Senator, bisher im Dunkeln. Doch sein politischer Mentor, der erzkonservative Ex-Präsident Álvaro Uribe, ist ein bekennender Saboteur des Friedensvertrags, der ihm zufolge viel zu nachsichtig ist mit der linken Guerrilla Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens (Farc). Weshalb er zentrale Punkte wie deren politisches Mitwirkungsrecht und die Spezialbehandlung vor Sondergerichten wieder abschaffen will.
„Duque ist aalglatt, jemand ohne Ausrutscher, nie hat ihn das Leben wirklich auf die Probe gestellt”, sagt ein Beobachter über ihn. Uribe, der Wadenbeißer, Duque, der vorgeschobene Sonnyboy ohne eigenes Profil, so interpretieren andere die Konstellation. Der etwas untersetzte Duque gilt als umgänglich und entstammt einer alteingesessenen, gut situierten Familie. Sein Vater war Bergbauminister und Gouverneur und hatte immer schon eine politische Karriere für seinen Lieblingssohn im Blick. Der Sprössling besuchte eine Eliteschule in Bogotá, spielte aber lieber Bassgitarre in einer Rockband und wollte Fußballer werden. Das Abitur war mittelmäßig, es reichte nur zum Jurastudium an der Uni eines Freundes seines Vaters. Danach ging er in die USA, um an einer Provinz-Uni einen Master draufzusatteln. Er begann als Berater in der Stiftung des scheidenden Präsidenten Santos, um dann jedoch das Land in Richtung Washington zu verlassen und als Berater für die Uno und für die Interamerikanische Entwicklungsbank (BID) zu arbeiten. Dort stieg der Musikfan und Hobbyzauberer zum Chef der Kulturabteilung auf. Bis heute verficht er Kultur und Kreativität als wichtige Grundlagen für Wirtschaft und Gesellschaft eines Landes. Er gilt als pragmatischer Wirtschafts-Liberaler und US-Bewunderer.
Als Uribe ihn vor vier Jahren auf die Senatsliste setzte, kehrte Duque in die Heimat zurück. Er profilierte sich im Senat als neoliberaler Scharfmacher und Kritiker von Präsident Santos und gewann so Uribes Anerkennung. Seine Kollegen schätzen ihn als intelligent und diszipliniert. Gesetze tragen seine Handschrift, darunter so populäre wie die Ausweitung des Mutterschaftsurlaubs. Trotzdem war er nur die dritte Wahl. Weil alle anderen Präsidentschaftsbewerber Korruptionsprozesse am Hals hatten oder unpopulär waren, fiel die Wahl auf ihn. Vor allem seine Brandreden gegen Bürokratie und Korruption im Staatsapparat fielen in der Bevölkerung auf fruchtbaren Boden. Sein jugendliches Image mit Jeans und legeren Sakkos kommt ebenfalls gut an, kontrastiert aber mit den sehr konservativen Ansichten des dreifachen Familienvaters zu Abtreibung, HomoEhe und Drogenlegalisierung.
Besonders bei den Frauen punktet er mit seiner galanten Art und seinen improvisierten Gesangseinlagen. Die Hälfte seiner Minister werden Frauen sein, hat er versprochen, und der Großteil unter 45 Jahre. Sich selbst sieht Duque als Kolumbiens Macron. Für den Kolumnisten Francisco Miranda ist er hingegen die Idealbesetzung für eine geliftete Neuauflage des Uribismus.