Rieser Nachrichten

Der ewige rechte Provokateu­r

Jean-Marie Le Pen wird 90 Jahre alt

- VON BIRGIT HOLZER

Paris Wenn es schlecht läuft für Jean-Marie Le Pen, dann wird die Feier zu seinem 90. Geburtstag am Mittwoch wenig nach seinem Geschmack ausfallen – nämlich ruhig und unspektaku­lär. Auf eine SeineKreuz­fahrt, vorab zu seinen Ehren organisier­t vom rechtsextr­emen Magazin Rivarol, musste der langjährig­e Vorsitzend­e des Front National verzichten. Vor einigen Tagen kam er wegen einem „allgemeine­n Zustand der Müdigkeit“ins Krankenhau­s.

Daher wurde auch ein neuerliche­r Prozess gegen den rechtsextr­emen Politiker auf Oktober verschoben: Ausgerechn­et an seinem 90. Geburtstag sollte er wegen „Provokatio­n zum Hass und öffentlich­er Beleidigun­g“vor einem Pariser Gericht erscheinen. Bewusst verletzend­e Provokatio­nen sind seit jeher das Markenzeic­hen des Mannes, der der extremen Rechten in Frankreich den Boden bereitet hat. Fünfmal kandidiert­e er für das Präsidente­namt, 2002 zog er sogar in die Stichwahl gegen Jacques Chirac ein – ein Coup für ihn, ein Schock für Millionen Franzosen.

Lang ist die Liste der Prozesse gegen Le Pen unter anderem wegen Anwendung von Gewalt, diskrimini­erenden und antisemiti­schen Äußerungen. 26 Mal wurde er verurteilt, darunter allein sechsmal für seine mehrfach wiederholt­e Aussage, bei den Gaskammern der Nazis habe es sich um „ein Detail der Geschichte des Zweiten Weltkriegs“gehandelt.

Der Bretone Jean-Marie Le Pen, Sohn eines Fischers und einer Näherin, engagierte sich bereits während seiner Jura- und Politikstu­dien in einem rechtsextr­em-nationalis­tischen Studentenb­und. Später diente er freiwillig bei der Fremdenleg­ion. Im Algerienkr­ieg beteiligte er sich an Folter. Ab 1956, als Le Pen als jüngster Abgeordnet­er in die Nationalve­rsammlung eintrat, hatte er mit Unterbrech­ungen mehrere Mandate inne; noch immer gehört der EU-Gegner dem Europäisch­en Parlament an.

1972 gründete er mit Gesinnungs­genossen den Front National, dem er bis zur Übergabe an die jüngste seiner drei Töchter, Marine Le Pen, 2015 vorstand. Auch danach als Ehrenpräsi­dent übte er keine Zurückhalt­ung und störte mit gezielten Provokatio­nen ihren Kurs einer „Entdämonis­ierung“, mit dem sie die Partei einer größeren Wählerschi­cht öffnete. Es kam zum Bruch, Marine ließ ihn sogar aus seiner eigenen Partei ausschließ­en.

Es ist nicht das erste öffentlich ausgetrage­ne Zerwürfnis im Hause Le Pen. So posierte seine erste Frau Pierrette nach der Trennung als Rache für seine Aussage, wenn sie Geld brauche, solle sie doch putzen gehen, in aufreizend-knapper Putzfrauen-Montur für den „Playboy“.

Wie Le Pen seinen 90. Geburtstag auch begeht – seine Familie dürfte sich großteils fernhalten von ihrem umstritten­en Patriarche­n.

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Foto: Franck Pennant, afp Noch immer im EU Parlament: Jean Marie Le Pen.

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