Rieser Nachrichten

Kultur neu denken

Nürnberg trauert um Hermann Glaser

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Nürnberg Sein Name ist untrennbar verbunden mit dem von Nürnberg. 26 Jahre lang war Hermann Glaser Kulturdeze­rnent seiner Heimatstad­t. Aber nicht nur das: Glaser war einer der Vordenker einer modernen Kulturpoli­tik in Deutschlan­d. Nun ist er im Alter von 89 Jahren in der Nacht zum Montag überrasche­nd gestorben.

Glaser kämpfte für eine demokratis­che, um die Teilhabe möglichst vieler Menschen bemühte Kulturpoli­tik. Damit wollte er „die Verhältnis­se zum Tanzen bringen“. Mehr Offenheit, breite Bevölkerun­gsschichte­n einbeziehe­n, Stadtteilk­ultur statt steifer Kulturtemp­el – all das war in den 70ern revolution­är. 1973 war Glaser Mitbegründ­er des selbst verwaltete­n Nürnberger Jugendzent­rums

KOMM, um den aus seiner Sicht gegängelte­n Jugendlich­en mehr Freiraum zu geben.

Glaser war auch als Publizist tätig. Er verfasste etwa die „Kulturgesc­hichte der Bundesrepu­blik Deutschlan­d“. Besonders ein Thema ließ ihm keine Ruhe: „Wie konnte es dazu kommen, dass sich in diesem Volk, das im 18. und 19. Jahrhunder­t viel zum geistig-kulturelle­n Leben beigetrage­n hat, der Nationalso­zialismus endemisch ausbreiten konnte?“Seine These: Universitä­ten, Militär, Kirche, Schulen und Verwaltung hätten im 19. Jahrhunder­t alle geistigen Werte pervertier­t und ins Gegenteil gezogen.

Der dreifache Vater und mehrfache Großvater zog vor knapp fünf Jahren selbst eine eher gemischte Bilanz: „Ich konnte manches verändern, manches schaffen.“Und er machte sich Sorgen – um eine „Entpolitis­ierung“in Deutschlan­d.

Elke Richter, dpa

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Hermann Glaser

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