Rieser Nachrichten

Brüllt eine der seltensten Großkatzen bald nicht mehr?

Weltweit gibt es nur noch 103 Amur-Leoparden in freier Wildbahn. Welche Feinde die Tiere haben

- VON ANJA RINGEL

Augsburg Sie schleichen nachts durch ihr Revier. Lauschen. Beobachten. Orten ihre Beute, legen sich auf die Lauer und schießen plötzlich aus dem Hinterhalt hervor. Nein, die beschriebe­ne Szene ist nicht aus einem Actionfilm. Sie spielt sich im Südwesten der russischen Provinz Primorje und in der gegenüberl­iegenden chinesisch­en Grenzregio­n jede Nacht ab.

Dort leben die noch verblieben­en

103 Amur-Leoparden. Sie gehören zu den seltensten Katzen und Säugetiere­n. Die Weltnaturs­chutzunion hat die Raubtiere als „vom Aussterben bedroht“eingestuft.

Ursprüngli­ch lebten die AmurLeopar­den auf über 362 000 Quadratmet­ern in Nordostasi­en. Seit Ende des 19. Jahrhunder­ts schrumpfte ihr Verbreitun­gsgebiet jedoch. Schuld war menschlich­es Eingreifen. Durch unkontroll­ierten Holzeinsch­lag, Waldbrände, Bergbau und die Umwandlung von Bergund Mischwälde­rn in landwirtsc­haftliches Gebiet schrumpfte der Lebensraum der Leoparden auf nur noch 10 000 Quadratmet­er.

Jeder Amur-Leopard lebt in seinem eigenen, festen Revier. Die Tiere sind Einzelgäng­er und verbringen nur zur Paarung ein bis zwei Tage zusammen. Die Reviere der Männchen sind größer als die der Weibchen und umfassen mehrere Reviere von Weibchen. Der natürliche Feind des Amur-Leoparden ist der Amur-Tiger, der im gleichen Gebiet wohnt und die gleiche Beute jagt. Da Amur-Tiger größer und stärker sind, greifen sie die Leoparden immer wieder an und töten sie.

Daneben ist besonders der Mensch zum Hauptfeind des AmurLeopar­den geworden. Außer dem Ressourcen­verbrauch schadet auch die neue Infrastruk­tur wie Autobahnen der Raubtierar­t. Sie behindert das Wanderverh­alten der Tiere. Amur-Leoparden legen auf der Suche nach Nahrung weite Strecken zurück. Durch die Infrastruk­tur fällt den Raubtieren außerdem die Partnersuc­he schwerer. Dadurch wird auch Inzucht zu einem Problem: Der Genpool der Tiere verarmt und es können sich genetische Defekte entwickeln. Schon heute haben die Leoparden-Weibchen laut der Tierschutz­organisati­on WWF weniger Jungtiere als noch vor 40 Jahren.

Durch Waldbrände verloren die Amur-Leoparden zudem nicht nur Gebiete, sondern auch Beute. Das Feuer zerstörte die Futterbäum­e ihrer Beutetiere, weshalb es für die Amur-Leoparden immer weniger Nahrung gibt.

Im Verbreitun­gsgebiet des Amur-Leoparden wird zudem Hirschzuch­t betrieben. Zum Schutz des Viehs und auch zur Vergeltung töten Viehhalter immer wieder Amur-Leoparden. Ein weiteres Problem ist die Wilderei: Wilderer gehen zwar nicht gezielt auf die Raubtierar­t los, jedoch tappen vor allem junge Leoparden regelmäßig in Fallen, die für Pelztiere vorgesehen sind.

All diese Bedrohunge­n sind besonders gefährlich, da es nur noch so wenige Amur-Leoparden in freier Wildbahn gibt. Laut WWF ist fast jedes Tier bekannt und kann jederzeit anhand seines individuel­len Fellmuster­s identifizi­ert werden.

Doch es besteht Hoffnung für die Leopardena­rt: Nachdem die Population in den 90er Jahren auf circa 50 gesunken war, richtete die russische Regierung im Jahr 2012 den Leopardovy Nationalpa­rk in der Größe des Saarlandes ein, um das Gebiet des Amur-Leoparden zu schützen. So konnte sich die Population fast verdoppeln. Laut WWF gibt es deshalb Hoffnung, dass die Zahl der Amur-Leoparden weiter steigen wird und sich die Raubtierar­t seinen ursprüngli­chen Lebensraum in Nordost-China zurückerob­ert.

 ?? Archivfoto: Bernd Thissen, dpa ?? Amur Leoparden sind vom Aussterben bedroht. In Russland und China leben nur noch 103 von ihnen in freier Wildbahn.
Archivfoto: Bernd Thissen, dpa Amur Leoparden sind vom Aussterben bedroht. In Russland und China leben nur noch 103 von ihnen in freier Wildbahn.

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