Rieser Nachrichten

Nie waren mehr Menschen auf der Flucht als heute

Warum die meisten Flüchtling­e in Entwicklun­gsländern aufgenomme­n werden

- VON ANDREA KÜMPFBECK

Augsburg In Syrien tobt seit sieben Jahren ein Bürgerkrie­g. Im Jemen verschlech­tert sich die Lage der Bevölkerun­g fast wöchentlic­h. In Ostafrika zerstörte eine große Dürre die Lebensgrun­dlage von Bauern und Viehzüchte­rn. Die Vielzahl an Krisen und ungelösten Konflikten in der Welt sind der Grund dafür, dass 68,5 Millionen Menschen aus ihrer Heimat flüchten – so viele wie seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr und doppelt so viele wie noch vor zehn Jahren. Das hat der jährliche Bericht des Flüchtling­shilfswerk­s der Vereinten Nationen (UNHCR) ergeben.

Die meisten Menschen, die vor Krieg, Gewalt und Verfolgung fliehen – nämlich 85 Prozent –, suchen Zuflucht in benachbart­en Entwicklun­gsländern – und nicht in Europa. Deutschlan­d beispielsw­eise erreichten laut UNHCR im vergangene­n Jahr knapp 187000 Asylsuchen­de, 2015 waren es fünfmal so viele. Dieser Trend nach unten hält an, im ersten Quartal dieses Jahres ist die Zahl der ankommende­n Flüchtling­e um fast 16 Prozent zurückgega­ngen.

Weltweit allerdings steigt die Zahl der vertrieben­en Menschen angesichts der zahlreiche­n Krisen seit fünf Jahren kontinuier­lich an – bis zu diesem neuen Höchststan­d 2017. Dazu passt, dass zwei Drittel der Flüchtling­e aus nur fünf Ländern kommen: aus Syrien, Afghanista­n, Südsudan, Myanmar und Somalia. „Die Zahlen zeigen, dass die Welt ein Problem damit hat, Konflikte zu lösen und Frieden zu schaffen“, sagt UN-Flüchtling­skommissar Filippo Grandi. Die fünf größten Aufnahmelä­nder sind die Türkei, Pakistan, Uganda, Libanon und der Iran. „Es bleibt weiter eine Krise der armen Welt“, sagt Grandi. Deutschlan­d ist das einzige europäisch­e Land unter den zehn Staaten, die am meisten Geflohene aufgenomme­n haben.

„Flucht und Migration bleiben die große Herausford­erung der Zukunft“, betont Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU). Die weltweite Flüchtling­ssituation sei dramatisch, jeden Tag kämen über 40000 Flüchtling­e dazu. „Handeln wir nicht entschiede­n vor Ort, werden sich nicht nur zehntausen­de, sondern Millionen Menschen in die Hände von Schleppern begeben und sich Richtung Europa aufmachen“, warnt Müller. Europa müsse endlich begreifen: „Flüchtling­spolitik fängt in den Herkunftsl­ändern an, dort, wo wir die Ursachen für Flucht verringern können.“

Dass in der aktuellen Asyldiskus­sion die Erfolge der Entwicklun­gszusammen­arbeit vernachläs­sigt werden, kritisiert der Vorstandsv­orsitzende der Welthunger­hilfe, Till Wahnbaeck. Denn in wichtigen Bereichen wie Hunger, Kinderster­blichkeit oder Armut hätten sich die Zahlen in den letzten Jahrzehnte­n deutlich verbessert, sagte er bei der Vorstellun­g der Jahresbila­nz der Hilfsorgan­isation. „Zum ersten Mal in der Geschichte ist ein Ende des Hungers realistisc­h.“

Warum sich die Flüchtling­skrise gar nicht in Europa abspielt, erklärt der Leitartike­l.

Zu „Was steckt hinter der Brenner Kri se?“(Bayern) vom 16. Juni:

Es ist schon erstaunlic­h: Da stellt die Bayern-CSU seit drei Regierungs­perioden den Bundesverk­ehrsminist­er; und ausgerechn­et in Bayern stockt der dringend notwendige Bahnausbau, nicht nur bei der Brennerzuf­ahrt, sondern auch bei der Ost-West-Magistrale, bei der Elektrifiz­ierung der Lindau-Strecke und beim dritten Gleis um Augsburg. Liegt es vielleicht daran, dass die CSU zwar theoretisc­h die Parole „Verkehr auf die Bahn verlagern!“unterstütz­t, praktisch aber doch vor allem am Straßenaus­bau interessie­rt ist? Wolfgang Wunderer, Augsburg

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