Rieser Nachrichten

Tschechow oder Chekhov?

Unterschie­dliche Umschrift-Varianten machen das Wiedergebe­n russischer Namen und Worte nicht immer einfach

- VON INNA HARTWICH

Moskau Das kyrillisch­e Alphabet hat 33 Buchstaben. In diesen Tagen treiben sie zehntausen­de von Ausländern, die sich wegen der FußballWel­tmeistersc­haft gerade in Russland aufhalten, zuweilen in den Wahnsinn. Sie staunen und können es nicht entziffern, was nun auf all den Straßensch­ildern, in den Ladenregal­en, auf den Stadtpläne­n steht, auch wenn sich die Organisato­ren sehr bemüht hatten, russische Bezeichnun­gen in lateinisch­e Buchstaben zu zwängen.

Doch dann lässt man sich neben dem WM-Maskottche­n, unter dem in lateinisch­en Großbuchst­aben eindeutig „Zabivaka“steht, fotografie­ren und findet dessen Namen später in den deutschen Zeitungen als Sabiwaka wieder. Man liest von Wladiwosto­k und auch von Vladivosto­k. Und wie heißt noch einmal Russlands Fußball-Nationaltr­ainer? Tschertsch­essow, Tchertches­sov oder doch Cherchesov? Was hat es mit dem Buchstaben-Durcheinan­der nur auf sich?

Während für chinesisch­e Zeichen mit dem sogenannte­n „Pinyin“eine internatio­nale phonetisch­e Umschrift auf der Basis des lateinisch­en Alphabets existiert, gibt es das für das Kyrillisch­e nicht. Chinesisch­e Worte wie Wang oder Yang werden in Deutschlan­d, Frankreich oder England somit gleich geschriebe­n. Der russische Schriftste­ller Tchechow zum Beispiel schreibt sich in Deutschlan­d eben Tschechow, in England Chekhov und in Frankreich Tchekhov. In der deutschen Wissenscha­ftsumschri­ft existiert er als ?echov.

Es ist jedes Mal ein Behelf, die russischen Laute mit den Lauten der jeweiligen Landesspra­che wiederzuge­ben. So gibt es Juri wie Jurij und Yuri oder gar Yuriy. Es gibt Sergei wie auch Sergey oder Sergej genauso wie Andrei, Andrey oder Andrej.

Englisch- und Französisc­hsprachige schreiben Russlands Präsidente­n als Vladimir Putin, die Deutschspr­achigen aber als Wladimir Putin. Es gibt Tabellen, in denen ein kyrillisch­er Buchstabe jeweils sein deutsches (englisches, französisc­hes, polnisches) Pendant findet. In manchen Fällen aber gibt es dennoch Verwirrung. Russlands beliebtest­er Vorname lautet – wenn man ihn denn quasi korrekt transkribi­eren, also umschreibe­n würde – Aleksandr. Da es zum einen umständlic­h aussieht und es zum anderen auch eine deutsche Entsprechu­ng gibt, nennt sich jeder Aleksandr mit lateinisch­en Buchstaben lieber Alexander. Und wenn ein Russe einst ins englischsp­rachige Ausland ausgewande­rt war, schreibt er sich dann auch auf Deutsch in eigentlich englischer Umschrift. Der russisch-amerikanis­che Schriftste­ller Vladimir Nabokov heißt auch in Deutschlan­d so – und nicht Wladimir Nabokow, wie er sich eigentlich in deutscher Umschrift schreiben müsste.

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Foto: dpa Plakat im Fenster eines Immobilien­mak lers: oben das Kyrillisch­e.

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