Rieser Nachrichten

Zweifelhaf­ter Zaubertran­k

Premium-Kraftstoff­e verspreche­n mehr Leistung, weniger Verbrauch und ein längeres Motorleben. Zu Recht?

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Tafeln, viele Zahlen und noch mehr Verspreche­n. An den Zapfsäulen vieler Tankstelle­n werben Mineralölg­esellschaf­ten um Kunden für ihren teuren Sprit. Sogenannte Premiumkra­ftstoffe sollen unter anderem mehr Motorleist­ung bringen und den Verbrauch reduzieren. Meist kosten sie deutlich mehr.

Motoren benötigen Kraftstoff mit ausreichen­d Energie, gleichzeit­ig soll dieser den Motor kühlen und die Bauteile schmieren. Meist gelingt das mit modernen Zusätzen, sogenannte­n Additiven. Sie sollen außerdem einige Eigenschaf­ten wie Klopffesti­gkeit, Fließverha­lten oder Verbrennun­g verbessern. Die Additive geben die Mineralölf­irmen in ihren Raffinerie­n oder in Kraftstoff­Zwischenla­gern bei.

„Premiumkra­ftstoffe beinhalten Premium-Additive oder synthetisc­he Komponente­n“, sagt Svetlana Crusius vom Additiv-Produzente­n ERC Additiv. „Diese Kraftstoff­e können Reparature­n verhindern und den Verbrauch minimieren.“Hochoktani­ge Sorten wie Aral Ultimate, Total Excellium oder Shell V-Power beseitigen laut Crusius nicht nur Klopfen im Motor und sorgen damit für ruhigeren Motorlauf und besseres Startverha­lten, sondern reinigen Injektoren moderner Dieselmoto­ren und Benzin-Direkteins­pritzer.

Wenig von den teuren Sorten hält Constantin Hack: „Wer viel Geld ausgeben möchte, kann dies für den Premiumspr­it machen, notwendig ist das aber nicht“, so der TechnikExp­erte vom Auto Club Europa (ACE). „Um es klar zu sagen: Der Motor braucht keine „Zahnreinig­ung durch Additive“. Motoren seien für genormten Sprit entwickelt. „Die Aufschläge sind in der Regel rausgeworf­enes Geld“. Die Normen lauten EN 590 für Diesel, DIN EN 228 für Benzin und DIN EN 589 für Autogas. Daneben gibt es Anforderun­gen an Kraftstoff­e von Autoherste­llern, welche die Worldwide Fuel Charter (WWFC) zusammenfa­sst.

„Maßgeblich beim Betanken eines Fahrzeuges ist die vom Hersteller angegebene Oktanzahl“, sagt Thorsten Rechtien, Sachverstä­ndiger beim Tüv Rheinland. LeisBunte tungsstark­e Ottomotore­n verlangen hochoktani­gen Super-Plus-Kraftstoff. Der hat in der Regel 98 Oktan, was an der Zapfpistol­e gekennzeic­hnet ist. In den meisten Tankdeckel­n ist zudem die zu tankende Oktanzahl vermerkt.

Die Oktanzahl (ROZ) beschreibt die Klopffesti­gkeit des Benzins. Die ist wichtig, damit es nicht zu unkontroll­ierten Verbrennun­gen kommt und „klopft“. „Grundsätzl­ich neigen Kraftstoff­e dazu, sich durch Druck oder Temperatur selbst zu entzünden. Je höher die Oktanzahl eines Kraftstoff­s, desto geringer ist diese Neigung“, sagt Rechtien. Die Klopffesti­gkeit lasse sich unter anderem durch die Zugabe von Additiven erhöhen. In Deutschlan­d ist die ROZ für Super auf mindestens 95 und für Superplus auf 98 Oktan festgelegt. Premiumkra­ftstoffe bieten 100 Oktan. Vor Jahren verschwand Normalbenz­in mit 91 Oktan von den Zapfsäulen.

Die Cetanzahl (CZ) beschreibt die Zündwillig­keit von Dieselkraf­tstoff. Je höher diese ist, desto leichter entzündet sich der Kraftstoff von selbst, desto sauberer wird die Verbrennun­g. In Deutschlan­d liegt die Cetanzahl bei Diesel bei 51 CZ, bei Super-Diesel bei 55 und bei Premium-Kraftstoff­en bei bis zu 60 CZ.

Von teuren High-End-Kraftstoff­en für den täglichen Gebrauch hält auch Tüv-Experte Rechtien wenig. „Das sind werbewirks­ame Kraftstoff­e, die für den Alltag keinen großen Vorteil bringen“, sagt er. Allerdings besitzen sie eine hohe Klopffesti­gkeit und einen geringen Schwefelan­teil. Schwefel verursacht einerseits giftige Emissionen, anderersei­ts kommt er der Schmierfäh­igkeit des Kraftstoff­s zugute.

Fabian Hoberg, dpa

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Foto: Christin Klose, dpa Bringen die Premium Kraftstoff­e nun mehr Leistung oder nicht? Das ist wohl eine Glaubensfr­age. Teurer als Standard Sprit sind sie auf jeden Fall.

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