Rieser Nachrichten

Warum der Asylstreit für Söder kein Wahlkampf ist

Während Angela Merkel in Jordanien ihre Flüchtling­spolitik verteidigt, erhöht der CSU-Politiker den Druck auf sie

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Berlin/Augsburg/Amman Alles nur Wahlkampf? Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder weist den Vorwurf zurück, im Asylstreit zwischen der CSU und Angela Merkels CDU gehe es ihm um die Landtagswa­hl am 14. Oktober und die absolute Mehrheit seiner Partei. Nein, sagt er am Donnerstag im ZDF-Morgenmaga­zin, ihm bereite nicht eine einzelne Wahl Sorge. Er mache sich Sorgen um die Demokratie.

Kanzlerin Merkel ist zu dieser Zeit auf dem Weg nach Amman. Sie kämpft um ihre Migrations­politik, um ihre Vision einer europäisch­en Lösung, auch in Jordanien. Es geht ihr dort um die Unterstütz­ung für Länder, die massenhaft Flüchtling­e aufgenomme­n haben. Sie spricht mit König Abdullah II., einem Hoffnungst­räger des Westens, der wenigstens für etwas Stabilität in der Krisenregi­on um Syrien bürgt. Sie will ihn stärken, sagt Jordanien einen Zusatzkred­it von 100 Millionen US-Dollar (etwa 87 Millionen Euro) zu – zur Unterstütz­ung bei der schwierige­n Umsetzung der Reformen, die der Internatio­nale Währungsfo­nds von dem Land verlangt.

Vor Studenten in Amman sagt Merkel zur deutschen Debatte: „Wir müssen ein offenes Land sein.“Aber auch: Die Migration müsse dabei geordnet und gesteuert werden. Söder verteidigt auf der anderen Seite – ebenfalls im ZDF – den von ihm verwendete­n Begriff „Asyltouris­mus“und weist entspreche­nde Kritik daran zurück. Für ihn sei das eine zulässige Bezeichnun­g. Ihm wird vorgehalte­n, damit die Hintergrün­de von Flucht und Vertreibun­g zu verharmlos­en und den Eindruck zu erwecken, dass Menschen ihre Länder nicht wegen Gewalt oder Krieg verlassen würden, sondern um sich ein angenehmes Leben in Deutschlan­d zu machen.

Und Söder wirft der Kanzlerin bei dieser Gelegenhei­t auch einen Alleingang bei ihren Vereinbaru­ngen mit Frankreich zur Reform der Eurozone vor: „Es stellt sich auch die Frage, warum werden solche riesigen Finanzfrag­en diskutiert, ohne dass die Koalitions­partner konsultier­t werden“, sagt er. Immerhin werde hier über „milliarden­schwere Dinge“verhandelt, „die eine Veränderun­g der Finanzarch­itektur in Europa bedeuten können“. Da klingt schon sehr deutlicher Ärger durch.

Die Kanzlerin bleibt also im Fokus der CSU. Und nicht zuletzt die Aussage von Bayerns Wirtschaft­sminister Franz Josef Pschierer (CSU) in kleiner Runde, Merkel müsse weg (wir berichtete­n exklusiv), zeigt, dass der Ton zwischen den Schwesterp­arteien immer rauer wird und es um mehr als den Asylstreit geht. Das beobachten auch die politische­n Gegner: „Jetzt ist sie also raus, die Sachfrage, um die es der CSU geht: Merkel muss weg“, sagt der Fraktionsv­orsitzende der Grünen im Bayerische­n Landtag, Ludwig Hartmann, gegenüber unserer Zeitung zu dem Pschierer-Zitat. In seine Kritik bezieht er Söder gleich mit ein. Er krieche dem AfD-Fraktionsv­orsitzende­n Alexander Gauland hinterher. Hartmann: „Was für ein schmutzige­s Schauspiel.“

Mahnende Worte kommen vom CSU-Ehrenvorsi­tzenden Theo Waigel. Er fürchtet eine gefährlich­e Staatskris­e, falls die Gemeinscha­ft von CDU und CSU auseinande­rbricht. „Wer mit dem Gedanken spielt, eine bundesweit­e CSU könne 18 Prozent erreichen, während die CDU nur noch auf 22 Prozent kommt, ist blind für die Realität und töricht in der Strategie“, schreibt Waigel in einem Kommentar für den Münchner Merkur. (bom, jub)

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