Rieser Nachrichten

Wie gefährlich ist Gülle?

Worum es in dem Urteil gegen Deutschlan­d geht und welche Folgen es hat

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Deutschlan­d müsste weitaus mehr für sauberes Wasser tun – sagt das oberste Gericht der EU. Wir beantworte­n die wichtigste­n Fragen:

Wie kam es überhaupt zur Klage gegen Deutschlan­d?

Die EU-Kommission hatte geklagt, weil die Belastung des Grundwasse­rs mit Nitrat im Jahr 2012 an 28 Prozent aller Messstelle­n zu hoch war. Es wurden mehr als die erlaubten 50 Milligramm Nitrat festgestel­lt – nicht im Trink-, aber im Grundwasse­r. Trotz mehrerer Ermahnunge­n reagierte die Bundesregi­erung nach Auffassung der EU zu langsam. Deshalb reichte sie 2016 Klage ein.

Ist Nitrat gesundheit­sgefährden­d?

Pflanzen brauchen Nitrat. Die Landwirte düngen im Frühjahr ihre Felder mit Gülle, um dem Boden Nährstoffe zuzuführen. Allerdings entsteht durch chemische Zerfallspr­ozesse in der Erde und im menschlich­en Körper aus dem Nitrat Nitrit. Eine zu hohe Belastung davon kann zu Durchblutu­ngsstörung­en führen. Für Babys ist es gefährlich, weil es die Sauerstoff­versorgung der Zellen schädigt. Vor allem entstehen aus Nitriten im Körper krebserreg­ende Nitrosamin­e.

Werden Nitrate denn nicht bei der Aufbereitu­ng des Wassers ausgefilte­rt?

Doch. Aber je höher die Belastung des Grundwasse­rs ist, desto aufwendige­r muss es gefiltert werden, um als Trinkwasse­r genutzt zu werden. Das ist teurer.

Was bringt das Urteil?

Schwer zu sagen. Unter dem Druck des laufenden Verfahrens vor dem EuGH hat die Bundesregi­erung 2017 eine neue Düngeveror­dnung erlassen, die die Landwirte schon jetzt zwingt, weniger Gülle auszubring­en und vergrößert­e Sperrzonen zu meiden. Darauf konnte das Gericht aber ebenso wenig reagieren wie die EU-Kommission. Denn die nächste offizielle Messung findet erst wieder 2020 statt. Nach dem Urteil muss Deutschlan­d seine aktuellen Regelungen jetzt in Brüssel vorlegen. Sollten die nach Ansicht der Kommission nicht genügen, könnte es zu einem weiteren Verfahren oder auch zum Vollzug des Urteils kommen. Und das würde dann Strafzahlu­ngen nach sich ziehen.

Wie kann ich feststelle­n, welche Qualität mein Trinkwasse­r hat?

Alle Versorger bieten auf ihren Webseiten die amtlich geprüften Daten an. Allerdings muss man dazu wissen, dass nicht die Belastung des Trinkwasse­rs das Problem ist, sondern die des Grundwasse­rs. Es geht also um den Aufwand, den die Versorger betreiben müssen, um Schadstoff­e herauszufi­ltern. Und das lässt sich an diesen Daten nicht ablesen.

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Foto: Mathias Wild Pflanzen brauchen Nitrat. Deshalb düngen Bauern. Doch das Grundwasse­r kann da durch Schaden nehmen.

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