Rieser Nachrichten

Wie Costa zum Helden Spaniens reift

Drei Tore in zwei Spielen: Dank ihres Torjägers sind die Iberer auf dem Weg ins Achtelfina­le. Dabei galt der gebürtige Brasiliane­r schon als gescheiter­t

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Kasan Das Torjäger-Duell mit Superstar Cristiano Ronaldo sieht Spaniens späte Entdeckung Diego Costa noch ganz gelassen. „Ich hoffe, wir treffen beide weiter so gut. Aber das Wichtigste ist, dass wir möglichst weit kommen“, sagte der Matchwinne­r nach dem mühsamen 1:0-Sieg des Topfavorit­en bei der Fußball-WM gegen den Iran angesproch­en auf den möglichen Kampf um den „Goldenen Schuh“. Costa hat bereits drei Tore in zwei Turnierspi­elen erzielt – und ist damit für den Weltmeiste­r von 2010 ähnlich wertvoll wie der viermalige Torschütze Ronaldo für Europameis­ter Portugal.

Lange wirkte der gebürtige Brasiliane­r von Atlético Madrid in der Selección mit den vielen Supertechn­ikern wie ein Fremdkörpe­r. Nach einer schwachen WM 2014 galt Costa als gescheiter­t und wurde für die EM 2016 gar nicht mehr berufen. Doch Ex-Nationalco­ach Julen Lopetegui schenkte Costa das Vertrauen und nominierte ihn vor der WM für den formschwac­hen Álvaro Morata. Eine Entscheidu­ng, über die auch Lopetegui-Nachfolger Fernando Hierro froh ist. „Er hat drei Tore gemacht in zwei Spielen, aber er kann noch mehr“, sagte der neue Chefcoach sichtlich erleichter­t nach dem ersten Sieg in Russland. „Er arbeitet hart, er kämpft offensiv und defensiv um jeden Ball.“

Schon beim 3:3 gegen Portugal zum WM-Auftakt war der 29-Jährige mit zwei Toren ein wichtiger Mann, gegen den Iran entschied er nun auch das Spiel. Gegen die SechserAbw­ehrkette der aufopfernd kämpfenden Iraner tat sich Spanien rotz rund 80 Prozent Ballbesitz und einer Passquote von 772 zu 212 allerdings lange schwer.

Zudem hatte Hierros Team Glück, als ein Tor von Saeid Ezatolahi nach Videobewei­s wegen Abseits nicht anerkannt wurde. „Viva el VAR!“, titelte die Zeitung Sport. „Hoch lebe der Videoassis­tent!“El Mundo schrieb von einem „Herzinfark­t“-Spiel. „Spanien im Labyrinth“, lautete die Schlagzeil­e beim Sportblatt Marca. „Wir haben gelitten, aber die Mauer ist gefallen.“

Spanien prallte immer wieder ab – bis Costa in der 54. Minute im Strafraum an den Ball kam, sich drehte und dann Glück hatte, dass der Ball vom Gegenspiel­er an sein Bein und von dort ins Tor prallte. „Manchmal gehen tolle Schüsse nicht rein, heute war es eben anders“, sagte der Matchwinne­r. „Die standen ziemlich hinten drin und haben viel Zeit geschunden.“

Ein Mann der großen Worte ist der bärtige Costa nicht: Nach dem Sieg und seiner Ehrung zum Man of the Match verließ er schnell das Stadion. Zwei Fragen beantworte­te er zuvor bei der obligatori­schen Pressekonf­erenz – auch wenn eine davon ihn kurz aus der Ruhe brachte. Auf die Frage eines iranischen Reporters, warum er seine Gegenspiel­er immer provoziere, antwortete Costa entgeister­t: „Welches Spiel hast du gesehen? Du musst richtig hinschauen!“

Costa hatte einst sogar zwei Freundscha­ftsspiele für Brasilien bestritten, ehe er sich für Spanien entschied. In der Selección scheint er nach vielen Enttäuschu­ngen nun angekommen. Und das, obwohl Costa auch gegen den Iran die meiste Zeit des Spiels kaum zu sehen war. Er hatte nur 22 Ballkontak­te, gewann 17 Prozent seiner Zweikämpfe. Aber in den entscheide­nden Momenten ist der wuchtige Angreifer da. Seinen dritten Treffer erzielte er mit seinem dritten Torschuss im Turnier. „Er spielt mit Leidenscha­ft, ich bin wirklich zufrieden mit ihm“, lobte Hierro.

Als gebürtiger Brasiliane­r jagt Costa nun nicht nur Ronaldo – er könnte sich auch in die Geschichts­bücher Spaniens eintragen. Emilio Butragueño 1986 und David Villa 2010 gelangen mit je fünf Toren die bislang meisten Treffer für Spanien bei einer WM. Eine Marke, die auch für Costa nicht mehr unerreichb­ar scheint. „Ich hoffe es“, sagte er. „Denn wenn ich Tore schieße, heißt das, dass das Team gut spielt und wir gewinnen.“

 ??  ?? Hinweis: Christoph Härringer zeichnet aktuell zur Fußball Weltmeiste­rschaft Comics (WM Spottschau), die wir in loser Folge abdrucken.
Hinweis: Christoph Härringer zeichnet aktuell zur Fußball Weltmeiste­rschaft Comics (WM Spottschau), die wir in loser Folge abdrucken.
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Diego Costa

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