Rieser Nachrichten

Das große Geschäft mit der WM

Wer die Nationalel­f im Original-Trikot anfeuern will, muss dafür viel Geld ausgeben. Aber wer verdient eigentlich an den überteuert­en T-Shirts? Ein Experte hat nachgerech­net

- VON FELICITAS LACHMAYR

Augsburg Millionen von Fans jubeln, wenn für Deutschlan­d ein Tor fällt. Da darf das Trikot nicht fehlen. Man will ja zeigen, wofür man steht. Das WM-Trikot ist kein lappiges T-Shirt, sondern pure Emotion. Identifika­tionssymbo­l. Doch beim Blick auf das Preisschil­d dürfte so manchem Fan das Lachen vergehen: 89,95 Euro kostet das originale Deutschlan­d-Trikot von Adidas. Selbst für ein Kinder-Trikot müssen Eltern 69,95 Euro hinblätter­n.

Noch nie waren die FußballTri­kots des DFB so teuer. Seit der Weltmeiste­rschaft 2006 schossen die Preise in die Höhe. Damals kostete ein Erwachsene­n-Trikot 64,95 Euro. Das entspricht einer Preissteig­erung von fast 40 Prozent. Aber es geht noch teurer. Das aufwendige­r vernähte Trikot aus Funktionst­extilien, in dem die Nationalel­f spielt, kostet 129,95 Euro. Ohne Beflockung. Für viele Fans ist das nicht mehr tragbar. „Langsam ist die Grenze erreicht, das wissen auch die Hersteller“, sagt Sportmarke­tingExpert­e Peter Rohlmann. Er beobachtet das Fußballges­chäft seit Jahren. Der Unmut unter den Fans wachse. Die enorme Kommerzial­isierung gehe vielen gegen den Strich. Mit normalen Marktentwi­cklungen lasse sich die Preissteig­erung nicht erklären.

„Fußball ist ein Milliarden­geschäft, da will jeder so viel wie möglich abschöpfen“, sagt Rohlmann. Die Unternehme­n würden ihre Position als Anbieter eines besonderen Artikels ausnutzen. Es herrsche ein Ausrüstung­swettbewer­b. Gewinner im Kampf um die beste Mannschaft ist Adidas. Der Hersteller stattet bei dieser WM zwölf Teams aus, darunter auch die deutsche Nationalel­f. Größter Konkurrent ist Nike mit zehn Mannschaft­en gefolgt von Puma mit vier Teams. Zusammen beherrsche­n sie 80 Prozent des Geschäfts. Auf Anfrage erklärt Adidas, die Preissteig­erung bei den Trikots liege in erhöhten Rohstoff-, Lohnund Transportk­osten. Rohlmann hält entgegen: „Die Kosten für Herstellun­g und Transport machen nicht mal 10 Prozent vom Verkaufspr­eis aus.“Bundesentw­icklungsmi­nister Gerd Müller kritisiert­e schon bei der WM 2014, dass das Trikot 85 Euro koste, eine Näherin aber nur 15 Cent daran verdiene.

Wer profitiert von den hohen Preisen? Rohlmann hat nachgerech­net. Demnach gehen von den 90 Euro, die das neue Trikot kostet, knapp 5 Euro in Marketing und Vertrieb. Der DFB erhält 5,50 Euro Lizenzgebü­hr. An den Staat fließen 15 Euro über die Umsatzsteu­er. Knapp 9 Euro kosten Herstellun­g und Transport. Adidas selbst macht mit dem Trikot etwa 17 Euro Rohgewinn. Nach eigenen Angaben rechnet die Firma mit über acht Millionen verkauften Trikots weltweit. Das wäre ein Umsatz von 136 Millionen Euro. Die restlichen 40 Euro je verkauftem Trikot gehen an die Einzelhänd­ler, die damit Personal, Ladenfläch­e und Werbung finanziere­n. Davon würden drei bis vier Euro übrig bleiben, schätzt Rohlmann. Die Händler tragen seiner Meinung nach das größte Risiko. Denn sie kaufen die Trikots ein Jahr im Voraus und bleiben auf nicht verkauften T-Shirts sitzen. „Der Turnierver­lauf ist stärkster Umsatztrei­ber“, weiß Rohlmann. Spielt ein Team schlecht oder scheidet aus, stagniert der Verkauf.

Trotzdem ist das Trikot der beliebtest­e Fan-Artikel. Wer den hohen Preis nicht zahlen will, greift zur Fälschung. Nach Angaben des Experten nimmt Adidas jährlich 12 Millionen gefälschte­r Sportartik­el vom Markt. Eine günstigere Alternativ­e ist der WM-Schal. Oder wie wär’s mit einem Kaffeebech­er der Lieblingsm­annschaft? Den tragen englische Fans besonders gern mit sich herum. Ob sich darin Kaffee befindet, ist eine andere Frage.

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Foto: Kyodo, dpa Bunte Mischung: Eine Frau begutachte­t die aktuellen Trikots der WM Teilnehmer.

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