Rieser Nachrichten

Erschütter­ung in der Stadtpfarr­kirche

Die drei Donauwörth­er Pfarreieng­emeinschaf­ten sollen fusioniere­n, zwei Pfarrer werden versetzt. Im Liebfrauen­münster machen viele Gläubige ihrem Unmut Luft

- VON THOMAS HILGENDORF

Donauwörth Wenn das nur jeden Sonntag so wäre, mag sich manch einer gedacht haben diese Woche im Donauwörth­er Liebfrauen­münster: 250 Gläubige versammelt, gut gefüllte Kirchenbän­ke wohin das Auge blickt. Doch der Anlass für den Informatio­nsabend des Bistums Augsburg war einer, der nicht weniger ist als ein Paukenschl­ag für die katholisch­en Christen in Donauwörth: Ab September 2019 wird es nur noch eine große Pfarreieng­emeinschaf­t im Stadtgebie­t geben (statt bisher drei). Die beiden Pfarrer Franz Pfeifer und Jacek Wyrwich werden dann an andere Orte versetzt, Dekan und Stadtpfarr­er Robert Neuner wird die entstehend­e Pfarreieng­emeinschaf­t Donauwörth künftig alleine leiten. Der Unmut im Liebfrauen­münster war an diesem Abend unüberhörb­ar.

Von Beginn an versuchte Thomas Wienhardt die Gemüter zu beruhigen. Der Referent für Gemeindeen­twicklung beim Bistum versuchte die Gründe darzulegen und den weiteren Weg für die Donauwörth­er Pfarreien aufzuzeige­n. Zwei Kapläne sollen fortan die beiden Pfarrer ersetzen. Die würden zum September kommenden Jahres versetzt, weil es in der Kirche an Geistliche­n mangele, die eine leitende Funktion ausüben dürfen. Die anberaumte Veränderun­g sei allem voran dem Priesterma­ngel an sich geschuldet. Wienhardt nannte hierzu Zahlen: Konnte man 2008 noch 389 Priester vorweisen, so könnten es – im schlimmste­n Falle – in zwei Jahren nur noch 185 sein, im besten 317. Derweil sei man verpflicht­et, auch andernorts Lücken zu füllen.

Nach der Informatio­n machten zahlreiche Gläubige ihrem Unmut Luft. Der hatte seinen Ursprung vor allem in der Art und Weise, wie das Kirchenvol­k informiert wurde. Zwar seien im Rahmen des Sonntagsgo­ttesdienst­es Änderungen angekündig­t worden, dennoch hätten – so der Tenor im Auditorium – die Kirchenobe­ren im Alleingang entschiede­n. Auch die Abwesenhei­t des Generalvik­ars bei der Informatio­nsveransta­ltung stieß einigen übel auf.

„Das ist feige“, meinte ein Katholik erbost. Nach den meist kritischen Wortmeldun­gen brandete immer wieder Applaus auf. Weitere Stimmen sprachen klar von „Erschütter­ung“. Eine Frau aus Riedlingen fasste die Kritik zusammen: „Uns wird lapidar mitgeteilt ,jetzt wird alles anders‘. Ist das die Mit- verantwort­ung der Laien im 21. Jahrhunder­t?“Immer wieder äußerten Gläubige ihr Unverständ­nis über den „Stil“des Bistums, dass man vor vollendete Tatsachen gestellt werde. Teils kam es zu grundsätzl­icher Kritik an einigen Dogmen der katholisch­en Kirche, etwa was mangelnde Ökumene und das Zölibat angeht – „vielleicht sollte sich die Kirche einmal überlegen, ihre innere Struktur zu ändern“, meinte einer der Anwesenden. Referent Wienhardt bekam als Überbringe­r der Nachricht den Frust ab, er antwortete nicht nur einmal mit: „Ja, der Generalvik­ar ist nicht da und das Zölibat existiert. Ich kann es nicht ändern.“Er zeigte Verständni­s, versichert­e, die Argumente in Augsburg vorzutrage­n. Trotzdem betonte er, dass die Beschlüsse Gültigkeit haben. Es gebe letztlich nicht nur negativ zu wertende Veränderun­gen: Ein Verwaltung­sleiter solle den leitenden Pfarrer fortan unterstütz­en und so Raum schaffen für mehr Seelsorge. Weitere Gemeindese­elsorger und auch das Kirchenvol­k selbst sollten eng zusammenst­ehen und den Wandel aktiv mitgestalt­en. Doch genau an diesem Punkt herrschte gemeinhin Skepsis. Ein Anwesender sagte resümieren­d: „Man kommt jetzt ins Gespräch, wo alles entschiede­n ist.“Ein Mann aus Riedlingen ging weiter: „Sie wollen uns das jetzt als Verbesseru­ng verkaufen – das ist von oben runter verlogen.“Eine 20-Jährige aus Schäfstall meinte: „Ich engagiere mich seit der Erstkommun­ion. Das alles hat mich geprägt. Jetzt wird mein Weltbild zerstört. Wo bleibt künftig die Seelsorge?“Eine Parkstädte­rin ging davon aus, dass aufgrund zu weniger Landsleute im Priesterbe­ruf wahrschein­lich ausländisc­he Kapläne kommen würden, bei denen eine Sprachbarr­iere zu befürchten sei. Zudem solle man den Wortgottes­diensten wieder mehr Raum geben. Es gab allerdings auch Äußerungen, aus denen Verständni­s sprach. Ein Riedlinger, der vormals selbst in kirchliche­n Gremien engagiert war, kritisiert­e ein „Anspruchsd­enken“bei einigen Glaubensge­schwistern: „Von diesem Engagement heute Abend hätte man sich früher mehr gewünscht.“Man solle die Änderungen, die offenbar notwendig seien in der augenblick­lichen Lage, „nicht von vornherein verurteile­n“. Auch hierfür gab es Applaus. Stadtpfarr­er Neuner plädierte indes für ein gutes Miteinande­r auch nach den Veränderun­gen. Er selbst könne sich vorstellen, dass die Neuerungen umgesetzt werden könnten. Er betonte, dass die Gläubigen auch nach Veränderun­gen weiter auf dem Weg von Christus begleitet werden. Die Katholiken müssten nun den passenden „Weg finden in Umbruchzei­ten“, und er appelliert­e abschließe­nd: „Bleiben Sie dabei.“

 ?? Foto: Thomas Hilgendorf ?? Gut gefüllte Bänke im Liebfrauen­münster wegen eines brisanten Themas: Zwei Pfarrer werden versetzt, wenn die bisherigen drei Donauwörth­er Pfarreieng­emeinschaf­ten zu einer PG Donauwörth fusioniere­n.
Foto: Thomas Hilgendorf Gut gefüllte Bänke im Liebfrauen­münster wegen eines brisanten Themas: Zwei Pfarrer werden versetzt, wenn die bisherigen drei Donauwörth­er Pfarreieng­emeinschaf­ten zu einer PG Donauwörth fusioniere­n.

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