Das üble Ende einer Taxifahrt
Gericht urteilt über Schlägerei
Nördlingen Juni 2017. Zwei junge Männer aus Nördlingen sind auf der Mess’. Es ist ein feucht-fröhlicher Abend mit übermäßigem Alkoholkonsum. In den Morgenstunden des folgenden Tages organisieren sie sich ein Taxi und wollen in der Innenstadt noch einen Absacker bechern. Beide sind sturzbetrunken.
Beim Einsteigen gesellt sich ein Mess’-Besucher etwa gleichen Alters hinzu und fragt, ob er mitfahren könne. Er wolle heim in seine Heimatgemeinde im mittleren Ries. Er ist ebenfalls schwer alkoholisiert. Die beiden willigen ein. Der Taxifahrer steuert sein Fahrzeug in die Drehergasse, um dann seinen dritten Fahrgast nach Hause zu bringen. Wenige Minuten später passiert etwas, was alle drei jetzt vor dem Nördlinger Amtsgericht landen ließ – in unterschiedlichen Rollen. Die beiden Nördlinger als Angeklagte wegen „gemeinschaftlich begangener, gefährlicher Körperverletzung“, der Rieser als Opfer und Zeuge.
Was war geschehen? An der Einmündung zur Münzgasse, wo das Taxi in der besagten Nacht anhielt, kommt es unvermittelt zu heftigen Handgreiflichkeiten. Der Mitfahrer soll während der Fahrt etwas Unschönes über die Mutter eines der Angeklagten gesagt haben. Was genau, wisse er nicht mehr. „Dafür habe ich ihm nach dem Aussteigen ein paar Schläge versetzt“, räumt er vor Gericht ein und gesteht die Tat. Er habe sich provoziert gefühlt und sei ausgerastet.
Der zweite Angeklagte beteuert, nichts von einer Provokation mitbekommen zu haben. „Während der Fahrt war ich mit meinem Handy beschäftigt“. Er bestreitet vehement, wenig später in die direkte Auseinandersetzung zwischen den beiden anderen verwickelt gewesen zu sein, geschweige denn zugeschlagen zu haben. Warum er auf der Anklagebank sitze, sei ihm nicht klar.
Die drei Zeugen, die Richter Gerhard Schamann geladen hatte, schildern den Vorfall ganz anders. Sie sagen übereinstimmend aus, dass beide Angeklagten auf ihren Taxi-Mitfahrer eingeschlagen, ihm sogar Fußtritte versetzt hätten.
Staatsanwalt Dominik Semsch spricht in seinem Plädoyer von einem der Angeklagten als Haupttäter. Zu dessen Gunsten sprechen sein Geständnis sowie ein „vorbildliches Nachtatverhalten“. Er habe sich bei seinem Opfer entschuldigt und ihm ein Schmerzensgeld in unüblicher Höhe gezahlt. Außerdem seien die Verletzungen relativ gering gewesen, was sich ebenfalls strafmildernd auswirke. Dennoch müsse er wegen gefährlicher Körperverletzung in einem „minderschweren Fall“verurteilt werden. Gleiches gelte für den Mitangeklagten. Dass auch dieser an der Tat beteiligt gewesen sei, hätten die Zeugenaussagen belegt. Die Forderung des Staatsanwaltes: Geldstrafe für beide Angeklagte – jeweils 120 Tagessätze zu 40 beziehungsweise 50 Euro.
Die Verteidiger plädieren unterschiedlich. Freispruch für einen der Angeklagten, weil ihm die Tat nicht explizit nachzuweisen sei. Deswegen: In dubio pro reo – im Zweifel für den Angeklagten. Sein Kollege spricht von einer „Kurzschlusshandlung“seines Mandanten, weil dieser sich vom Opfer provoziert gefühlt habe. Er schlage vor, ihm eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 40 Euro aufzuerlegen.
Gerhard Schamann verurteilt schließlich beide wegen gefährlicher Körperverletzung in einem minderschweren Fall zu jeweils 90 Tagessätzen zu 50 bzw. 40 Euro, obwohl einem der beiden Angeklagten Schläge auf den jungen Rieser nicht explizit nachzuweisen seien. Für eine Verurteilung reiche es bereits aus, bei einem solchen Vorfall dabei gewesen zu sein, so der Richter. Die Rechtssprechung bezeichne dies als „gemeinschaftliche Begehensweise“.