Ein Sommernachtstraum
Im Hof des Oettinger Schlosses spielt das Bachorchester vor zahlreichen Zuschauern. Die Akustik im Freien kommt den gewählten Stücken meist entgegen
Oettingen Strahlend blauer Himmel, die großartige Kulisse des Oettinger Schlosses und ein sonnenbestrahlter Marienbrunnen im großräumigen Schlosshof lockten weit über fünfhundert Besucher ins Open-Air-Residenzkonzert Oettingen, für die Veranstalter ein großartiger Erfolg. Kein Wunder, dass Günther Simon, der Vorsitzende des Kuratoriums und zugleich Dirigent des Oettinger Bachorchesters, das im Schatten der Schlossmauern Platz genommen hatte, den Anblick des großen Auditoriums bei seiner Begrüßung genoss.
Die 31. Sinfonie W. A. Mozarts begann eindrucksvoll mit einer fanfarenartigen Ankündigung, mit einem Paukenwirbel verstärkt. Als die ersten Violinen kurz darauf im Piano einsetzten, wurde der Unterschied zum Saalkonzert gleich deutlich. Der offene Raum trägt die fei- Geigentöne nicht so stark wie gewohnt und kommt den Bläsern mehr entgegen. In der Hinsicht war die Wahl dieser Sinfonie für ein Freiluft-Konzert sehr günstig, da Mozart hier viele Blasinstrumente vorsah, die eine große Farbigkeit erzeugten und der Sinfonie mitsamt den Pauken eine starke Ausstrahlung verliehen. Den gegenteiligen Effekt erreichte Dirigent Günter Simon, als er im zweiten Satz mit den liedhaften Themen und schwingendem Spiel das Gefühl des Publikums ansprechen ließ und am Schluss die Musik regelrecht verhauchen ließ. Im Schlusssatz durften die einzelnen Instrumentengruppen hervortreten und einen temperamentvollen Abschluss gestalten.
Hörner sprachen wegen ihrer Assoziation zu Wald und Jagd die Jagdlust der früheren Hofgesellschaften an, und verbreiteten auch bei dieser Serenade die entsprechende Stimmung. Dafür war Antonio Rosettis „Konzert für zwei Hörner“die rechte Wahl. Den Hornistinnen Roxane Boivin und Isabel Schmitt gelang es bestens, solche Vergleiche zu wecken. Ihr virtuoser Auftritt wurde durch einen kräftigen Beifall gewürdigt, denn sie bewiesen auch bei hohen Tönen gute spieltechnische und intonatorische Fähigkeiten, wenn sie es auch leichter hatten, als ihre Vorgänger in Rosettis Hofkapelle, die mit damals ventillosen Naturhörnern bekanntlich virtuos spielen konnten. Das begleitende Orchester setzte in der stimmungsvollen Romanze und dem schwungvollen Rondo bemerkenswerte unterhaltende Akzente.
Was die heutigen Schottlandreisenden an diesem Land fasziniert, hat auch Felix Mendelssohn-Bartholdy erlebt und in seiner dritten Sinfonie verarbeitet, weshalb sie die „Schottische“genannt wird. In tiefer Dämmerung schien der Palast der Maria Stuart – von Efeu übernen wuchert und von geheimnisvollen Stimmungen überzogen – für den Romantiker Mendelssohn die motivierende Vorlage gewesen zu sein und eine gestalterische Anregung für die Musiker. Sie vermochten die Klangfarben in musikalische Bilder zu verwandeln und die geheimnisvolle Ruhe mit hymnischen Klängen zu überhöhen. Sie deuteten schottische Folklore an, als die Klarinette den Dudelsack imitierte. Und es hatte den Anschein, als ob in den Choral aus der alten Kapelle der passende Glockenschlag der Jakobskirche nebenan einstimmte.
Romantik pur – bis zum kräftigen Ausklang des Konzerts. Ergriffen applaudierte das Publikum. Es erlebte mit der Zugabe noch einen überwältigenden Höhepunkt, als sechs Hörner Mendelssohns Melodien des „Notturno“aus dem „Sommernachtstraum“in den heraufziehenden Abend schallen ließen.