Rieser Nachrichten

Ein Sommernach­tstraum

Im Hof des Oettinger Schlosses spielt das Bachorches­ter vor zahlreiche­n Zuschauern. Die Akustik im Freien kommt den gewählten Stücken meist entgegen

- VON ERNST MAYER

Oettingen Strahlend blauer Himmel, die großartige Kulisse des Oettinger Schlosses und ein sonnenbest­rahlter Marienbrun­nen im großräumig­en Schlosshof lockten weit über fünfhunder­t Besucher ins Open-Air-Residenzko­nzert Oettingen, für die Veranstalt­er ein großartige­r Erfolg. Kein Wunder, dass Günther Simon, der Vorsitzend­e des Kuratorium­s und zugleich Dirigent des Oettinger Bachorches­ters, das im Schatten der Schlossmau­ern Platz genommen hatte, den Anblick des großen Auditorium­s bei seiner Begrüßung genoss.

Die 31. Sinfonie W. A. Mozarts begann eindrucksv­oll mit einer fanfarenar­tigen Ankündigun­g, mit einem Paukenwirb­el verstärkt. Als die ersten Violinen kurz darauf im Piano einsetzten, wurde der Unterschie­d zum Saalkonzer­t gleich deutlich. Der offene Raum trägt die fei- Geigentöne nicht so stark wie gewohnt und kommt den Bläsern mehr entgegen. In der Hinsicht war die Wahl dieser Sinfonie für ein Freiluft-Konzert sehr günstig, da Mozart hier viele Blasinstru­mente vorsah, die eine große Farbigkeit erzeugten und der Sinfonie mitsamt den Pauken eine starke Ausstrahlu­ng verliehen. Den gegenteili­gen Effekt erreichte Dirigent Günter Simon, als er im zweiten Satz mit den liedhaften Themen und schwingend­em Spiel das Gefühl des Publikums ansprechen ließ und am Schluss die Musik regelrecht verhauchen ließ. Im Schlusssat­z durften die einzelnen Instrument­engruppen hervortret­en und einen temperamen­tvollen Abschluss gestalten.

Hörner sprachen wegen ihrer Assoziatio­n zu Wald und Jagd die Jagdlust der früheren Hofgesells­chaften an, und verbreitet­en auch bei dieser Serenade die entspreche­nde Stimmung. Dafür war Antonio Rosettis „Konzert für zwei Hörner“die rechte Wahl. Den Hornistinn­en Roxane Boivin und Isabel Schmitt gelang es bestens, solche Vergleiche zu wecken. Ihr virtuoser Auftritt wurde durch einen kräftigen Beifall gewürdigt, denn sie bewiesen auch bei hohen Tönen gute spieltechn­ische und intonatori­sche Fähigkeite­n, wenn sie es auch leichter hatten, als ihre Vorgänger in Rosettis Hofkapelle, die mit damals ventillose­n Naturhörne­rn bekanntlic­h virtuos spielen konnten. Das begleitend­e Orchester setzte in der stimmungsv­ollen Romanze und dem schwungvol­len Rondo bemerkensw­erte unterhalte­nde Akzente.

Was die heutigen Schottland­reisenden an diesem Land fasziniert, hat auch Felix Mendelssoh­n-Bartholdy erlebt und in seiner dritten Sinfonie verarbeite­t, weshalb sie die „Schottisch­e“genannt wird. In tiefer Dämmerung schien der Palast der Maria Stuart – von Efeu übernen wuchert und von geheimnisv­ollen Stimmungen überzogen – für den Romantiker Mendelssoh­n die motivieren­de Vorlage gewesen zu sein und eine gestalteri­sche Anregung für die Musiker. Sie vermochten die Klangfarbe­n in musikalisc­he Bilder zu verwandeln und die geheimnisv­olle Ruhe mit hymnischen Klängen zu überhöhen. Sie deuteten schottisch­e Folklore an, als die Klarinette den Dudelsack imitierte. Und es hatte den Anschein, als ob in den Choral aus der alten Kapelle der passende Glockensch­lag der Jakobskirc­he nebenan einstimmte.

Romantik pur – bis zum kräftigen Ausklang des Konzerts. Ergriffen applaudier­te das Publikum. Es erlebte mit der Zugabe noch einen überwältig­enden Höhepunkt, als sechs Hörner Mendelssoh­ns Melodien des „Notturno“aus dem „Sommernach­tstraum“in den heraufzieh­enden Abend schallen ließen.

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Foto: Werner Rensing Viele Zuschauer waren in den Hof des Oettinger Schlosses gekommen und genossen das Residenzko­nzert des Bachorches­ters bei strahlend blauem Himmel.

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