Ihr Mann starb im Stift: Frau klagt
Bei der Behandlung des Krebspatienten soll das Nördlinger Krankenhaus Fehler gemacht haben. Ein Gutachter bewertet die Situation vor Gericht anders, übt aber auch Kritik
Bei der Behandlung des Krebspatienten sollen Fehler passiert sein. Ein Gutachter sieht das anders. Mehr lesen Sie auf
Nördlingen/Augsburg Wenige Tage vorher war er noch am Stammtisch gesessen, hatte eine komplette Brotzeitplatte verspeist. „Quietschfidel“sei ihr Mann gewesen, erzählt die Klägerin vor der Zivilkammer am Augsburger Landgericht. Kurz darauf starb er jedoch – im Nördlinger Stiftungskrankenhaus. Die Ärzte tragen daran eine Mitschuld, ist sich die Frau sicher. Hätte sie ihren Mann im November 2013 in ein anderes Klinikum gebracht, wäre er wohl noch am Leben, sagt sie und wischt sich eine Träne von der Wange. Für das, was im Nördlinger Stiftungskrankenhaus passiert sein soll, fordert sie Schmerzensgeld und Schadensersatz, insgesamt geht es um einen Streitwert von gut 20000 Euro.
Die Krankengeschichte ihres Mannes reicht weiter zurück als in besagten November 2013. Zehn Jahre zuvor wurde ihm ein Tumor an der Prostata diagnostiziert, wie Richter Dr. Rainer Wiedemann zu Beginn des Verfahrens darlegt. Das Krebsgeschwür habe man damals entfernen können, doch später hätten sich Metastasen gebildet. Als der Mann im November 2013 mit starken Rückenschmerzen ins Nördlinger Stiftungskrankenhaus eingeliefert wurde, sei der Körper im Beckenund Rückenbereich bereits von Geschwüren durchzogen gewesen.
Die Ärzte am Stiftungskrankenhaus seien damals zu der Erkenntnis gelangt, „dass sich der Patient dem Lebensende nähert“, wie es ein beteiligter Palliativmediziner vor Gericht formuliert. Auf dieser Grundlage habe man den Patienten, mit dessen Einverständnis – und auch dem der Klägerin – betreut. Die behauptet jedoch, dass es bei der Behandlung ihres Mannes vier Fehler gegeben habe: Die Ärzte hätten ihm zu wenig Flüssigkeit verabreicht und keine Nierenspülung veranlasst; er habe nicht rechtzeitig ein Antibiotikum gegen eine Infektion bekommen; es habe keine Ultraschalluntersuchung gegeben und bei der Behandlung sei kein Urologe hinzugezogen worden. Ihr Mann wäre noch zu retten gewesen, davon ist die Klägerin überzeugt.
Der Münchner Gutachter Professor Wolfgang Thasler war damit beauftragt worden, sich die Kritikpunkte anzusehen und die Todesursache des Patienten nachzuvollziehen. Er sei zu der Erkenntnis gelangt, dass sich nach Prüfung der Dokumente keine Fehler bei der Behandlung nachweisen lassen, sagt der Mediziner vor Gericht. Die Frage nach der Todesursache des Krebspatienten bleibt allerdings offen. Laut Totenschein war eine Urosepsis, eine bakterielle Entzündung der Harnwege, schuld am Tod des Mannes. Auf dieser Grundlage übte ein erstes Gutachten Kritik daran, dass die Ärzte am Stiftungskrankenhaus dem Mann erst am Tag vor seinem Tod ein Antibiotikum verabreicht hätten, obwohl er sich bereits mehrere Tage in der Klinik befand. Laut dem zweiten Gutachter, Wolfgang Thasler, sei jedoch nicht nachweisbar, dass eine Urosepsis vorgelegen hat. Aus den Unterlagen ergebe sich lediglich ein erhöhter Entzündungswert beim Patienten, dieser könne jedoch auch schlicht die Folge eines Tumors sein. Der sei seiner Ansicht nach auch relativ sicher die Todesursache gewesen. Der Gutachter stellt klar: „Wenn das in meiner Klinik passiert wäre, hätte ich mir schon gewünscht, dass man bei dem Patienten einen Ultraschall und einen Harnabstrich macht.“Aber ein fehlerhaftes Verhalten könne man den behandelnden Ärzten nicht unterstellen.
Richter Rainer Wiedemann wies die Klägerin darauf hin, dass ein Schmerzensgeldanspruch im Namen ihres Mannes nur bestünde, wenn ihm durch die Behandlung der Ärzte Schmerzen entstanden wären, die er sonst nicht gehabt hätte. Das verneinte der Gutachter jedoch. Die Maßnahmen der Mediziner seien geeignet gewesen, um die Beschwerden des Patienten zu dämpfen. Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz für sich selbst hätte die Klägerin nur, wenn die Ärzte des Stifts verantwortlich für den Todeseintritt ihres Mannes seien, so der Richter. Dafür gebe es jedoch keine Anhaltspunkte.
Die Klägerin entschied sich nach einem Gespräch mit ihrem Anwalt dazu, die Klage zurückzuziehen.