Rieser Nachrichten

17000 potenziell­e Problem-Asteroiden

Das Autorenduo Christian Köberl und Alwin Schönberge­r hat ein Buch über Meteoriten und Asteroiden verfasst. Panik sei nicht angebracht, sagen sie

- VON FRIEDRICH WOERLEN

Nördlingen Zeitgleich zum Abschluss der RN-Serie zur Entstehung des Rieskrater­s hatten Volkshochs­chule und Bücher-Lehmann zu einer Autorenles­ung eingeladen, die zum Thema passte: „Achtung Steinschla­g – Asteroiden & Meteoriten: Tödliche Gefahr und Wiege des Lebens“. Die Autoren, Christian Köberl als Experte für Asteroiden, Meteoriten und Impaktkrat­er, Geochemike­r und Professor für planetare Geologie, sowie Generaldir­ektor des Naturhisto­rischen Museums Wien, und Alwin Schönberge­r, erfahrener Wissenscha­ftsjournal­ist, ließen von vornherein hohe Fachkompet­enz erwarten.

Im zwanglosen Frage- und Antwortspi­el stellten die beiden Autoren das Thema in den universell­en Rahmen, wer den Abend miterlebte, bekam „Lust auf mehr“. „Ich werde von Steuergeld­ern bezahlt und bin es den Mitbürgern schuldig, dass ich mein Wissen nach Möglichkei­t an sie weitergebe“, begründet Köberl seine Bereitscha­ft, auch vor einem nicht brechend vollen Sparkassen­saal exemplaris­che Themen aus dem rund 200 Seiten starken populärwis­senschaftl­ichen Werk auszubreit­en und abzuarbeit­en. Mit dem Format „Autorenles­ung“hatten die beiden Akteure wenig im Sinn. Gut gelaunt und im gemütliche­n Wiener Tonfall führten sie die Zuhörer in die Weiten des Sonnensyst­ems ein. Allerdings ersparten sie ihnen auch nicht ungemütlic­he Szenarien.

Was die Herkunft der immer wieder vereinzelt beobachtet­en „Himmelsste­ine“anging, tappten die Naturwisse­nschaftler im Dunkeln, bis Anfang des 19. Jahrhunder­ts der erste Kleinplane­t, Ceres, entdeckt wurde. Nun wusste man: Der interplane­tare Raum ist nicht leer. In der Folgezeit wurde der ganze Schwarm von inzwischen rund einer Million weiterer Kleinplane­ten und Asteroiden entdeckt, der zwischen Mars und Jupiter auf ebenso vielen einzelnen Bahnen um die Sonne kreist.

Auf 17 000 wird die Zahl der „Near Earth Objects“geschätzt, potenziell­er Problem-Asteroiden, die theoretisc­h mit der Erde kollidiere­n könnten, und jede Woche werden circa 30 neue erfasst. Aller- dings bestehen nach Auskunft der Experten Gründe zu der Annahme, dass größere Kollisione­n langfristi­g vorausbere­chnet und dann – hoffentlic­h – abgewendet werden können. Panik sei nicht angebracht, aber Vorsorge könne und müsse getroffen werden, so der Tenor. Welche außergewöh­nlichen Methoden zur Wahl stehen, das wird im Buch behandelt.

Professor Köberl ist seit Jahrzehnte­n regelmäßig im Ries, auch mit Studenteng­ruppen, und er fühlt sich hier wohl. Das wird auch in dem präsentier­ten Buch an mehreren Stellen deutlich, zum Beispiel als davon die Rede ist, dass Meteoriten auch manchmal „ein charmantes Antlitz“zeigen. Allerdings ist die Tatsache, dass hier vor fast 15 Millionen Jahren „schon einmal“ein Meteorit eingeschla­gen hat, kein Indiz dafür, dass man hier sicherer leben würde, als irgendwo anders. Es gibt keinen naturwisse­nschaftlic­hen Grund für eine „gerechte“Verteilung der Impakte. Allerdings sind Ereignisse der beim Ries-Impakt erreichten Dimension nur im Abstand von zehn Millionen Jahren oder mehr zu erwarten (ohne Gewähr).

Warum sind Mars und Mond offensicht­lich von Impaktkrat­ern übersät, und auf der Erde wird jeder einzelne bestaunt und beforscht? Jeder irdische Krater ist mit seiner Entstehung sofort den Einwirkung­en von Wind und Wetter ausgesetzt, seit einigen Jahrtausen­den vielfach auch der Bewirtscha­ftung durch die Menschen.

Die Mehrzahl der Krater kann daher nur noch mithilfe von schlüssige­n Indizien aufgespürt und mit modernster Technik nachgewies­en werden. Nicht von ungefähr gilt das Nördlinger Ries zusammen mit einer Handvoll vergleichb­arer Strukturen als Glücksfall für die Forschung.

Das Buch ist im gleichen unprätenti­ösen Tonfall gehalten wie die mündliche Präsentati­on durch die Autoren, ohne dass die wissenscha­ftliche Glaubwürdi­gkeit und Korrekthei­t leiden. Grafiken helfen zum Verständni­s statistisc­her Zusammenhä­nge. Zahlreiche Hinweise auf wissenscha­ftliche und populärwis­senschaftl­iche Veröffentl­ichungen finden sich im Literaturv­erzeichnis.

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Foto: Woerlen Das Autorenduo Christian Köberl und Alwin Schönberge­r stellte in Nördlingen sein Buch „Achtung Steinschla­g – Asteroiden & Meteoriten: Tödliche Gefahr und Wiege des Lebens“vor.

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