Die Elternangst vor den Ferien
Früher, ja früher waren die Sommerferien eine fantastische Zeit. Man wünschte sich, dass sie nie zu Ende geht und das nächste Schuljahr erst Lichtjahre später beginnt. Unsere Eltern mussten sich damals um uns Kinder nicht kümmern, zumindest hat man das so in Erinnerung. Sie überließen uns einfach uns selbst.
Und wir? Wir genossen es. Denn wir wussten mit der Zeit, die mit jedem Tag träger wurde, prima umzugehen. Wir legten uns an den Badesee, verratschten ganze Nachmittage ziellos, genossen das Dolcefarniente, von dem wir damals nicht einmal wussten, dass das, was wir taten beziehungsweise nicht taten, ebensolches war.
Diese Haltung zur Freizeit hat sich heutzutage geändert. Das süße Nichtstun ist zum Problem geworden. Und weil viele Kinder keine Ideen mehr haben, wie sie ihre Freizeit verbringen können, fürchten einer Umfrage zufolge 63 Prozent der Eltern, den Anforderungen ihrer Sprösslinge in den Ferien nicht gerecht zu werden – und fühlen sich deswegen schuldig.
Die Eltern wollen dem Nachwuchs natürlich den perfekten Sommer bieten. Manche verschulden sich angesichts des Erwartungsdrucks sogar, um sich Reisen zu exklusiven Urlaubsdestinationen leisten zu können. Der Druck kommt aus sozialen Netzwerken, in denen alle die schönsten Bilder aus dem Urlaub posten.
Um ihre Schuldgefühle zu lindern, rüsten viele Eltern die lieben Kleinen mit Handys oder Spielekonsolen aus. Da sitzen sie dann daheim im abgedunkelten Kinderzimmer, starren auf die Displays und täuschen mit ihren Posts vor, auf den Malediven zu sein.