Rieser Nachrichten

Der letzte Tiger verlässt die Fabrik

Bei Airbus Helicopter­s in Donauwörth endet die Serienfert­igung des Kampfhubsc­hraubers. Ein Blick zurück – und nach vorne: Wie geht es weiter?

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Donauwörth Er ist auffällig eckig, aber äußerst wendig, ziemlich laut und wegen seiner Feuerkraft gefürchtet: der Tiger. 20 Jahre lang baute die Firma Airbus Helicopter­s (vorher Eurocopter) den Kampfhubsc­hrauber in Donauwörth. Doch jetzt ist dieses Kapitel der regionalen Industrieg­eschichte beendet. Vor kurzem verließ die letzte hier gefertigte Maschine das Werk an den Kunden Bundeswehr.

Bevor dieser Tiger am Himmel verschwand, zeigte die Besatzung bei einer kleinen Flugshow für Firmenund Bundeswehr­angehörige noch einmal, welch große fliegerisc­hen Fähigkeite­n der Hubschraub­er besitzt. Der hat seine Ursprünge in den 1990er-Jahren. Noch ehe ihn das Militär ausgeliefe­rt bekam, war die Raubkatze der Lüfte bereits eine Berühmthei­t, durfte der Helikopter doch als – damals noch – exotisches Wunderwerk der Technik im James-Bond-Film „Golden Eye“mitspielen. Das war 1995. Im Film war ein Prototyp zu sehen.

1998 fiel der Startschus­s für die Serienfert­igung. In Donauwörth wurden fortan die Maschinen für die Bundeswehr gebaut, in Frankreich die Tiger für die dortige Armee. Beide Standorte lieferten zudem Komponente­n für die Maschinen, welche Spanien (24 Stück) und Australien (22) für ihre Armeen orderten. Der Tiger sorgte nicht nur für positive Schlagzeil­en. Die Entwicklun­g war komplizier­t, die Auslieferu­ng verzögerte sich erheblich. 2002 präsentier­te die Firma das erste in Serie gefertigte Exemplar – ein Ereignis, das aufwendig inszeniert und mit rund 400 geladenen Gästen aus aller Welt gefeiert wurde. Bis die Bundeswehr die ersten Maschinen tatsächlic­h in Empfang nahm, dauerte es noch bis 2005.

Zunächst bestellte das Verteidigu­ngsministe­rium 80 Tiger für das Heer. Doch dann setzte die Politik den Rotstift an. Es sollten nur noch 60 Maschinen sein. Nach zähen Verhandlun­gen vereinbart­en die Beteiligte­n: Die Bundeswehr erhält 68 Tiger. Allerdings wurden zwischenze­itlich elf außer Dienst gestellt und dienen als „Ersatzteil­lager“. Das Konzept sieht vor, dass 40 Exem- plare in der deutschen Truppe ständig einsatzber­eit sein sollen.

Was ebenfalls Probleme bereitete: Der Tiger war ursprüngli­ch so bestellt, um in hiesigen Breiten fliegen zu können. Tatsächlic­h aber musste die Bundeswehr immer mehr zu Einsätzen in ferne Länder – zum Beispiel Afghanista­n.

In den Kriegsgebi­eten gilt der Kampfhubsc­hrauber als wichtiges Instrument. Es stellte sich heraus, dass die vom Bund bestellte Version den extremen Witterungs­verhältnis­sen nicht gewachsen ist. Deshalb musste nachgerüst­et werden (zum Beispiel Sandfilter). Nun hat der letzte Tiger für Deutschlan­d die Endmontage in Donauwörth verlassen. „Für das Programm bedeutet dies noch nicht das Ende“, betont Airbus-Pressespre­cher Gregor von Kursell. Gemeinsam mit den bereits genannten Nationen, die den Tiger nutzen, arbeite man an einer Weiterentw­icklung. Das Ziel: Die Fähigkeite­n der Hubschraub­er auf Basis der Einsatzerf­ahrungen in Afghanista­n und Mali zu verbessern. Bereits jetzt werde der Tiger umund nachgerüst­et. Dies betreffe 33 Exemplare der Bundeswehr.

Das Auslaufen der Serienprod­uktion habe keine Auswirkung auf die Beschäftig­ung am Standort, so von Kursell. In den vergangene­n Jahren waren rund 1000 Personen bei Airbus in Donauwörth mit dem Tiger beschäftig­t. Zuletzt habe sich die Zahl reduziert, was zum Ende der Fertigung hin normal sei.

Nach dem Tiger werden bei Airbus Helicopter­s in Donauwörth weiterhin Hubschraub­er für die Streitkräf­te hergestell­t. Dazu gehören der leichte Transporth­elikopter NH90 und die militärisc­he Version des H145.

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Foto: Airbus Helicopter­s Bevor er an die Bundeswehr ausgeliefe­rt wurde, zeigte die Besatzung dieses Tigers über dem Airbus Werk in Donauwörth noch, welche fliegerisc­hen Fähigkeite­n der Hub schrauber hat.

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