Rieser Nachrichten

Wissen Sie, woher Ihr Nachname stammt?

Die Geschichte unserer Nachnamen reicht teilweise weit zurück. Nicht nur Gebäude wurden zu Namensgebe­rn. Wir nehmen Sie in den nächsten Monaten mit auf eine Reise in die Welt der Nachnamen

- VON GERHARD BECK

Landkreis Als im Jahr 1813 im Königreich Bayern ein Erlass die jüdischen Familien zur Führung von Familienna­men verpflicht­ete, kam es in den israelitis­chen Gemeinden im Ries zu einer großen Zahl von Namens-Neuschöpfu­ngen. Vorher galt bei den meisten Juden in Hainsfarth, Wallerstei­n, Harburg und den anderen Dörfern ein streng patronymis­ches Namensgebe­n, also die Benennung der Personen nach dem Namen des Vaters. So war Salomon David der Sohn eines David und dessen Söhne wurden beispielsw­eise als Emanuel Salomon oder Joel Salomon bezeichnet.

Die 1813 entstanden­en Namen haben sehr oft einen deutlich erkennbare­n Bezug zur Herkunft, dem Wohnort oder dem Beruf des Trägers. So nannten sich in Hainsfarth mehrere Familien in der im Oberdorf gelegenen Jurastraße „Oberdorfer“. Eine reichere Fami- lie im Oberdorf gab sich den Namen „Obermeier“. Am obersten Ende der Gasse hieß man „Obergäßner“. Eine Familie im Unterdorf nannte sich „Unterdorfe­r“und eine Familie, die neben dem Dorfbach wohnte, erhielt den Namen „Bachmann“. Die Familie „Steinmeyer“könnte eventuell ihren Familienna­men von ihrem Wohnsitz nahe dem Hainsfarth­er Gemeindest­ein ableiten, während die Träger des Namens „Badmann“als Besitzer des Oettinger Judenbades anzusehen sind.

Eine aus Steinhart übersiedel­te Familie nannte sich „Schlossman­n“und hatte früher den Wohnsitz am Steinharte­r Schloss. Vom Pferdehand­el leitete die Familie „Reiter“ihren Familienna­men ab. Die jüdischen Familienna­men „Aufhäuser“, „Gunzenhäus­er“, „Harburger“, „Steinharte­r“, „Wallerstei­ner“usw. erklären sich durch die Herkunft der Familie oder der Ahnen aus dem jeweiligen Ort. Ähnliches gilt für die Namen „Elsässer“und „Englän- Bei Familienna­men wie „Gutmann, Schönemann, Liebmann“kann die Namensents­tehung zwar sehr gut hergeleite­t, jedoch heute nicht mehr überprüft werden.

Die Entstehung der christlich­en Familienna­men reicht dagegen wesentlich weiter zurück. Ursprüngli­ch hatten die Menschen auch hier lediglich Vornamen. Bei den Adeligen kam bereits ab dem Frühmittel­alter eine Wohnortang­abe hinzu, wodurch Namen wie „Ludwig von Oettingen“oder „Rudolf von Hürnheim“entstanden sind. In den Städten war es aufgrund der zahlreiche­ren Bevölkerun­g ebenfalls früh notwendig, die einzelnen Personen zu unterschei­den. So finden sich etwa ab dem 11. und 12. Jahrhunder­t in größeren Städten Beinamen. Auch die Urkunden der Stadt Nördlingen aus der Zeit um 1250 beweisen, dass dort etliche Bürger solche Zweitnamen besaßen. Diese Namen wie „Berthold der Krause“oder „Haintz der Lingge“waren nur auf den einzelnen Träger bezogen, denn der Sohn des Berthold hatte vielleicht kein krauses, sondern glattes Haar und der Sohn des Haintz war Rechtshänd­er. Im Laufe der Generation­en wurden diese Namen auf die Nachkommen übertragen. Im Ries bildeten sich so im 13. und 14. Jahrhunder­t relativ feste Zweitnamen heraus. Bei vielen Familien war um das Jahr 1400 also der Zuname zum festen Bestandtei­l geworden. Allerdings kam es bis um etwa 1580 immer wieder zum Wechsel des Namens. Beispielsw­eise ist in Nördlingen für die Jahre 1581 bis 1602 ein Bürger namens Peter bezeugt, der einmal als Löpsinger und einmal als Beck, meist aber als „Peter Beck, genannt Löpsinger“oder umgekehrt in den Schriftque­llen auftaucht.

Anfänglich war auch die Schreibwei­se dieser Namen sehr stark veränderba­r, sodass oft auch die Schreibkun­digen Amtsleute oder Pfarrer im 16. Jahrhunder­t noch ihder“. ren eigenen Namen in einem Schriftstü­ck mit verschiede­nen Varianten geschriebe­n haben (beispielsw­eise „Vischer“und „Fischer“). Erst mit der Einführung der Standesämt­er im Jahr 1876 kam es schließlic­h zu einer eindeutige­n Fixierung der Namensschr­eibweisen.

Verschiede­ne Schreibwei­sen waren sehr verbreitet

Uralte, hier ansässige Namen haben sich im Laufe der Jahrhunder­te in ganz verschiede­nen Schreibwei­sen verbreitet. Als Beispiel sei der seit 1499 in Schwörshei­m vorkommend­e Name „Hertle“genannt. Von einem gewissen „Lorentz Hertlin“, der 1525 am Bauernaufs­tand teilgenomm­en hat, stammen zahlreiche Nachkommen vor allem im Ries und in Mittelfran­ken ab. Neben der hauptsächl­ichen Schreibwei­se „Hertle“sind heute noch die Varianten „Härtle“, „Herdle“, „Hertlein“oder „Härdle“anzutreffe­n.

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Foto: Gerhard Beck
Die Donismühle unter halb Balgheims Rich tung Möttingen: Diese Mühle hieß bis in die frühe Neuzeit „Schreit mühle“und ist der na mengebende Ort für den weit verbreitet­en Namen Schreitmül­ler. Foto: Gerhard Beck

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