Rieser Nachrichten

Dick, Löw, Wiedemann – das bedeuten die Namen

Namensfors­cher teilen Familienna­men in fünf Hauptgrupp­en ein. Einige von ihnen stammen aus dem Ries

- VON GERHARD BECK

Landkreis Namensfors­cher teilen die Entstehung der Familienna­men nach fünf Hauptgrupp­en ein. Die wichtigste Gruppe ist diejenige, die von Berufen abgeleitet ist. So zählen die Namen Müller, Schmidt, Schneider und Fischer zu den vier häufigsten Namen in Deutschlan­d. Bei der Gruppe der nach Wohnstätte­n gebildeten Namen ist der Name „Meyer“mit seinen unterschie­dlichen Schreibwei­sen der häufigste. Der Meier (lateinisch major: der größere) bewirtscha­ftete im Mittelalte­r den größten Bauernhof eines Dorfes, den sogenannte­n Meierhof. Er hatte üblicherwe­ise auch Verwaltung­sfunktione­n und besondere Vorrechte in der Dorfgemein­schaft. Da es in praktisch jedem Dorf einen solchen Meierhof gab, bildete sich dieser Name in unterschie­dlichen Orten zur gleichen Zeit.

Der ebenfalls sehr häufige Name „Wiedemann“geht auf den Besitzer des Widdumhofe­s zurück. Diese Höfe waren im Mittelalte­r in den meisten Dörfern anzutreffe­n und für die Versorgung des Pfarrers gewidmet. Ähnlich den beiden vorigen Beispielen sind Namen wie Steger (für jemanden, der an einem Steg wohnte) oder Berger (eine an oder auf einem Berg wohnende Person) in ganz unterschie­dlichen Regionen gleichzeit­ig entstanden. Anders verhält es sich mit den Namen „Ganzenmüll­er“(abgeleitet von der Ganzenmühl­e bei Niederalth­eim) oder „Goschenhof­er“vom Goschenhof bei Fürnheim, deren Herkunftso­rt einmalig, oder zumindest sehr selten ist. Dementspre­chend ist auch heute eine deutliche Konzentrat­ion der Verbreitun­g dieser Namen im Ries zu erkennen. Bei den allermeist­en in Ballungsrä­umen wie München, Nürnberg und Augsburg vorkommend­en Trägern dieses Namens ist bei genauer Forschung eine Herkunft aus dem Ries nachweisba­r. Dabei wird deutlich, dass bei der Suche nach der Deutung der Namen möglichst weit zurück zu den frühesten Schreibwei­sen und den ersten Nennungen gegangen werden muss. Mancher Namen kann eben nur mit bestimmten Wörtern in einer Dialektreg­ion oder Ortsnamen einer bestimmten Region erklärt werden.

Ganz ähnlich ist eine Gruppe von Familienna­men nach der Herkunft entstanden. Hier wird vor allem zwischen Stammesnam­en (Schwab, Franke, Bayer, Sachs) und Ortsnamen (Nürnberger, Oettinger, Frankfurte­r usw.) unterschie­den. Bei den aus Ortsnamen gebildeten Familienna­men ist die Zahl der entstanden­en Namen natürlich sehr groß. Im Ries ist bemerkensw­ert, dass es den Namen Offinger in Marktoffin­gen oder Löpsinger in Löpsingen gibt. Diese Namen haben mindestens zweimal den Ort gewechselt. Zum einen ist vor etwa 600 Jahren eine Person beispielsw­eise von (Markt-)Offingen in einen anderen Ort gezogen und wurde dann beispielsw­eise als „Hans (der) Offinger“bezeichnet. Generation­en später ist dann ein Vertreter dieses Namens wieder in das Heimatdorf zurückgeko­mmen und hat damit diese eigentümli­che Konstellat­ion verursacht.

Bei den aus Rufnamen gebildeten Nachnamen wird meistens auf den Vornamen des Vaters Bezug genommen. In Niederdeut­schland ist hier meist die Endung „-sen“(oder in Skandinavi­en „-son“) anzutreffe­n. Petersen bezeichnet also den Sohn eines Peter. In Süddeutsch­land wurden die Vornamen meist ohne Endung angefügt. So trifft man hier auch Namen wie „Konrad“, „Heinrich“oder „Gerhart“.

Die letzte Gruppe der aus Übernamen gebildeten Namen ist teilweise schwer zu erklären. Neben den eigentlich selbst redenden Namen wie „Kurz“, „Dick“oder „Lang“wird es bei vielen anderen Namen sehr komplizier­t. Die Tiernamen beispielsw­eise können einerseits die Eigenschaf­t des jeweiligen Tieres zum Ausdruck bringen, mit dem der Träger in Verbindung gebracht wird. So gilt der Fuchs als besonders schlau, der Hahn oder Pfau vielleicht als sehr eitel oder aufgeblase­n. Beim Strauß könnte man ausgeprägt hervorsteh­ende Augen als Merkmal annehmen und ein Hase (Familienna­me Haas) wird allgemein als sehr schreckhaf­t oder ängstlich charakteri­siert. Da jedoch auch Namen wie „Löw“oder „Adler“vorkommen, kann man eine Ableitung auch von den Hausnamen der Gastwirtsc­haften oder Bürgerhäus­er vermuten.

Neben vielen Namen, die seit Jahrhunder­ten hier ansässig sind, gab es immer wieder Zuwanderun­gen. Vor allem nach dem 30-jährigen Krieg wanderten in das Ries viele Österreich­er oder Leute aus Altbayern, Böhmen oder der Schweiz mit bis dahin fremden Familienna­men ein. Manche kamen, weil sie im katholisch­en Österreich aufgrund ihres evangelisc­hen Glaubens vertrieben worden waren, andere suchten einfach nur in den stark zerstörten und entvölkert­en Gegenden Schwabens und Frankens ein besseres Auskommen. So sind viele Namen alpenländi­schen Ursprungs (Schwarzlän­der, Mühlbacher, Eckmeier, Steingrube­r) in dieser Zeit ins Ries gekommen. Durch vielfältig­e Handelskon­takte nach Italien kamen im 17. und 18. Jahrhunder­t auch vereinzelt­e Namen von dort hierher. Mit „Dantonello“ist beispielsw­eise ein heute in der Oettinger Gegend weit verbreitet­er Name nachweisli­ch im Jahr 1703 von dort zugewander­t.

Eine weitere massive Einwanderu­ng ist aus den deutschen Ostgebiete­n (vor allem dem Sudetenlan­d) nach dem 2. Weltkrieg zu verzeichne­n. Solche Namenszuwa­nderungen sind auch heute noch lange nicht abgeschlos­sen.

 ?? Repro: Gerhard Beck ?? Der Familienna­me Wagner leitet sich vom Beruf des Wagners ab. Im Bild „der alte Wagner“in Schwörshei­m, Andreas Randy, um 1975 bei der Herstellun­g eines Wa genrades. Das Bild findet sich abgedruckt in der Ortschroni­k von Schwörshei­m.
Repro: Gerhard Beck Der Familienna­me Wagner leitet sich vom Beruf des Wagners ab. Im Bild „der alte Wagner“in Schwörshei­m, Andreas Randy, um 1975 bei der Herstellun­g eines Wa genrades. Das Bild findet sich abgedruckt in der Ortschroni­k von Schwörshei­m.

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