Ein wunderbares Klangerlebnis
Auf der Harburg präsentierte sich das eigens formierte Bezirks-Jugendblasorchester mit vielfältigem Repertoire
Harburg Zahlen entfalten eine eigene Magie: 30 Jahre 16. Bezirk des Allgäu-Schwäbischen Musikbundes. 21 Jahre Vorsitzender des 16. Bezirks Donau-Ries: Theo Keller. „Der Landkreis vereint“– 1000 Besucher bei anfangs sommerlich heißen Temperaturen bei der Serenade, die es seit 1997 als Benefizkonzert zugunsten der Kulturstiftung Harburg und der Kartei der Not gibt. Fast 60 teils blutjunge Musiker aus den im 16. ASM-Bezirk nunmehr 55 (anfänglich 27) Musikkapellen waren zu einem Projekt-Bezirks-Jugendblasorchester formiert – zwei sich abwechselnde Dirigenten: Simon Keller, Joachim Braun („Mr. Blasius“), ein Moderator: Christian Kanth. Drei Tage Schufterei, Schweiß und Ehrgeiz, und viele belegte Semmeln (Frau Hertle mit Team) – am vierten Tage Aufführung. Ehrengäste sonder Zahl: Wirtschaftsminister und ASM-Präsident Franz Josef Pschierer, Vorsitzender des ASM, Wissenschaftsminister a. D. Dr. Thomas Goppel, Präsident des Bayerischen Musikrates, Abgeordneter a. D. Georg Schmid, Landrat Stefan Rößle, Bürgermeister Kilian, Sponsoren, Miss ASM Daniela Seitz (Trachtenkapelle Marktoffingen) waren gekommen, im historischen Burghof einer ganz besonderen Sommerserenade zu lauschen. Und einer Ehrung beizuwohnen: Theo Keller erhielt die Ehrenmedaille in Gold des Bundesvorstandes des deutschen Musikverbandes. Und ein ganz spezielles Geschenk der jungen Musiker: „Lignum“– die Rhapsodie von Thiemo Kraas. Volkslieder, im fast „rappenden“Übergang von „Das Leben bringt groß Freud“und der „Loreley“Heinrich Heines aufregend musiziert.
Nach der Begrüßung durch Fürst Moritz zu Oettingen-Wallerstein und Laudationen der Ehrengäste führte Moderator Christian Kanth schlagfertig vergnüglich ins musikalische Programm ein. Nach den Fanfaren ganz klassisch die Einführung: der „Fehrbelliner Reitermarsch“, Kavallerie-Fanfarenmarsch vom königlich preußischen Musikdirektor Richard Herion komponiert, heute ein Gassenhauer mit den Verszeilen „Wir wollen unsern alten Kaiser Wilhelm wiederhab‘n, aber den‘m Bart, mit‘m langen Bart“( running gag „Heino hat das auch gesungen …“) – pointiert gespielt, mit spür- und hörbarer Freude.
Die „Mideaval Dances“von Thomas Asanger führten hübsch die Instrumentengruppen vor, viel Flöte, viel Klarinette: fein gespielt, die mittelalterlichen Tanzfolgen rhythmisch differenziert – auch wenn es nicht so unbedingt die Musik der Teens und Twens war, wie sich dann in den späteren Stücken erwies, die sie begeisternd spielten: Überzeugend und hinreißend in swingender oder jazziger sinfonischer Blasmusik. Beginnend mit dem Medley „Golden Swing Time“, für das Arrangeur Steve McMillan eine Auswahl berühmter Melodien der Goldenen Swing Ära wie Hello Dolly (Louis Armstrong hat es berühmt gemacht) – Mack the Knife (Bert Brecht/Kurt Weills Mackie Messer) – Bei Mir Bistu Shein (Sholom Secunda, Text Jacob Jacobs), für ein jiddisches Musical geschrieben, von dem 1937 eine stark synkopierte Interpretation von Sammy Cahn und Saul Chaplin umgeschrieben, der Rhythmus verändert – und ein Evergreen geschaffen wurde. Noch authentischer die Darbietung des mitreißenden, rockigen Medleys (Wolfgang Wössner) von Songs von Marius Müller-Westernhagen – „Es geht mir gut, Sexy, Freiheit, Lass uns leben, Willenlos und Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz“. Musik, deren Botschaft Christian Kanth mit Wortwitz aufblätterte: schwungvolle Harmonien bei pointierten Anmerkungen.
Im klassischen Teil begeisterte die Peer Gynt-Suite Nr. 1 (Edvard Grieg nach dem Bühnenstück von Henrik Ibsen: der Taugenichts Per Gynt will alles und verliert doch aus Tumbheit alles). Das Allegretto pastorale „Morgenstimmung“, wohl eine der bekanntesten klassischen Melodien, so leicht hingetupft, das Andante doloroso „Ases Tod“so schwermütig, im Tempo di Mazurka war „Anitras Tanz“kurzweilig anregend, und „In der Halle des Bergkönigs“dann lebhaft aufregend, eben „Alla marcia e molto marcato“. Johann Strauß‘ „Annen Polka“– wieder ein klassischer Hit – Kaiserin Maria Anna von Österreich, Ehefrau Kaiser Ferdinand I, sehr gläubig und karitativ tätig, zum Namenstagsfest am 26. Juli gewidmet – schwungvoll und leichtfüßig musiziert.
Die „Guten Abend, gute Nacht“-Polka von Alexander Stütz gab Rätsel auf – irgendwie schaffen die Beine die Kombination von Johannes Brahms Volkslied und Polka (laut Definition ein Rundtanz im lebhaften bis raschen Takt mit Achtelrhythmus, wobei jeweils auf drei Schritte ein Hopser folgt) nicht – aber das verströmende, ruhige Finale versöhnte doch wieder. Also Zugaben – und der als in „interessanter Ausführung“präsentierte „Alte Kameraden-Marsch“war ein echter Reißer von Dirigent Keller: swingend, musikantisch und dann auch begeistert beklatscht. Joachim Braun oblag es dann, das beifallfreudige Auditorium in großem sinfonischem Ausklang mit einem Abendliedermedley in die Nacht zu geleiten.