Ankerzentrum nimmt die Arbeit auf
Vertreter mehrerer Behörden sollen die Asylverfahren effizienter machen. Es gibt aber noch Klärungsbedarf. In Donauwörth könnten bald mehr Westafrikaner leben
Donauwörth Draußen vor dem Eingang der Alfred-Delp-Kaserne ist gestern Vormittag noch das große Schild „Erstaufnahmeeinrichtung“angebracht, auch wenn es sich dabei seit Mittwoch offiziell um ein Ankerzentrum handelt. Die Abkürzung „Anker“steht für Ankunft, Entscheidung, Rückführung. Bayern hat diese Zentren als erstes Bundesland eingerichtet. Die neuen Abläufe müssen sich in den kommenden Tagen und Wochen aber erst noch einspielen.
Neben dem neuen Namen gibt es auf dem Areal auf dem Schellenberg auch einige neue Behörden, die vor Ort sind und die Asylverfahren beschleunigen sollen. Dazu gehören Mitarbeiter für Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, der Bundesagentur für Arbeit und der Rechtsantragsstelle des Verwaltungsgerichts Augsburg. Laut Richard Paul, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Donauwörth, muss sich erst noch zeigen, inwieweit seine Behörde vor Ort agieren kann. „Wir können nur tätig werden, wenn der Asylbewerber eine Genehmigung von der Ausländerbehörde bekommt, dass er arbeiten darf. Das ist in den ersten drei Monaten nach der Einreise aber generell nicht der Fall.“Interessant seien vor allem Menschen mit einer hohen Bleibewahrscheinlichkeit. So hätten Syrer deutlich bessere Chancen als beispielsweise Afrikaner. Bei den Kandidaten wird unter anderem der berufliche Hintergrund erfasst.
Mit welcher personellen und zeitlichen Präsenz von Mitarbeitern der Arbeitsagentur und des Jobcenters auf dem ehemaligen Kasernengelände zu rechnen sei, stehe noch nicht fest, so Paul. Auf Bundesebene laufen noch die Diskussionen zwischen Innen- und Arbeitsministerium, wie die Arbeit vor Ort konkret aussehen soll, so der Geschäftsführer. „Wir befinden uns in einem fließenden Prozess.“Er geht davon aus, dass für den Großteil der Asylbewerber erst einmal das Jobcenter zuständig sein wird, das sich um Leistungen kümmert, damit die anerkannten Flüchtlinge ihren Lebensunterhalt nach dem Auszug aus dem Ankerzentrum bestreiten können. Hinzu komme, dass die Personen verteilt werden, sobald sie einen positiven Bescheid erhalten. Paul schätzt, dass etwa zehn Prozent letztlich im Landkreis Donau-Ries bleiben.
In Donauwörth war die Aufregung groß, als die Pläne für das Ankerzentrum bekannt wurden. Es wurde die Sorge geäußert, dass dort künftig deutlich mehr Asylbewerber leben werden als derzeit in der Erstaufnahme. Vertraglich ist geregelt, dass bis zu 1000 Personen auf dem Kasernen-Areal untergebracht werden könnten, aktuell sind es zwischen 500 und 600.
Die Sorgen sind auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass es in der Vergangenheit immer wieder Probleme gab, vor allem mit jungen Männern aus Gambia. Deswegen wurde beim Sicherheitspersonal aufgestockt. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sagte beim Ortstermin Mitte Juli in Donauwörth, dass angestrebt werde, die Belegungszahl auf dem jetzigen Niveau zu halten. Dass die Maximalbele- gung dauerhaft für die Zeit bis zur Schließung Ende 2019 unterschritten werde, dafür gebe er, so Herrmann, aber „keine hundertprozentige Zusage“.
Landrat Stefan Rößle und Donauwörths Oberbürgermeister Armin Neudert hatten im Juni von der Staatsregierung fordert, allem voran Familien aufnehmen. Der Wunsch wird sich aber wohl nur bedingt erfüllen. Die Regierung von Schwaben hat zwar in einer Stellungnahme geäußert, dass die Behörde „bei der Belegung weiterhin auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Asylberbern mit guter und schlechter Bleibeperspektive achten“werde. Derzeit leben vor allem Gambier und Türken im Donauwörther Ankerzentrum.
Ob sich die Zahl der Gambier reduziere, sei schwer zu beantworten, sagt Karl-Heinz Meyer, Pressesprecher der Regierung von Schwaben. Jede Aussage darüber wäre „Kaffeesatzleserei“. Das hänge davon ab, wie viele Zugänge es künftig gebe. Fakt sei, dass die Regierung von Schwaben zuständig sei für diese Menschen in Donauwörth.
Und eine weitere Entwicklung zeichnet sich laut dem Pressesprecher ab: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat eine Information verschickt, wonach alle Einrichtungen wöchentlich prüfen sollen, ob sie Asylbewerber aus Nigeria aufnehmen können.
Die sieben Ankerzentren in Bayern sind laut Staatsregierung von zentraler Bedeutung, um die Asylverfahren noch effizienter und schneller durchzusetzen. Die Regierungskoalition in Berlin hat vereinbart, dass Einzelpersonen maximal 18 Monate in den Einrichtungen leben dürfen und Familien sechs Monate. „Im Schnitt werden die Asylbewerber deutlich kürzer in den Anker-Einrichtungen sein. Bei Neuankommenden wird sich der durchschnittliche Aufenthalt oftmals im Bereich weniger Monaten bewegen“, so Innenminister Herrmann.
Zudem soll es statt Geld- nun Sachleistungen geben. Viele Bundesländer sind aber skeptisch oder lehnen die Forderung der Regierungskoalition in Berlin ab, solche Einrichtungen zu schaffen.