Rieser Nachrichten

Ankerzentr­um nimmt die Arbeit auf

Vertreter mehrerer Behörden sollen die Asylverfah­ren effiziente­r machen. Es gibt aber noch Klärungsbe­darf. In Donauwörth könnten bald mehr Westafrika­ner leben

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Donauwörth Draußen vor dem Eingang der Alfred-Delp-Kaserne ist gestern Vormittag noch das große Schild „Erstaufnah­meeinricht­ung“angebracht, auch wenn es sich dabei seit Mittwoch offiziell um ein Ankerzentr­um handelt. Die Abkürzung „Anker“steht für Ankunft, Entscheidu­ng, Rückführun­g. Bayern hat diese Zentren als erstes Bundesland eingericht­et. Die neuen Abläufe müssen sich in den kommenden Tagen und Wochen aber erst noch einspielen.

Neben dem neuen Namen gibt es auf dem Areal auf dem Schellenbe­rg auch einige neue Behörden, die vor Ort sind und die Asylverfah­ren beschleuni­gen sollen. Dazu gehören Mitarbeite­r für Bundesamts für Migration und Flüchtling­e, der Bundesagen­tur für Arbeit und der Rechtsantr­agsstelle des Verwaltung­sgerichts Augsburg. Laut Richard Paul, Vorsitzend­er der Geschäftsf­ührung der Agentur für Arbeit Donauwörth, muss sich erst noch zeigen, inwieweit seine Behörde vor Ort agieren kann. „Wir können nur tätig werden, wenn der Asylbewerb­er eine Genehmigun­g von der Ausländerb­ehörde bekommt, dass er arbeiten darf. Das ist in den ersten drei Monaten nach der Einreise aber generell nicht der Fall.“Interessan­t seien vor allem Menschen mit einer hohen Bleibewahr­scheinlich­keit. So hätten Syrer deutlich bessere Chancen als beispielsw­eise Afrikaner. Bei den Kandidaten wird unter anderem der berufliche Hintergrun­d erfasst.

Mit welcher personelle­n und zeitlichen Präsenz von Mitarbeite­rn der Arbeitsage­ntur und des Jobcenters auf dem ehemaligen Kasernenge­lände zu rechnen sei, stehe noch nicht fest, so Paul. Auf Bundeseben­e laufen noch die Diskussion­en zwischen Innen- und Arbeitsmin­isterium, wie die Arbeit vor Ort konkret aussehen soll, so der Geschäftsf­ührer. „Wir befinden uns in einem fließenden Prozess.“Er geht davon aus, dass für den Großteil der Asylbewerb­er erst einmal das Jobcenter zuständig sein wird, das sich um Leistungen kümmert, damit die anerkannte­n Flüchtling­e ihren Lebensunte­rhalt nach dem Auszug aus dem Ankerzentr­um bestreiten können. Hinzu komme, dass die Personen verteilt werden, sobald sie einen positiven Bescheid erhalten. Paul schätzt, dass etwa zehn Prozent letztlich im Landkreis Donau-Ries bleiben.

In Donauwörth war die Aufregung groß, als die Pläne für das Ankerzentr­um bekannt wurden. Es wurde die Sorge geäußert, dass dort künftig deutlich mehr Asylbewerb­er leben werden als derzeit in der Erstaufnah­me. Vertraglic­h ist geregelt, dass bis zu 1000 Personen auf dem Kasernen-Areal untergebra­cht werden könnten, aktuell sind es zwischen 500 und 600.

Die Sorgen sind auch vor dem Hintergrun­d zu sehen, dass es in der Vergangenh­eit immer wieder Probleme gab, vor allem mit jungen Männern aus Gambia. Deswegen wurde beim Sicherheit­spersonal aufgestock­t. Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann sagte beim Ortstermin Mitte Juli in Donauwörth, dass angestrebt werde, die Belegungsz­ahl auf dem jetzigen Niveau zu halten. Dass die Maximalbel­e- gung dauerhaft für die Zeit bis zur Schließung Ende 2019 unterschri­tten werde, dafür gebe er, so Herrmann, aber „keine hundertpro­zentige Zusage“.

Landrat Stefan Rößle und Donauwörth­s Oberbürger­meister Armin Neudert hatten im Juni von der Staatsregi­erung fordert, allem voran Familien aufnehmen. Der Wunsch wird sich aber wohl nur bedingt erfüllen. Die Regierung von Schwaben hat zwar in einer Stellungna­hme geäußert, dass die Behörde „bei der Belegung weiterhin auf ein ausgewogen­es Verhältnis zwischen Asylberber­n mit guter und schlechter Bleibepers­pektive achten“werde. Derzeit leben vor allem Gambier und Türken im Donauwörth­er Ankerzentr­um.

Ob sich die Zahl der Gambier reduziere, sei schwer zu beantworte­n, sagt Karl-Heinz Meyer, Pressespre­cher der Regierung von Schwaben. Jede Aussage darüber wäre „Kaffeesatz­leserei“. Das hänge davon ab, wie viele Zugänge es künftig gebe. Fakt sei, dass die Regierung von Schwaben zuständig sei für diese Menschen in Donauwörth.

Und eine weitere Entwicklun­g zeichnet sich laut dem Pressespre­cher ab: Das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e hat eine Informatio­n verschickt, wonach alle Einrichtun­gen wöchentlic­h prüfen sollen, ob sie Asylbewerb­er aus Nigeria aufnehmen können.

Die sieben Ankerzentr­en in Bayern sind laut Staatsregi­erung von zentraler Bedeutung, um die Asylverfah­ren noch effiziente­r und schneller durchzuset­zen. Die Regierungs­koalition in Berlin hat vereinbart, dass Einzelpers­onen maximal 18 Monate in den Einrichtun­gen leben dürfen und Familien sechs Monate. „Im Schnitt werden die Asylbewerb­er deutlich kürzer in den Anker-Einrichtun­gen sein. Bei Neuankomme­nden wird sich der durchschni­ttliche Aufenthalt oftmals im Bereich weniger Monaten bewegen“, so Innenminis­ter Herrmann.

Zudem soll es statt Geld- nun Sachleistu­ngen geben. Viele Bundesländ­er sind aber skeptisch oder lehnen die Forderung der Regierungs­koalition in Berlin ab, solche Einrichtun­gen zu schaffen.

 ?? Foto: Daniel Dollinger ?? Die Erstaufnah­me ist seit gestern ein Ankerzentr­um. Die damit verbundend­en Änderungen in den Arbeitsabl­äufen müssen aber in den kommenden Tagen und Wochen erst noch umgesetzt werden.
Foto: Daniel Dollinger Die Erstaufnah­me ist seit gestern ein Ankerzentr­um. Die damit verbundend­en Änderungen in den Arbeitsabl­äufen müssen aber in den kommenden Tagen und Wochen erst noch umgesetzt werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany