Notarzt statt Hausarzt
Der Nördlinger Allgemeinmediziner Thomas Braun will seine Praxis übergeben. In Oettingen verabschieden sich zwei Mediziner in den Ruhestand
Der Nördlinger Allgemeinmediziner Thomas Braun will seine Praxis übergeben. In Oettingen gehen zwei Ärzte in den Ruhestand.
Nördlingen/Oettingen Aus Sicht der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) gilt der Landkreis Donau-Ries im Vergleich zu einigen anderen Regionen im Freistaat medizinisch als „überversorgt“. Dies bedeutet, dass es derzeit noch genügend Haus- und Facharztpraxen gibt, um die Bevölkerung adäquat versorgen zu können. Ob das auch in den kommenden Jahren so sein wird, ist fraglich. Aktuell gibt es im Ries drei Hausärzte, die in wenigen Wochen ihre Tätigkeit beenden werden. Zum einen der Nördlinger Allgemeinarzt Thomas Braun und in Oettingen die Gebrüder Dr. Fritz und Dr. Thomas Meyer, die sich im Herbst in den Ruhestand verabschieden. Wie es mit beiden Praxen weitergeht, ist Stand heute noch unklar.
Braun ist nach eigenem Bekunden seine Praxis – und damit auch seinen Kassensitz – an eine Kollegin „von außerhalb der Region“zu übergeben. Es hätten bereits entsprechende Gespräche stattgefunden, sagt Braun im Gespräch mit unserer Zeitung. Eine feste Zusage habe er allerdings von der Kollegin zu seinem Bedauern bis jetzt noch nicht erhalten. Sollte es ihm nicht gelingen, seine Praxis zeitnah an eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu übergeben, werde der Kassensitz relativ schnell weg sein. „Ich hoffe nicht, dass es soweit kommt“, so Braun.
Auf der einen Seite seien es wirtschaftliche Gründe, die ihn dazu bewogen hätten, als Hausarzt aufzuhören. „Ich habe in meiner Zeit als Assistenzarzt vor 20 Jahren mehr verdient als jetzt“, betont Braun und übt gleichzeitig Kritik an der Gesundheitspolitik, die seiner Ansicht nach von den Krankenkassen und nicht von der Regierung in Berlin bestimmt werde. Andererseits herrsche mittlerweile ein regelrechter „Regulierungswahnsinn“im Gesundheitswesens seitens der Krankenversicherungen, der es einem schwer mache, als selbstständiger Arzt zu arbeiten. Nach Beendigung seiner Tätigkeit Ende September werde er künftig als hauptamtlicher Notarzt am Ostalbklinikum in Aalen arbeiten.
Dr. Jakob Berger, Vorstandsbeauftragter der Kassenärztlichen Vereinigung (KVB) für Hausärzte in Schwaben, sagt, dass es nicht einfach sein werde, für die beiden Praxen im Ries eine Nachfolgeregelung zu finden. Seinen Informationen nach hätten beide noch niemanden in Aussicht. Grundsätzlich sei es ein großes Versäumnis vieler Ärzte, ihre Nachfolge auf die lange Bank zu schieben und sich nicht rechtzeitig um eine Zukunftslösung zu kümdabei, mern. „Die Praxisinhaber müssen unbedingt fünf bis sieben Jahre vorher das Thema angehen“, so Berger. Er empfehle deshalb dringend den Hausärzten, Assistenten zu beschäftigen und diesen bei passenden Voraussetzungen eine spätere Praxisübergabe in Aussicht zu stellen. Aber dieser Wege werde größtenteils leider nicht beschritten, so die Erfahrung der KVB. Viele Kollegen wunderten sich dann, wenn niemand zu finden sei, der zu gegebener Zeit die Praxen weiterführe.
Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern biete umfassende Beratungen in dieser Richtung an, die zwar durchaus in Anspruch genommen, entsprechende Empfehlungen letztlich dann doch nicht praktisch umgesetzt würden.
Die Praxis der Gebrüder Meyer in Oettingen war wegen Urlaubs gestern nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.